Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
begraben, also muss man davon ausgehen …« Hannah fiel ihm ins Wort.
    »Gesetzestreue Bürger begraben keine Leichen, die sie zufällig finden, das wissen Sie doch«, sagte sie scharf. »Vielleicht sollten Sie sich auf den Weg machen, Mr. Belbury. Vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen.«
    Aber so leicht gab Jim nicht auf. Wexford war ihm sympathisch, und weil alle Übrigen – Hannah, die Einsatzbeamten, die Fotografen, die Pathologin und verschiedene Polizisten – für ihn nicht zählten, lieferte er dem Chief Inspector einen detaillierten Bericht über sämtliche Anwesen in der Nachbarschaft und deren Bewohner. »Das da nebenan, das gehört Mr. Tredown, und dort unten wohnen die Hunters und die Pickfords. Da drüben, auf der anderen Seite, das gehört Mr. Borodin. Ich hab mein ganzes Leben in Flagford gewohnt. Gibt nichts, was ich nicht weiß.«
    »Dann können Sie mir ja sagen, wem dieses Grundstück gehört.« Mit einer vagen Handbewegung streckte Wexford den Arm aus. »Muss mindestens ein Morgen Land sein.«
    Seine politisch korrekte Assistentin murmelte irgendetwas von Hektar, und dass dies »heutzutage« die passendere Maßeinheit sei, aber keiner beachtete sie sonderlich.
    »Anderthalb Morgen«, bestätigte Jim mit einem bösen Blick auf Hannah. »Bei uns in der Gegend gibt’s keine Hektar. Die überlassen wir dem Gemeinsamen Markt.« Wie viele Leute seines Alters meinte Jim damit die Europäische Union. »Wem es gehört? Na ja, Mr. Grimble, wem sonst? Das hier ist Old Grimble‘s Field.«
    Obwohl Wexford einsah, dass die unterirdischen Pilze eigentlich rechtmäßig diesem Grimble gehörten und er vielleicht sogar eine Straftat unterstützte, bedankte er sich bei Jim und bot ihm eine Mitfahrgelegenheit in einem Polizeiauto an.
    »Mit meinem Hund?«, wollte Jim wissen.
    »Mit Ihrem Hund.«
    Dieses Angebot wurde dankbar angenommen. Anschließend gingen Wexford und Hannah zur Straße hinüber, wo mehrere Polizeifahrzeuge neben dem Bürgersteig parkten. Die Straße mündete schon bald in dem etwas übertrieben pittoresken Dorfzentrum von Flagford, auf der High Street. Hier standen die Kirche aus dem dreizehnten Jahrhundert, ein Gemischtwarenladen mit Poststelle, ein Geschäft, das Mosaiktische verkaufte sowie einige Cottages mit Bruchsteinmauern. Eines hatte ein Reetdach, ein anderes sogar einen eigenen Glockenturm.
    Im Auto meinte Wexford zu Hannah, er könne sich trotz seiner häufigen Besuche in Flagford nicht erinnern, dass ihm dieses Grundstück schon einmal aufgefallen wäre.
    »Ich glaube nicht, Guv, dass ich hier schon mal gewesen bin«, sagte Hannah.
    Inzwischen hatte er sich an ihre Anrede gewöhnt. Vermutlich hatte das Fernsehen auf sie abgefärbt, wahrscheinlich die Polizeiserie »The Bill«. Nein, er schätzte diese Anrede nicht, auch wenn er zugeben musste, dass sie im Trend lag. Inzwischen hatten alle seine Beamten diese Anrede von Hannah übernommen. Niemand sprach ihn mehr wie früher mit »Sir« an. Und genau damit hatte Wexford Probleme. Jetzt aber sinnierte er über den Ort, an dem die Leiche gefunden worden war. Burden würde den Grundstücksbesitzer kennen. Einer seiner Verwandten wohnte in Flagford. Wexford glaubte sich zu erinnern, dass es sich um den Cousin von Burdens erster Frau handelte.
    »Bis wir wissen, wie lange die Leiche schon dort gelegen hat«, merkte Hannah eben an, »können wir nicht viel machen.«
    »Hoffentlich hat es Carina bis zum späten Nachmittag herausgefunden.«
    »Inzwischen könnte ich mehr über diesen Grimble in Erfahrung bringen; vor allem, ob ihm wirklich das alte Haus auf dem Grundstück gehört.«
    »In Ordnung, aber lassen Sie mich vorher noch mit Mr. Burden reden.«
    Hannah, eine schöne junge Frau mit schwarzen Haaren und weißer Haut, warf ihm einen ihrer berühmten Blicke zu. Wann immer er den Fauxpas beging, Wörter oder Formulierungen zu gebrauchen, die sie als veraltet empfand, trat in ihre großen braunen Augen ein weicher Ausdruck, in dem sich übermäßiges mitleidiges Bedauern mit dem Wunsch mischte, ihn sanft zu tadeln. Mister Burden, also wirklich, sagte ihr Blick, auch wenn ihre perfekten Lippen verschlossen blieben. Der Rangunterschied verbot ihr jeden Tadel, aber Blicke blieben straflos. Wie hätte Wexford vielleicht gesagt? Eine Katze darf sogar einen König ansehen.
    Es war ein milder sonniger Tag von jener Art, wie ihn die Meteorologen unter »vorwiegend heiter« einstuften. Für September war es noch recht warm, die Bäume trugen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher