Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
in der näheren Umgebung, einschließlich der beiden Cottages an der Kingsmarkham Road. Für Wexford grenzte ihre geheimnisvolle Tätigkeit fast an Zauberei.
    »Bei den Bewohnern von Oak Lodge handelt es sich um ein Ehepaar namens Hunter. Unmittelbar daneben, in Marshmead, wohnt im Erdgeschoß James Pickford mit seiner Frau Brenda und deren Sohn Jonathan mit seiner Freundin Louise Axall im oberen Stockwerk. Das ältere Ehepaar, Oliver und Audrey Hunter, wohnt hier schon seit dem Bau des Hauses vor vierzig Jahren. Beide sind hochbetagt, leben ganz zurückgezogen und haben eine Pflegerin, die bei ihnen wohnt. Wie Sie vielleicht wissen, ist Flagford hier in der Gegend als ›das Altersheim‹ bekannt. Das gegenüberliegende Anwesen, Flagford Hall, gehört einem Mann namens Borodin, wie der Komponist.«
    Für diese Erklärung erntete er verständnislose Blicke und Schweigen. Die meisten von ihnen begeisterten sich für Coldplay oder Mariah Carey. Nur DS Vine, ein echter Bellini- und Donizetti-Fan, nickte wissend. Hannah verschob den Cursor auf einen Punkt jenseits der Kingsmarkham Road. Dabei brach sich das Licht funkelnd in dem Diamanten an ihrer Hand, den alle heute zum ersten Mal sahen. »Borodin kommt nur übers Wochenende her. Er lebt in London. Außerdem gehört ihm Flagford Hall erst seit acht Jahren.« Wieder bewegte sich der Pfeil und huschte von Grundstück zu Grundstück. »Zwei von den Cottages sind ebenfalls nur am Wochenende bewohnt, das dritte von einer neunzigjährigen alten Dame. Bleibt nur noch das direkte Nachbarhaus von Grimble’s.«
    Während der Pfeil zu der großen viktorianischen Villa wanderte und der Diamant erneut aufblitzte, vernahm man die tiefe sonore Stimme von DC Coleman: »Guv, wissen Sie, wer da wohnt? Dieser Schriftsteller … Wie heißt er gleich?«
    »Danke, Damon«, sagte Wexford. In seinem Ton schwang vieles mit, nur nicht Dankbarkeit. »Der ist mir tatsächlich bekannt, auch wenn es noch so seltsam klingt. Ich habe seine Bücher gelesen – wenigstens eines. Er heißt Owen Tredown. Zum Haushalt gehören noch seine Ehefrau Maeve und eine Frau namens Claudia Ricardo. Tredown lebt hier schon mindestens fünfundzwanzig Jahre. Das sind die Nachbarn, und denen allen müssen wir noch heute einen Besuch abstatten. Damon, Sie können sich voll und ganz auf unsere Vermisstenakten konzentrieren.«
    »Die reichen aber nur acht Jahre zurück«, warf Burden ein.
    Das hatte Wexford vergessen. Vage erinnerte er sich daran, dass sie vor der endgültigen Computerisierung, vor dem Anschluss ans Breitbandnetz – sagte man so? – keinen Platz für die Aktenkonvolute gehabt hatten. Jetzt war das etwas anderes.
    »Na gut, dann überprüfen Sie eben die letzten acht Jahre«, sagte er. Es klang lahm.
    Eigentlich gab es keinen Grund, sich dafür zu schämen, dass die Liste sämtlicher Personen, die in dieser Region vermisst wurden, nicht sehr weit zurückreichte. Bevor man landesweit eine zentrale Vermisstenstelle eingerichtet hatte, war das so üblich gewesen. Wexford war klar, dass es trotz des relativ kurzen Zeitabschnitts eine lange Liste sein würde. Eine alarmierend hohe Zahl von Menschen verschwand einfach. Im ganzen Land waren es täglich um die fünfhundert, regional einer – oder war es sogar einer pro Stunde? Und nicht jeder wurde mit allen erdenklichen Mitteln von der Polizei gesucht. Wenn es sich bei dem Vermissten um ein Kind oder ein junges Mädchen handelte, schrillten sämtliche Alarmglocken. Bei der Suche nach vermissten Kindern wurde jeder verfügbare Beamte eingesetzt. Das Verschwinden von Frauen wurde allgemein besorgt und interessiert verfolgt. Ganz anders bei jungen Männern, eigentlich sogar bei gesunden Männern aller Altersstufen, mit Ausnahme von Greisen. Der tote Mann sei vermutlich um die vierzig gewesen, hatte ihm Carina Laxton zuvor berichtet. Nach seinem Verschwinden hatten ihn seine nächsten Verwandten und Bekannten – falls er so etwas gehabt hatte – mit Sicherheit vermisst und vielleicht gesucht. Ganz im Gegensatz zur Polizei. Selbst wenn man ihn als vermisst gemeldet hätte, hätte man ihn offiziell nicht gesucht. Wenn ein Mann von daheim verschwand, ging man allgemein davon aus, dass er abgehauen war, um ein neues Leben anzufangen oder zu einer anderen Frau zu ziehen. Und diesen Schritt brauchte er nicht einmal mündlich oder schriftlich anzukündigen.
    Die Obduktion hatte keinen Hinweis geliefert, wie der Mann, der inzwischen den unvermeidlichen Namen Mr. X

Weitere Kostenlose Bücher