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Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe

Titel: Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
Autoren: Peter Robinson
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etwas derben Zügen und dem kastanienbraunen Haarschopf ähnelte er im Grunde eher einem Bauern -, doch er war schnell mit den verschiedenen Arten vertraut geworden, mit denen ein Mensch seinen Mitmenschen ins Jenseits befördern konnte.
      »Tja, sieht eindeutig so aus, als wäre er zu Tode getreten worden«, sagte er und steckte ein schwarzes Notizbuch in seine Tasche. »Beschwören kann ich es natürlich nicht, das muss Dr. Glendenning bei der Obduktion bestätigen, aber es sieht ganz danach aus. Soweit ich nach erster Untersuchung sagen kann, hängt ein Auge praktisch aus der Augenhöhle, die Nase ist zu Brei geschlagen, zudem gibt es mehrere Schädelfrakturen. An einigen Stellen könnten Knochensplitter in das Gehirn eingedrungen sein.« Burns seufzte. »In gewisser Weise ist es ein Glück für den armen Kerl, dass er tot ist. Wenn er überlebt hätte, wäre er für den Rest seines Lebens als einäugiger Krüppel herumgelaufen.«
      »Keine Anzeichen von anderen Verletzungen?«
      »Ein paar gebrochene Rippen. Und ich vermute, dass einige innere Organe ernsthaft beschädigt worden sind. Aber sonst ...« Burns warf einen Blick zurück auf die Leiche und zuckte mit den Achseln. »Ich würde sagen, er wurde von jemandem zu Tode getreten, der schwere Schuhe oder Stiefel trug. Aber verbürgen kann ich mich dafür nicht. Sieht außerdem so aus, als wäre er auch am Hinterkopf getroffen worden - vielleicht von dieser Flasche da.«
      »Nur ein Täter?«
      Burns fuhr mit einer Hand durch sein nasses Haar und rieb sie dann an der Seite seiner Hose trocken. »Nein, es waren eher zwei oder drei. Eine Gang vielleicht.«
      »Aber auch eine Person hätte es tun können?«
      »Sobald das Opfer am Boden lag, ja. Der Junge sieht allerdings ziemlich kräftig aus. Wahrscheinlich waren mehr als einer nötig, um ihn zu überwältigen. Es sei denn, er wurde hinterrücks mit der Flasche niedergeschlagen.«
      »Wie lange liegt er schon hier?«
      »Nicht lange.« Burns schaute auf seine Uhr. »Angesichts der Wetterverhältnisse würde ich sagen, vielleicht zwei Stunden. Allerhöchstens zweieinhalb.«
      Banks stellte eine schnelle Rechnung auf. Jetzt war es zwanzig vor zwei. Das bedeutete, der Junge war wahrscheinlich zwischen zehn nach elf und elf Uhr siebenundvierzig, als Police Constable Ford die Leiche gefunden hatte, getötet worden. Etwas mehr als eine halbe Stunde. Und eine halbe Stunde, die mit der Sperrstunde der Pubs zusammenfiel. Seine Theorie sah immer noch gut aus.
      »Weiß jemand, wer er ist?«, fragte Banks.
      Dr. Burns schüttelte den Kopf.
      »Besteht die Möglichkeit, ihn so herzurichten, dass ein Zeichner ein Bild herstellen kann?«
      »Könnte man versuchen. Aber wie gesagt, die Nase ist zu Brei geschlagen, ein Auge hängt praktisch ...«
      »Ja, ja. Danke, Doktor.«
      Burns nickte forsch und ging davon.
      Der Polizeiarzt wies zwei Rettungssanitäter an, die Leiche zu bergen und in die Gerichtsmedizin zu bringen. Peter Darby machte weitere Aufnahmen und das Team der Spurensicherung fuhr mit seiner Arbeit fort. Der Regen hörte nicht auf.
      Banks lehnte sich gegen die feuchte Mauer und zündete eine Zigarette an. Vielleicht half sie ihm, sich zu konzentrieren. Zudem mochte er den Geschmack einer Zigarette im Regen.
      Es gab eine Menge Dinge zu erledigen, die Ermittlung musste in Gang gesetzt werden. Zuerst mussten sie herausfinden, wer das Opfer war, woher der Junge kam, wohin er gehörte, und was er am Tage seines Todes getan hatte. Irgendjemand wird ihn hier irgendwo vermissen, dachte Banks. Oder war er fremd in der Stadt und weit weg von zu Hause?
      Sobald sie etwas über das Opfer wussten, würde die Ermittlung vor allem aus Lauferei bestehen. Am Ende würden sie die Kerle aufspüren, die das getan hatten.
      Wahrscheinlich würde es sich um Jugendliche handeln, bestimmt kaum älter als das Opfer, und sie würden abwechselnd reuig und arrogant auftreten. Und wenn sie alt genug waren, würden sie schließlich wegen Totschlags angeklagt werden. Zu neun Jahren würde man sie verurteilen, nach fünf wären sie draußen.
      Manchmal war alles so verdammt vorhersehbar, dachte Banks, als er seine Kippe in die Gosse warf und durch Pfützen platschend, in denen sich die kreisenden Lichter der Streifenwagen spiegelten, zu seinem Wagen ging. Und zu diesem Zeitpunkt konnte man ihm kaum vorwerfen, dass er nicht wusste, wie falsch er damit lag.
     
    * II
     
    Der Anruf
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