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Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn

Titel: Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
Autoren: Peter Robinson
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pechschwarzem Haar. Als er sich über sie beugte, sah er, dass ihre Augen blau waren - von solch intensivem Blau, das manche dunkelhaarige Menschen noch attraktiver machte. Jetzt starrten sie ihn kalt und leblos an. Vor ihr, auf einem niedrigen Couchtisch, standen eine halb leere Teetasse auf einem Untersetzer und eine Schokoladentorte, von der ein Stück fehlte. Banks bedeckte eine Fingerspitze mit seinem Taschentuch und berührte die Tasse. Sie war kalt.
      Dann brach der Bann. Banks wurde sich der Anwesenheit Gristhorpes bewusst, der im Hintergrund Constable Tolliver befragte, sowie der von Susan Gay, die schweigend neben ihm stand. Es war ihre erste Leiche, fiel ihm ein, und sie hielt sich gut, besser, als er es seinerzeit getan hatte. Nicht nur, dass sie sich weder erbrach noch ohnmächtig wurde, sie schaute sich auch im Zimmer um und achtete auf Einzelheiten.
      »Wer hat die Leiche gefunden?«, fragte Gristhorpe Constable Tolliver.
      »Eine Frau namens Verónica Shildon. Sie wohnt hier.«
      »Wo ist sie jetzt?«, wollte Banks wissen.
      Tolliver deutete mit einem Nicken zur Treppe. »Oben, zusammen mit einer Nachbarin. Sie wollte nicht hierher zurückkommen.«
      »Kann ich ihr nicht verdenken«, sagte Banks. »Wissen Sie, wer das Opfer ist?«
      »Sie heißt Caroline Hartley. Anscheinend wohnte sie auch hier.«
      Gristhorpe hob seine buschigen Augenbrauen. »Komm, Alan, wir wollen mal hinaufgehen und uns anhören, was sie zu sagen hat. Susan, würden Sie hier bleiben, bis die Spurensicherung kommt?«
      Susan Gay nickte und trat zur Seite.
      Oben befanden sich nur zwei Zimmer und ein Bad. Ein Zimmer war zu einem Wohn- oder Arbeitszimmer umgebaut worden, Bücherregale bedeckten eine Wand, vor dem Fenster stand ein kleiner Schreibtisch mit Rollverdeck und unter dem Deckenfluter waren ein paar Korbsessel angeordnet. Das Schlafzimmer, das sah Banks vom Gang aus, war in Korallenrot und Meergrün eingerichtet, die Wände mit Laura-Ashley-Tapete verkleidet. Wenn in diesem Haus zwei Frauen gelebt hatten, es aber nur ein Schlafzimmer gab, folgerte er, dann mussten sie es sich geteilt haben. Er holte tief Luft und ging in das Arbeitszimmer.
      Veronica Shildon saß in einem der Korbsessel und hatte den Kopf in die Hände gelegt. Die Nachbarin, die sich als Christine Cooper vorstellte, saß neben ihr. Der einzige verbleibende Sitzplatz war der harte Stuhl vor dem Schreibtisch. Gristhorpe ließ sich darauf nieder, beugte sich vor und legte sein Kinn auf seine Fäuste. Banks blieb an der Tür stehen.
      »Sie hat einen fürchterlichen Schock erlitten«, erklärte Christine Cooper. »Ich weiß nicht, ob sie Ihnen viel erzählen kann.«
      »Keine Sorge, Mrs Cooper«, sagte Gristhorpe. »Der Arzt wird in Kürze hier sein. Er wird ihr etwas geben. Kann sie irgendwo unterkommen?«
      »Wenn sie will, kann sie bei mir bleiben. Gleich nebenan. Wir haben ein Gästezimmer. Ich bin sicher, dass mein Mann einverstanden ist.«
      »Gut.« Gristhorpe wandte sich an die weinende Frau und stellte sich vor. »Können Sie mir berichten, was passiert ist?«
      Veronica Shildon schaute auf. Sie war ungefähr Mitte dreißig, schätzte Banks, die gepflegten braunen Haare waren mit grauen Strähnen durchzogen. Sie wirkte eher gut aussehend als schön, und ihr schmales Gesicht, die ebenso schmalen Lippen und alles an ihrer Haltung zeugten von Würde und Vornehmheit, vielleicht sogar von Strenge. In ihrer linken Hand hielt sie ein zusammengeknülltes Papiertaschentuch, und die rechte hatte sie so fest zu einer Faust geballt, dass sie fast weiß war. Während er ihre Erscheinung bewunderte, suchte Banks nach Blutspuren an ihren Händen oder ihrer Kleidung. Er sah keine. Ihre graugrünen, rot umrandeten Augen schienen sich nicht richtig auf Gristhorpe konzentrieren zu können.
      »Ich kam gerade nach Hause«, erzählte sie. »Ich dachte, sie würde auf mich warten.«
      »Um wie viel Uhr war das?«, fragte Gristhorpe.
      »Um acht. Kurz nach acht.« Sie schaute ihn nicht an, als sie antwortete.
      »Wo sind Sie gewesen?«
      »Ich war einkaufen.« Sie blickte auf, doch ihre Augen schienen geradewegs durch den Superintendent hindurchzusehen. »So war es. Einen Moment lang dachte ich, sie würde das Geschenk tragen, das ich ihr mitgebracht hatte, den scharlachroten Unterrock. Aber das konnte sie ja gar nicht. Ich hatte ihn ihr ja noch nicht gegeben. Und sie war tot.«
      »Was haben Sie getan,
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