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Inselsommer

Inselsommer

Titel: Inselsommer
Autoren: Gabriella Engelmann
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in Erfüllung ging. Und das alles allein, ohne Patrick.
    Ich dachte an die letzten Monate.
    Wann würde es wohl aufhören, so zu schmerzen?
    Wann würde ich es endlich schaffen, im Kopf dieses leidige Was-wäre-wenn-Spiel abzustellen?
    Wann würde es mir gelingen, endgültig loszulassen? Eine tiefe Verzweiflung packte mich, und die Tränen schossen mir in die Augen. Wie gern hätte ich heute Abend Patrick an meiner Seite gehabt, um ihm zu zeigen, was sich in den vergangenen Monaten alles verändert hatte – wie
ich
mich verändert hatte. Doch nun war es leider zu spät …
    Eine Stunde später verschloss ich die Scheune. Auch ich wollte mich noch kurz ausruhen und mein inneres Gleichgewicht wiederfinden. Bei der Vernissage musste ich schließlich präsent sein und durfte nicht mit einem Bein in der Vergangenheit stehen.
    Ich hatte vor, mein rotes Kleid zu tragen und meine Haare hochzustecken. Dazu passten die Ohrringe mit Himbeermotiv, die mir die kleine Paula als Glücksbringer für die Vernissage und als Dankeschön für den Malunterricht geschenkt hatte.
    Bei dem großen Event würden auch Doro, Mats und Helen dabei sein. Und Leon, der bereits gestern angereist war und Ineke für den
Sylter Tagesspiegel
interviewte.
    Alles Menschen, die mir viel bedeuteten.
    Außer Patrick …

    »Liebe Gäste, liebe Ineke«, begann ich mit vor Aufregung zitternder Stimme. »Ich freue mich, dass Sie heute Abend so zahlreich erschienen sind, um zusammen mit mir die traumhaft schönen Bilder einer Künstlerin zu bestaunen, die noch nie in ihrem Leben öffentlich ausgestellt hat. Ich danke Ineke Alwart, dass sie zugunsten des Sylter Kinderprojekts Inselkrabben eine Ausnahme gemacht und sich bereit erklärt hat, einen Großteil des Verkaufserlöses in unsere gemeinsame Stiftung zu stecken. Diese Stiftung wird sich um die Zukunft der Kinder auf dieser Insel kümmern, sie in ihrer Entwicklung unterstützen und ihnen eine Heimat geben, ihnen Nähe und menschliches Miteinander vermitteln.«
    Applaus brandete auf, und ich bekam weiche Knie.
    Während ich weitersprach, blickte ich in die lächelnden Gesichter von Bea, Larissa, Vero, Hinrich, Adalbert, Leon, Rieke, Olli, Bente und Sönke.
    Die kleine Paula umklammerte die Hand ihrer Mutter Tanja und hatte vor Aufregung selbst ganz rote Wangen. Helen, Doro und Mats lauschten aufmerksam. Neben mir stand Ineke und hielt meine Hand, wenn ich meinen Text zu vergessen drohte. Eine tröstliche Geste, und ich war so dankbar, dass das Schicksal mich an jenem Tag am Meer zu ihr geführt hatte.
    Nachdem ich meine Rede beendet hatte, erklärte ich die Ausstellung und das Büfett für eröffnet. Den ganzen Abend plauderte ich mit vielen Gästen, die mir gratulierten und wie verrückt Inekes Bilder kauften. Trotz der anregenden Gespräche und dem warmherzigen Zuspruch befiel mich immer wieder eine tiefe Traurigkeit.
    »Was ist denn mit dir los?«, fragte Doro und musterte mich besorgt. »Du siehst so angestrengt aus. Es läuft doch alles, also entspann dich und genieß deinen Abend.«
    Ich hatte keine Zeit, ihr zu antworten, weil bereits Journalisten auf mich warteten. Später sollten auch noch Fotos von Ineke und mir gemacht werden. Doch was sollte das alles, ohne Patrick!
    Als sich Tränen in meine Augenwinkel stahlen, beschloss ich, für einen Augenblick an die frische Luft zu gehen.

65 . Kapitel
    A m Morgen nach der Vernissage war ich zum Frühstücken mit Doro und Helen verabredet. Wir wollten uns in der Kleinen Teestube treffen. Als ich ins Kapitänshaus ging, wunderte ich mich, dass es dort so ruhig war.
    Nachdem ich mich geduscht hatte und mich wieder einigermaßen fit fühlte, hörte ich die Eingangstür. Es war Bea, die erstaunlicherweise dieselben Sachen trug wie auf der Vernissage.
    »Oh, guten Morgen, Paula. So früh schon wach?«, fragte sie und wirkte ein wenig verlegen.
    »Ja, ich treffe mich gleich mit Doro und Helen zum Frühstück. Willst du mitkommen?«
    Bea schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, geh du nur allein. Ich muss dringend ins Bett, denn die Nacht war … nun ja … kurz. Ich war bei Adalbert.«
    Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was sie mir damit sagen wollte. Als ich sie fragend anschaute, breitete sich ein zufriedenes Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
    »Das heißt also, ihr seid jetzt …?«, stotterte ich. Bea lächelte verschämt und schloss mich in die Arme.
    »Nun, mit der platonischen Senioren- WG ist es wohl vorbei«, sagte sie, und mein Herz tat einen
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