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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden
Autoren: Colin Dexter
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so beschloß er, sich auf den Heimweg zu machen. Zum Glück hatte er es ja nicht weit — die Carlton Road bis zur Ecke und dann ein paar hundert Meter rechts die Banbury Road hinunter... Doch plötzlich bekam er doch noch Lust auf ein drittes Glas und bestellte sich auch gleich noch einen Whisky (Marke Bell) sowie ein Päckchen Kartoffel-Chips dazu.
    Um zwanzig nach elf waren bis auf ihn alle Gäste gegangen, und der Barmann, schon ein Weilchen damit beschäftigt, Tische abzuwischen und Stühle hochzustellen, forderte ihn auf, auszutrinken und zu gehen. Gerade an Abenden mit Live Music käme es nämlich mitunter vor, belehrte er den erstaunten Morse, daß die Polizei noch einmal vorbeischaue, und die Beamten könnten sehr ungemütlich werden, wenn sie nach der Sperrstunde noch Betrunkene aufgreifen müßten.
    Als Morse den Pub verließ, sah er am Straßenrand ein paar farbig gekleidete Gestalten, offenbar Mitglieder der Calypso Steel Band, die gerade dabei waren, ihre aus Ölfässern gebauten Trommeln sowie verschiedene andere Instrumente im Heck eines alten, schon reichlich verbeulten Wohnmobils zu verstauen. Er war schon fast an ihnen vorüber, als er plötzlich wie angewurzelt stehenblieb. Das gab es doch gar nicht! Wie gebannt starrte er den Mann an, der gerade die Hecktür geschlossen hatte und sich jetzt langsam, mit spielerischen Tanzschritten, um den Wagen herum auf die Fahrertür zubewegte. Obwohl Frost herrschte, trug er nichts als ein rotes Hemd, eine helle Hose und eine Mütze — eine schwarz-weiß karierte Ballonmütze, unter der unzählige Dreadlocks hervorquollen, die Morse irgendwie an die Schlangen erinnerten, die um das Haupt der todbringenden Gorgo züngelten.
    «Alles in Ordnung, Bruder?» erkundigte sich der farbige Musiker. In einer Geste übertriebener Besorgnis streckte er Morse die Hände entgegen, und dieser stellte überrascht fest, daß deren Innenseiten hell waren.
    «Alles in Ordnung?» wiederholte der Mann.
    Morse nickte, und ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, ein Lächeln, so verklärt, wie es bei ihm sonst nur das Liebesduett aus dem Ersten Akt der Walküre hervorzuzaubern imstande war.

    Morse hätte eigentlich (und das wußte er auch!) gleich handeln müssen. Aber auf dem Weg zu seiner Wohnung hatte er Mühe, überhaupt die Augen offen zu halten, und ungeachtet seiner euphorischen Stimmung verspürte er weder Energie noch Lust, an diesem Abend noch irgend etwas in Gang zu setzen. Doch bevor er sich erschöpft aufs Bett sinken ließ, raffte er sich noch auf, wenigstens Lewis Bescheid zu sagen. Es kostete ein wenig Überredung, die widerstrebende Mrs. Lewis dazu zu bringen, ihren Mann, der schon seit etwa einer Stunde fest schlief, noch einmal zu wecken. Doch Lewis hätte ihr nie verziehen, wenn sie ihn hätte schlafen lassen. Denn als er nach einer Minute, dem kürzesten Telefongespräch, das er und Morse je geführt hatten, den Hörer auflegte, wußte er endlich, wer jener Mann war, der Helen Smith und Philippa Palmer in der Silvesternacht zur Dependance begleitet hatte.

Kapitel Einundvierzig

MITTWOCH, 8. JANUAR

    Die Ehe ist ein Geschäft, und wie bei jedem Geschäft zieht immer einer den kürzeren .
    Helen Rowland

    Sarah Jonstone begrüßte Lewis, als er sich gleich am nächsten Morgen, Morses Anweisung folgend, im Hotel Haworth einfand, überaus herzlich, so als freue sie sich, ihn zu sehen. Und dies war auch tatsächlich der Fall, denn endlich hatte sie sich wieder an jene Einzelheit erinnern können, die ihr all die Tage trotz angestrengten Grübelns nicht hatte einfallen wollen. So früh am Morgen war Sarah noch frisch und ausgeruht; die Brille war noch nicht ins Rutschen geraten. Sie schien nur wenig zu tun zu haben, und Lewis hatte amüsiert bemerkt, wie sie bei seinem Eintritt versucht hatte, ein dickes Buch, in das sie offenbar gerade vertieft gewesen war, unauffällig unter einem Stapel Geschäftspapiere verschwinden zu lassen.
    Er brauche für ein paar Dinge noch einmal eine Bestätigung, hatte er ihr erklärt, und sie hatte gleich bereitwillig genickt. Ja, natürlich könne sie sich noch an den Mann erinnern und daran, wie er an jenem Abend, kurz bevor das Essen beginnen sollte, aus der Herrentoilette getreten war; und jetzt, wo er es erwähne, habe sie beinahe auch selbst den Eindruck, als habe das Braun auf der Innenfläche seiner Hände irgendwie weniger echt ausgesehen als am übrigen Körper - im Gesicht etwa oder am Hals. Ja, es stimme, daß
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