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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig
Autoren: H Nygaard
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Telefonhörer das breite Grinsen im unrasierten Gesicht des
Oberkommissars wahrzunehmen. Es bedurfte keiner hellseherischen Fähigkeiten, um
sich vorzustellen, dass Große Jäger weit zurückgelehnt in seinem Bürostuhl
hockte und seine Füße in einer der herausgezogenen Schreibtischschubladen
geparkt hatte.
    »Okay«, sagte Große Jäger. »Wir machen uns auf den
Weg. Wo ist das genau auf Föhr?«
    »Melde dich, wenn ihr auf der Fähre seid. Ich lasse
euch am Anleger abholen.«
    Große Jäger war nicht nur Profi, sondern arbeitete
auch lange genug mit Christoph zusammen, um keine Fragen zu stellen.
    »Wir können hier im Augenblick nichts weiter
unternehmen«, sagte Christoph und schlug vor, sich in den VW Bulli der einheimischen Polizisten
zurückzuziehen.
    »Braucht ihr uns noch?«, wollte einer der
Feuerwehrmänner wissen.
    »Können Sie etwas zum Vorfall sagen?«, antwortete
Christoph mit einer Gegenfrage.
    Die beiden Blauröcke tauschten einen Blick. »Wir
können bestätigen, dass der Tote Thies Nommensen ist. Mehr wissen wir nicht.
Hauke hat uns gerufen. Das war alles.«
    »Ich hätte noch eine Bitte«, sagte der Leiter der
Föhrer Polizei. »Könnt Ihr uns einen heißen Tee vorbeibringen?«
    »Pur?«, fragte der Feuerwehrmann zurück.
    »Sicher. Wir sind im Dienst.«
    »Bring mir ‘nen bisschen Geschmack mit. Kannst ja in
einer Extrapulle abfüllen«, bat Frederiksen, und als er Thomsens Blick
gewahrte, schob er hinterher: »Sonst holt man sich hier noch den Tod. Reicht
doch, wenn es Nommensen erwischt hat. Endlich.«
    »Wir wissen nicht, wie lange wir hier warten müssen.
Das kann eine Weile dauern. Und nehmt Jürgen mit.« Thomsen sah den zweiten
Polizisten an. »Es reicht, wenn hier einer erfriert.«
    Die beiden Feuerwehrleute und der zweite Beamte
stapften zum roten Einsatzfahrzeug. Christoph sah ihnen hinterher. Erst beim
zweiten Versuch sprang der Diesel an, dann bewegte sich das geländegängige
Fahrzeug ruckweise ein paarmal vor und zurück. Der Fahrer schaukelte es so aus
dem aufgetürmten Schnee. Langsam setzte sich der Wagen in Bewegung und fuhr
entgegen der Richtung, aus der sie gekommen waren, davon.
    »Wo wollen die hin?«, fragte Christoph, der sich
erinnerte, dass dies eine Sackgasse war.
    »Am Ende der Vogelkoje gibt es einen Platz, der im
Sommer zum Parken genutzt wird«, erklärte Thomsen. »Dort wenden sie. Da ist
eine Pforte, die zum Deich führt. Davor ist ein Entwässerungsgraben, über den
eine kleine Brücke führt. Warum fragen Sie?«
    »Mich interessiert, ob jemand von dort gekommen sein
könnte.«
    Thomsen schüttelte den Kopf. »Kaum. Bei diesem Wetter
ist der Weg, über den wir gefahren sind, der einzige Zugang.«
    »Wir wissen nicht, seit wann Nommensen dort angebunden
ist«, gab Christoph zu bedenken. »Es fing gestern Nachmittag an zu schneien.
Wenn man ihn vorher oder zu Beginn des Schneesturms hierhergebracht hat?«
    »Das ist theoretisch denkbar, aber unwahrscheinlich.
Und ich möchte auch ausschließen, dass Nommensen und sein Begleiter den Weg zu
Fuß angetreten sind. Im Sommer kommen die Touristen per pedes über diesen Weg
zur Vogelkoje. Aber jetzt – das tut sich niemand an.«
    Und auf dem weiten Weg von Boldixum bis zum Tatort
gibt es kein Haus, dachte Christoph. Es dürfte schwierig werden, einen Zeugen
zu finden.
    »Die Straße knickt weiter vorn ab. Wohin führt die?«
    Thomsen hatte seinen Kragen geöffnet. Er schlug
zweimal mit den Armen um den Oberkörper. »Verdammt kalt hier.« Dann sah er
Christoph an. »Föhr ist praktisch zweigeteilt. Im Süden liegt der etwas höher
gelegene Geestkern. Dort reihen sich alle elf Dörfer, die es auf der Insel
gibt, wie an einer Perlenkette aneinander. Der nördliche Teil ist Marsch.
Nichts als Marsch. Durch das sogenannte Programm Nord wurden in den letzten
Jahrzehnten die Bauernhöfe aus den alten Ortskernen in die Feldmark verlegt.
Die Bauern haben neue Höfe erhalten, die nummeriert sind. Von der Straße führen
schmale Pfade zu den einzelnen Aussiedlerhöfen ab.«
    »Wird die Straße von Fremden benutzt?«
    »Im Sommer schon. Aber jetzt verirrt sich niemand
hierher. Da fahren nur Einheimische. Und der Wagen, der die Milch einsammelt.«
    »Das ist gleichzeitig Vor- und Nachteil«, sagte
Christoph und ergänzte, als ihn Thomsen fragend ansah: »Die Anzahl der Zeugen,
die zufällig etwas bemerkt haben könnten, ist überschaubar. Und wir können sie
lokalisieren, da sie Ihnen alle bekannt sein dürften.«
    »Hmh«,
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