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Inseln im Wind

Inseln im Wind

Titel: Inseln im Wind
Autoren: Elena Santiago
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anschließend saß Elizabeth stumm da und kämpfte mit den Tränen. In ohnmächtiger Sorge fragte sie sich, wo William wohl stecken mochte. Voller Inbrunst betete sie, dass er noch am Leben sein möge. Felicity reinigte derweil ein paar Schritte von ihnen entfernt Jonathans Gesicht von dem Blut und vergewisserte sich, dass ihm wirklich nichts zugestoßen war.
    » Mein Kleiner, du bist so tapfer! Eines Tages wirst du ein großer Held werden, so wie dein Vater!«
    » Daddy«, sagte Jonathan und zeigte auf Duncan.
    » Sieh einer an«, meinte Elizabeth, die trotz des noch nachhallenden Schocks ein zittriges Lächeln nicht unterdrücken konnte. Sie stand auf und ging zu Duncan zurück. » Hast du ihm das auf dem Weg hierher beigebracht? Du musst es ihm ins Ohr geschrien haben.«
    Duncan zog verlegen die Schultern hoch – und fluchte sofort, weil er die Verletzung nicht bedacht hatte. Deirdre, die mit Anne auf einer der Kirchenbänke hockte, bekreuzigte sich rasch, was Duncan zu einem entschuldigenden Räuspern veranlasste.
    » Ich habe ihm nur gesagt, dass sein alter Dad sich immer um ihn kümmert und dass er keine Angst haben soll.«
    Von Gefühlen übermannt, setzte sich Elizabeth zu ihm und ergriff seine Hand.
    » Es tut mir leid. Das ist nur passiert, weil ich darauf bestanden habe, dass wir hierherkommen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    » Es war ein guter Plan. Der einzig richtige. Diese Mauern hier haben ein festes Fundament. Sie sind sicher, im Gegensatz zu den ganzen Holzhäusern. Außerdem steht Claires Hütte zu nah beim Wasser.«
    » Was meinst du damit?«
    » Es wird eine Flutwelle geben, und wer weiß, was danach noch vom Chez Claire übrig ist. Sofern es nicht schon der Hurrikan zuvor in Stücke zerlegt hat.«
    » Wir hätten sie mitnehmen müssen!«
    » Ich hab’s ihr angeboten. Sie wollte nicht. Sie meinte, sie hätte schon als Kind schwimmen gelernt. Und was der Sturm von ihrer Habe fortweht, will sie sich auf anderem Wege zurückholen.« Er schüttelte den Kopf. » Hoffen wir das Beste.«
    Elizabeth biss sich auf die Lippen, doch sie wollte ihn und die anderen angesichts dieser schrecklichen Aussichten nicht noch mit ihren eigenen Sorgen belasten. Sie ängstigte sich um Pearl, so sehr, dass sie am liebsten zurückgelaufen wäre, um sie zu holen. Ihr kam in den Sinn, dass sie schon einmal während eines Orkans Angst um die Stute ausgestanden hatte – auf der Überfahrt. An jenem Tag hatte Harold ihr geholfen. Er hatte sich um sie und Pearl gekümmert und dafür gesorgt, dass sie in Sicherheit waren. Ob er damals schon geplant hatte, sie für sich zu gewinnen?
    Das nackte Grauen hatte Elizabeth bei Celias Anklage gepackt, sie konnte immer noch nicht richtig fassen, dass Harold all diese Morde begangen hatte. Es schüttelte sie, wenn sie nur daran dachte, und dass er nach wie vor frei herumlief, verschlimmerte alles noch. Aber wie erst Anne zumute sein musste! Elizabeth drückte Duncans Hand noch einmal, dann erhob sie sich rasch, um nach ihrer Freundin und nach Deirdre zu sehen. Anne lag lang ausgestreckt auf der Bank, das Gesicht sogar noch im Schlaf angstverzerrt. Deirdre hatte die Arme um sich geschlungen und wiegte sich sacht vor und zurück, als wolle sie sich selbst beruhigen. Den Kopf hatte sie seitlich auf ihre Knie gelegt, die Augen waren geschlossen. Als Elizabeth zu ihr trat und ihr sanft übers Haar strich, blickte sie auf.
    » Lady Elizabeth!« In anerzogener Höflichkeit wollte sie sich aufrappeln, doch Elizabeth hinderte sie daran.
    » Lass das. Bleib sitzen. Du bist eine freie Frau und niemandes Magd mehr. Ich habe deinen Schuldkontrakt bei Mister Dunmores Unterlagen gefunden und ihn zerrissen. Ich werde dir Gold geben, sodass du sorgenfrei nach Hause zurückkehren kannst.«
    » Ich weiß nicht, ob ich nach Hause möchte.« Deirdre wirkte verlegen. » Ich bleibe vielleicht lieber hier.«
    » Bei Mister Fitzgerald?«
    » Pater Fitzgerald.« Nun war Deirdres Verlegenheit fast mit Händen zu greifen.
    » Wo ist er denn jetzt?«
    Deirdre hob besorgt die Schultern.
    » Ich weiß es nicht. Im Wald habe ich ihn nicht mehr gefunden. Deshalb wollte ich hier in Bridgetown nach ihm suchen. Ich fürchte, man hat ihn vielleicht gefangen genommen und eingesperrt.«
    » Wenn es so ist, werde ich mich dafür starkmachen, dass man ihn freilässt.« Zögernd setzte Elizabeth hinzu: » Es gäbe noch eine Möglichkeit, Deirdre. Ihr könntet beide mit uns kommen. Wir wollen woanders ein neues Leben anfangen.
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