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Inside Aldi & Co.

Inside Aldi & Co.

Titel: Inside Aldi & Co.
Autoren: Andreas Straub
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Kippenheimweiler im Schwarzwald steht, die aber in Wahrheit tiefen Einblick in das System Aldi gewährt.
    Offenbar ist die Furcht vor diesem Fall so groß, dass die Mitarbeiterin einer Schweigevereinbarung zustimmen musste. Ich rekonstruiere ihn daher aus den umfänglichen Akten, die mir zugespielt wurden.
     
    Das Protokoll der Geschichte:
    2 . 5 . 2000 :
    Der erste Arbeitstag von Melanie H. bei Aldi Süd. Alles läuft gut an. Die Halbtagskraft verdient nicht schlecht, zuletzt monatlich 1283 , 65  Euro brutto.
    Irgendwann 2007 :
    Aldi bietet H. an, sich einvernehmlich zu trennen. Sie lehnt ab. In einem Schreiben der Aldi-Anwälte aus Essen heißt es später, es sei «über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesprochen worden, zu der es dann aber nicht kam».
    Anfang April 2010 :
    H. beschwert sich beim zuständigen Prokuristen Ludger K. über den rauen Umgangston ihrer direkten Vorgesetzten. Die haben Folie auf den Boden geworfen und gepfiffen: «Wegmachen.» Die Mitarbeiter fühlen sich abschätzig behandelt, «wie Hunde», heißt es in der Akte.
    13 . 4 . 2010 :
    H. erhält kurz nach ihrer Beschwerde eine Abmahnung. Offizieller Grund: «Am 6 . 4 . 2010 fiel dem stellvertretenden Bereichsleiter Logistik (…) gegen 9 :17  Uhr auf, dass Sie sich wahllos mit Ihrem Flurförderfahrzeug durch die Abteilungen der Logistik bewegten». Sie hätte sich stattdessen in die Pause abmelden sollen, was sie «erst um 9 :33  Uhr» tat. Durch dieses Verhalten sah Aldi das «in Sie gesetzte Vertrauen erschüttert».
    28 . 4 . 2010 :
    H.s Anwalt gibt eine Stellungnahme ab: Er weist die Vorwürfe zurück. H. habe «noch 3  Paletten mit Nudelsoße mit ihrem Gabelstapler vorgezogen, damit die Folie am hinteren Teil der Palette entfernt werden kann». Aldi nimmt das Schreiben zur Personalakte.
    16 . 7 . 2012 :
    Das mäßige Ergebnis der Aldi-Süd-weiten Mitarbeiterbefragung geht in den Regionalgesellschaften ein. Das Zentrallager Mahlberg, in dem H. arbeitet, belegt den letzten Platz im internen Zufriedenheitsranking. Die lokalen Führungskräfte haben sofort einen Verdacht: Manipulation.
    27 . 7 . 2012 :
    H. wird für sie völlig überraschend ins Büro ihrer Vorgesetzten beordert. Sie werfen ihr vor, die Mitarbeiterbefragung manipuliert zu haben. Deshalb sei diese so schlecht ausgefallen. Den Verlauf des Gesprächs haben beide Parteien den Akten zufolge völlig unterschiedlich in Erinnerung. Fest steht: Nachdem H. ablehnt, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, erhält sie sofort eine fristlose Kündigung ohne Angabe von Gründen.
    13 . 9 . 2012 :
    Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Offenburg. H. hat auf Wiedereinstellung geklagt, lokale Medien berichten. Aldi wiederholt die Manipulationsvorwürfe, H. streitet sie ab. Der
Lahrer Zeitung
sagt die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern: «Es geht um meine Existenz.»
    Sie benötige ohnehin bereits einen 400 -Euro-Job, um ihr Gehalt aufzubessern. Aldi bietet ihr ein Vertragsende zum 31 . 01 . 2013 plus 18 000  Euro Abfindung an. H. lehnt ab, obwohl das Angebot laut Richter «großzügig» ist. Sie will um ihren Arbeitsplatz kämpfen.
    10 . 10 . 2012 :
    Aldi begründet die Kündigung erstmals schriftlich. Die Aldi-Anwälte einer Essener Großkanzlei schreiben zu der Mitarbeiterbefragung:
    «Die Umfrage ist – wie dies von Statistikern in der Regel gemacht wird – so aufgebaut, dass
nur bei gravierenden Problemen, die es mit Vorgesetzten gab, sich das schlechteste Ergebnis
ergibt. (…) Es wurden 60  Fragebögen verschickt. Es hat also knapp 1 / 3 der Mitarbeiter einen Fragebogen per Post nach Hause erhalten. Die Fragebögen werden sodann zurückgesandt. Das läuft anonym und ohne Namensangabe.»
    H. soll die Fragebögen von zwei Kolleginnen plus ihren eigenen ausgefüllt haben, «und zwar so, dass die Vorgesetzten‚ ‹schlecht wegkommen›.»
    Das schlechte Ergebnis sei für die Aldi-Führungskräfte «gänzlich unerwartet» gekommen. «Für die zuständigen Vorgesetzten ergab sich sofort der Verdacht, dass die Klägerin doch die Umfrageergebnisse verfälscht hat.»
    Weiter schreiben die Anwälte, und das ist auch im Hinblick auf den Datenschutz spannend, der Discounter wandte sich «daraufhin an diejenigen, die die Umfrage durchgeführt haben, und fragte, ob es Besonderheiten gab. Es wurde mitgeteilt, dass es in der Tat eine sehr auffällige Besonderheit gab, die aus Statistikersicht nicht zu erklären sei: Von den 60  Fragebogen seien 29
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