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Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse
Autoren: Martha Grimes
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Luftfracht entsprach. Das Tier, das sich seiner Sonderstellung ebenso bewußt war wie James Carlton, leckte sich genüßlich das Fell.
    Die junge Dame in der Uniform der British Airways kniete nieder (James Carlton wünschte sich, erwachsene Frauen würden von ihrer normalen Höhe aus zu ihm sprechen) und lächelte (er wünschte sich auch, sie würden nicht so einschmeichelnd gucken) und sagte: «Es tut mir leid, mein Junge, aber das Vereinigte Königreich erlaubt wirklich keine Einfuhr von Tieren.»
    James Carlton seufzte: «Also, das ist doch das Blödeste, was ich je gehört habe. In England laufen mehr Katzen herum, als ich je gesehen habe. Wollen Sie mir weismachen, daß die alle dort geboren wurden?»
    Die Stewardess lachte gekünstelt und warf Sergeant Poole einen verzweifelten Blick zu. Doch der schüttelte nur lächelnd den Kopf und zuckte die Achseln. Er schien zu wissen, wann er geschlagen war.
    Die junge Dame fuhr in beruhigendem Ton fort: «Es ist allerdings nicht so, daß keine Tiere hineindürfen –»
    Jetzt kommt schon wieder eine dieser Lügen , dachte James Carlton und studierte die Gesichter der Leute, die mit ihm darauf warteten, an Bord der Maschine zu gehen. Er wollte möglichst schnell entscheiden, neben wen er sich auf keinen Fall setzen würde.
    «– es gibt nämlich Quarantänebestimmungen. Die Katze müßte neun Monate in Quarantäne sein, verstehst du …»
    «Was für eine blöde Bestimmung. Diese Katze hat weder die Tollwut noch sonstwas. Glauben Sie mir, sie und ich waren fünf Tage lang gekidnappt; ich müßte das also wissen. Können Sie sich überhaupt vorstellen, was das arme Tier durchgemacht hat?»
    In Wirklichkeit hatte die Katze nicht soviel durchgemacht, außer daß sie diesen großen Baum heruntergezerrt worden war. Die geplagte junge Dame zuckte die Achseln. «Ich habe die Bestimmungen nicht gemacht, James.» Und mit diesen Worten tat sie etwas äußerst Ungebührliches, zumindest in James Carltons Augen: Sie heftete ein Schildchen an seinen Pullover und strich mit der Hand darüber.
    Ein Schild? Er verrenkte den Hals, um es sehen zu können: Sein Name und Flugziel standen darauf. Diese Art von Bemutterung brachte ihn dermaßen auf, daß er seine gute Kinderstube vergaß. «Zum Donnerwetter! Das werde ich nicht tragen! Ich weiß genau, wer ich bin und wohin ich will!» Er riß das Schild ab und gab es ihr zurück.
    Die arme Stewardess war ganz blaß im Gesicht und offensichtlich mit ihrem Latein am Ende. «Wir wollen doch bloß sichergehen, daß du nicht –» in dem Moment, als sie das Wort sagte, hätte sie sich auch schon am liebsten auf die Zunge gebissen – «verlorengehst.»
    Sergeant Poole brach in schallendes Gelächter aus.
     
    Als Jimmy Farraday abends um neun Uhr fünfundfünfzig in Heathrow landete, war schwer zu sagen, wer von den Farradays – Penny oder ihr Stiefvater – über das Wiedersehen glücklicher war.
    Farraday versuchte es zunächst auf die männliche Tour – Zigarre im Mund und schulterklopfend –, aber dann schloß er ihn in die Arme. Penny tat ihre Freude kund, indem sie einen Schwall von Kraftausdrücken von sich gab und ungeschickt mit den Zigaretten herumhantierte (die Jury ihr zugesteckt hatte). Als Penny vor Begeisterung für Scotland Yard fast überschnappte, sah Jury sie an.
    Sein Blick brachte Penny zum Schweigen, aber es war klar, daß Jimmy jenes geheime Einverständnis, das zwischen ihnen bestand, bemerkt hatte. Er streckte Jury die Hand entgegen. «Sehr erfreut», sagte er.
    «Ganz meinerseits», sagte Jury und empfand zum erstenmal seit Tagen wirkliche Freude.
    James Carlton Farraday, der die Vergangenheit mit ihren leidvollen Prüfungen sofort zugunsten der Gegenwart vergessen hatte, wandte sich im Ton eines Mannes, der keine Widerrede duldet, seiner Schwester zu.
    «Achte auf deine Sprache, Penny. Ich habe dir immer gesagt, die Leute beurteilen dich danach.»
    Und dann: «Wir haben übrigens eine neue Katze. Ich durfte sie allerdings nicht mitnehmen.»
    Und schließlich: «Sie haben da so einen Film im Flugzeug gezeigt – ich könnte schwören, daß ich den schon mal gesehen habe –»
    Sie waren schon im Weggehen, als Penny fragte: «Ach ja? Wie hieß er denn?»
    «Vermißt» , sagte James Carlton. «War irgendwie doof.»
    Jury fiel auf, daß J.C. Farraday in respektvollem Abstand hinter den Geschwistern ging. Die Schwester nahm jetzt die Hand ihres Bruders, und Jimmy sagte: «Aber Sissy Spacek hat mitgespielt.» Dann schien
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