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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
Autoren: Peter Robinson
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der auf dem Dach verbliebenen Platten neigten. Jede war ungefähr einen Quadratmeter groß und fünfzehn Zentimeter dick. Trafen sie ihn, würden sie ihn zu Brei quetschen. Aber er konnte sich nicht bewegen; er fühlte sich gefangen und starrte gebannt auf die herabfallenden Platten.
      Sie schienen in Zeitlupe zu fallen, wie Herbstlaub an einem windstillen Tag. Sein Kopf war vollkommen leer. Er spürte keine Panik, keine Angst, nur so etwas wie Ergebenheit, als wäre er in seinem kurzen Leben an einem Wendepunkt angekommen, als läge es jetzt nicht mehr in seiner Hand. Er hätte es nicht erklären können, selbst wenn er es versucht hätte, aber in dem Moment, als er in seiner Wiege aus warmem Schlamm lag und die dunklen Steinplatten beobachtete, die ihm aus dem Blau des Himmels entgegenstürzten, wusste er trotz seiner Jugend, dass er nichts machen konnte, um dem auszuweichen, was das Schicksal für ihn bereithielt. Wie es auch weiterging, er konnte es nur hinnehmen.
      Das muss die Stufe 7 sein, dachte er und hielt den Atem an, wartete auf den Aufprall, wartete darauf, seine Knochen brechen und knirschen zu hören.
      Eine Platte fiel links von ihm herunter und blieb im Schlamm stecken, stand wie ein alter Grabstein schräg gegen die Mauer gelehnt. Die andere landete rechts von ihm und brach beim Aufprall auf eine Bodenplatte entzwei. Die eine Hälfte neigte sich ihm entgegen, streifte seinen aus dem Schlamm ragenden Oberarm und zerkratzte ihn, so dass er blutete.
      Adam atmete mehrmals tief durch und sah nach oben durch das Dach in den Himmel. Keine Steine mehr. Er war also verschont geblieben; er lebte. Er fühlte sich ein wenig benommen. Ernstlich verletzt schien er nicht zu sein, dachte er, als er seine Glieder langsam bewegte. Das linke Handgelenk tat unheimlich weh, wahrscheinlich würde er dort einen riesigen blauen Fleck bekommen, doch gebrochen schien es nicht zu sein. Sein rechter Arm steckte noch immer tief im Schlamm, und die Steinplatte scheuerte an seinem aufgeschrammten Ellenbogen. Um herauszufinden, ob er seine Finger noch fühlte, versuchte er, sie im Morast zu bewegen, und stieß dabei gegen etwas Hartes.
      Es fühlte sich an wie eine Ansammlung glatter, harter Spindeln oder wie ein Bündel kurzer Stöckchen. Neugierig schob er den Arm weiter nach unten und umfasste es fest, so wie er früher, als er noch sehr klein war und Angst vor den vielen Menschen hatte, in der Stadt die Hand seiner Mutter gehalten hatte. Dann verlagerte er sein Gewicht nach links und zog seine Hand mit einem Ruck heraus. Er musste die Zähne zusammenbeißen, so heftig schoss der Schmerz durch das verletzte Handgelenk.
      Zentimeterweise zerrte er den Arm heraus, die Trophäe fest mit der Faust umschlossen. Der Schlamm machte saugende, schlürfende Geräusche. Endlich konnte er den Gegenstand in seiner Hand der Erde entwenden. Er stellte ihn vor die Steinplatte und schob sich rückwärts gegen die Hinterwand des Schuppens, um sein Fundstück besser betrachten zu können.
      Im Dämmerlicht lehnte es an der Platte, seine Finger hakten sich über den Rand, als versuchten sie, sich selbst aus dem Grab zu ziehen. Es war das Skelett einer Hand, deren Knochen mit feuchter, dunkler Erde verkrustet waren.
     
    Banks trat einen Schritt zurück, um seine Arbeit zu begutachten, und pfiff dabei die Habanera aus Carmen, die aus seiner Anlage dröhnte; da hatte Maria Callas ihre beste Zeit bereits hinter sich gehabt, aber sie klang trotzdem gut.
      Nicht schlecht für einen Anfänger, dachte er, den Pinsel in eine Dose Terpentin tauchend, auf jeden Fall eine Verbesserung gegenüber der schimmeligen Tapete, die er gestern von den Wänden seines neuen Hauses gerissen hatte.
      Besonders gut gefiel ihm die Farbe. Der Mann im Heimwerkermarkt in Eastvale hatte gesagt, sie wirke beruhigend, und nach dem Jahr, das Banks gerade durchlitten hatte, war Beruhigung genau das Richtige für ihn. Der Blauton, den er gewählt hatte, sollte an die Farbe orientalischer Wandteppiche erinnern, doch als er die Wand damit gestrichen hatte, musste Banks eher an die griechische Insel Santorin denken, die er mit seiner von ihm getrennt lebenden Frau Sandra während ihres letzten gemeinsamen Urlaubs besucht hatte. Mit dieser Erinnerung hatte er zwar nicht gerechnet, aber er glaubte, damit leben zu können.
      Zufrieden mit seiner Arbeit, zog Banks eine Packung Silk Cut aus der Tasche. Zuerst zählte er die Zigaretten. Nur drei weniger als am
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