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Inseln im All -: Roman (German Edition)

Inseln im All -: Roman (German Edition)

Titel: Inseln im All -: Roman (German Edition)
Autoren: Arthur C. Clarke
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vollkommenen Schweigen des Weltraums schien jedes Geräusch eine Drohung zu sein. Aber dieses Geräusch wurde immer stärker, während die Minuten verstrichen; von einem fernen klagenden Wimmern steigerte es sich zu einem schrillen Schreien. Wir waren immer noch mehr als achtzig Kilometer hoch, aber bei der Geschwindigkeit, mit der das Schiff dahinraste, protestierte sogar die dünne Luftschicht in dieser Höhe gegen unser Eindringen.
    Und sie zerrte auch am Schiff und bremste es ab. Wir spürten ein schwaches, aber immer stärker anwachsendes Ziehen an unseren Gurten; die Kraft der Bremsbeschleunigung versuchte uns aus unseren Sitzen zu ziehen. Es war so, als ob man in einem Auto säße, das scharf abgebremst wird. In diesem Fall würde jedoch der Bremsvorgang zwei Stunden dauern, und wir würden die Erde noch einmal umrunden, bevor wir landen konnten.
    Wir waren jetzt nicht mehr länger in einem Weltraumschiff, sondern in einem Flugzeug. In fast völliger Dunkelheit – es stand kein Mond am Himmel – flogen wir über Afrika und den Indischen Ozean hinweg. Die Tatsache, dass wir mit einer Geschwindigkeit von vielen tausend Kilometern pro Stunde durch die Nacht jagten – über eine Erde hinweg, die wir nicht sehen konnten –, machte dieses Erlebnis umso eindrucksvoller. Das schrille Pfeifen der Luft begleitete uns jetzt stetig; es wurde jedoch weder lauter noch schwächer, während die Minuten verstrichen.
    Ich starrte in die Dunkelheit hinaus – als ich plötzlich rechts unter mir ein schwaches rotes Glühen sah. Da mir in dieser Finsternis jeglicher Orientierungssinn verlorengegangen war, schien es zuerst in ungeheurer Tiefe unter dem Schiff aufzuleuchten. Vielleicht war es ein Waldbrand, dachte ich – aber wir befanden uns doch jetzt sicherlich schon wieder über dem Ozean. Doch dann wurde mir plötzlich erschreckend klar, dass dieses Glühen von dem rechten Schiffsflügel des Schiffes ausging. Die Reibungshitze unserer Jagd durch die Atmosphäre hatte die Flügel zu kirschroter Glut erwärmt.
    Ein paar Sekunden lang starrte ich benommen auf dieses unheimliche Glühen; dann beruhigte ich mich aber und sagte mir, dass wohl alles in bester Ordnung wäre. Die ungeheure Bewegungsenergie unseres Schiffes wurde in Hitze umgewandelt, und das war nötig, um unsere Geschwindigkeit zu verringern. Ich hatte allerdings nicht geahnt, dass durch diesen Vorgang so viel Hitze erzeugt werden würde. Denn während ich hinausblickte, wurde das Glühen immer noch intensiver. Als ich mein Gesicht gegen die Scheibe des Fensters presste, konnte ich deutlich einen Teil der Flügelvorderkante sehen, und einige Stellen strahlten schon in hellem Gelb. Ich fragte mich, ob die anderen Passagiere dieses Glühen wohl auch schon bemerkt hätten und erschrocken wären – aber vielleicht waren sie durch die Informationsschriften, die ich nicht gelesen hatte, bereits über die Ungefährlichkeit der Erscheinung aufgeklärt worden.
    Ich war froh, als wir wieder ins Tageslicht hinausstießen und die Morgendämmerung über dem Pazifik vor uns lag. Das Glühen unserer Flügel war jetzt nicht mehr zu sehen und beunruhigte mich nicht mehr. Außerdem vertrieb der überirdische Glanz des Sonnenaufgangs, dem wir mit einer Geschwindigkeit von sechzehntausend Kilometern in der Stunde entgegenflogen, alle anderen Gefühle. Von der Inneren Station aus hatte ich oft die Morgendämmerung und den Sonnenaufgang beobachtet, wie sie über die Erde dahinzogen. Aber dort oben war ich ein unbeteiligter Zuschauer gewesen – nicht ein Teil des Geschehens selbst. Jetzt aber befand ich mich wieder innerhalb der Atmosphäre, und alle diese wunderbaren Farben glühten rings um mich auf.
    Wir hatten jetzt eine vollständige Umrundung der Erde hinter uns und dabei über die Hälfte unserer Geschwindigkeit verloren. Es dauerte dieses Mal viel länger, bis die brasilianischen Dschungel wieder sichtbar wurden, und sie zogen jetzt viel langsamer unter uns dahin. Über der Amazonasmündung tobte noch immer das Unwetter – jetzt nur noch in kurzer Entfernung unter uns –, als wir zu unserer letzten Überquerung des Südatlantiks ansetzten.
    Wieder kam die Nacht, und wieder glühte der Flügel dunkelrot in der Dunkelheit da draußen. Jetzt schien das Glühen sogar noch heller zu strahlen, aber ich hatte mich wohl inzwischen an den Anblick gewöhnt; denn er erfüllte mich nicht mehr so mit Besorgnis wie vorher. Wir näherten uns nun dem Ende der Fahrt; der letzte Abschnitt
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