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Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote
Autoren: Ruth Rendell
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aber woher wussten Sie, dass dort drinnen eine Leiche lag? Es ist doch nicht dieser Trüffelmensch gewesen, oder? Ich dachte, der wäre tot.«
    Wexford lächelte nur.
    »Wenn John dahinterkommt, dreht er durch. Er hasst diesen Trüffelmenschen. Er hasst Leute, die unbefugt Grundstücke betreten. Aber wenn er tot ist, dann ist’s ja gut.«
    »Meinem Gefühl nach«, meinte Wexford, als sie wieder auf dem Revier waren, »haben wir es hier mit einem oder einer geheimnisvollen Unbekannten zu tun. Genaueres wissen wir noch nicht. Die Identifizierung wird schwierig werden. Es würde mich nicht überraschen, wenn wir uns noch in drei Monaten fragen, um wen es sich dabei handelt. Ist nur so eine Vorahnung, aber so etwas befällt mich eben schon mal, und oft zu Recht.«
    Burden zuckte die Achseln. »Und genauso oft stimmt es nicht. An seinen oder ihren Zähnen wird man ihn oder sie identifizieren, besser gesagt an seiner oder ihrer Zahnstellung. Das funktioniert immer oder wenigstens in den meisten Fällen.«
    »Bis sich Carina wieder bei mir meldet, werde ich den Medien nichts mitteilen. Es wäre nicht gut, die Journalisten mit einer Leiche zu konfrontieren, von der wir noch nicht einmal wissen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Wir können nicht sagen, wie er oder sie gestorben ist, und ob ein Verbrechen ausgeschlossen ist oder nicht.«
    »Wie sagst du immer?«, meinte Burden. »Jede illegal verscharrte Leiche ist rechtswidrig zu Tode gekommen.«
    »Das trifft es ziemlich genau«, sagte Wexford, »wenn auch nicht hundertprozentig.«
    »Übrigens, der Junge mit dem Messer hat behauptet, seine Mutter hätte es ihm gegeben . Sie heißt Leeanne Fincher. Sie habe gemeint, sie hätte ein besseres Gefühl, wenn sie wüsste, dass er eine Waffe dabeihat, wenn er aus dem Haus geht. Ich denke, ich werde auf dem Heimweg mal bei ihr vorbeisehen.«
    Auch Wexford begab sich nach Hause – zu Fuß. Dr. Akande hatte ihm erklärt, es sei höchste Zeit, dass er sich einmal um ein lange vernachlässigtes Bauteil kümmere, nämlich um die Pumpe, die früher einmal hocheffizient gearbeitet hatte, mit einem Wort – um sein Herz. Und das nicht so halbherzig (halb- herzig !) wie in der Vergangenheit. Schluss mit müden Diätversuchen, die er bald wieder zugunsten von üppigen Fleischportionen, Käse und Whisky vergaß. Schluss mit sporadischen Sportübungen, die immer kläglicher ausfielen, bis sie ganz unterblieben. Schluss damit, dass er sich beim kleinsten Regentropfen oder bei Temperaturen unter fünfzehn Grad von Donaldson nach Hause fahren ließ. Schluss damit, dass er sich kein neues Rezept besorgte, sobald seine Cholesterintabletten aufgebraucht waren. Jetzt hieß es jeden Tag zu Fuß zur Arbeit und nach Hause gehen, die doppelte Dosis Lipitor einnehmen, sich nur ein Glas Rotwein jeden Abend gönnen und eine Vorliebe für Salat entwickeln. Warum liebten alle Frauen Salat, ganz im Gegensatz zu Männern? Fast hätte man behaupten können, echte Kerle mochten kein Grünzeug. Den Eintritt in einen Fitnessclub hatte er rundheraus barsch abgelehnt. Burden war selbstverständlich Mitglied. Der hüpfte ständig auf Crosstrainern und Laufbändern – oder hieß es Crossbänder und Lauftrainer? – herum und stemmte Gewichte, die mehr wogen als er.
    Morgens ging es bergab und abends bergauf. Das Gegenteil wäre ihm oft lieber gewesen. Er hatte sogar versucht, sich einen neuen Fußweg auszuknobeln, damit es immer nur eben dahinging, wenn sich die Richtung bergab schon nicht vermeiden ließ. Eine Möglichkeit dafür wäre sicher ein Rundweg um einen Hügel gewesen. Leider gab es so etwas im Gelände von Kingsmarkham nicht. Er bog in seine Straße ein und näherte sich dem Haus, in dem Mr. und Mrs. Dirir mit ihrem Sohn wohnten. Mogadishu, so hieß das Haus. Eigentlich hätte es Wexford rührend finden müssen, dass sich Exilanten täglich an ihr Heimatland erinnerten. Aber nein, im Gegenteil, der Hausname irritierte ihn sogar. Und das nicht, weil er sehr unenglisch klang, sondern weil das Haus überhaupt einen Namen hatte. Jedenfalls redete er sich das ein. Die übrigen Häuser in der Straße hatten fast alle nur Hausnummern. Trotzdem war er nicht ganz überzeugt, dass dies der eigentliche Grund war. In Wahrheit steckte Rassismus dahinter, und genau das machte ihm zu schaffen, denn Wexford bemühte sich ungemein, selbst den leisesten Hauch von rassistischen Vorurteilen zu vermeiden, indem er ständig sein Gewissen erforschte und seine
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