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Inselkönig

Inselkönig

Titel: Inselkönig
Autoren: H Nygaard
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Waldboden. Der ist natürlich gefroren. Aber halt … Wenn Nommensen durch
das Gestrüpp durch ist … Da liegen dicke Äste, auch mal ein Baumstumpf.«
    »Benachrichtigen Sie bitte Flensburg«, bat Christoph
Hauptkommissar Thomsen. »Berichten Sie von den Umständen. Die sollen auch die
Spurensicherung mitbringen. Und sich beeilen.« Dabei schüttelte er sich wie ein
nasser Hund, um den Schnee loszuwerden, der an ihm haften geblieben war.
    Thomsen griff zum Handy, während Christoph sich
vorsichtig dem Baum näherte. Er umrundete ihn weiträumig und versuchte,
Hindernissen auf dem Boden auszuweichen. Doch das war ein unmögliches
Unterfangen. Der Schnee hatte alles zugedeckt.
    Von hinten sah er, dass Nommensens Hände mit einem
groben Strick zusammengebunden waren. Der Tote war am Stamm herabgesunken, nur
wenige Zentimeter. Dabei hatte sich seine Winterjacke hochgeschoben, die durch
das Gewicht des Oberkörpers am rauen Holz des Stammes verhakt war. Das kurze
Stück reichte aus, um Christoph erkennen zu lassen, dass Nommensen unter der
Jacke unbekleidet war. Der oder die Täter mussten dem Mann auch die Unterhose
herabgezogen haben. Deutlich waren die Spuren zu erkennen, die die letzte
Darmentleerung beim Eintritt des Todes hinterlassen hatte. Es war eine ganz
natürliche Reaktion, die mit dem Erschlaffen der Muskulatur eintrat und
Christoph nicht verwunderte. Nach Aufnahme der Spuren und all den anderen
Arbeiten würden die Flensburger Kollegen die entsprechenden Schlüsse ziehen.
Vor seinem geistigen Auge sah Christoph schon den ewig niesenden Leiter der
Kriminaltechnik, Klaus Jürgensen, vor sich und war gespannt, wie der kleine
Hauptkommissar lautstark über die Umstände schimpfen würde: Eine Leiche, im
eiskalten Schneesturm, versunken in einer Wehe – alle Spuren unter der dichten
weißen Decke vergraben. Und das bei äußerst unwirtlichen Witterungsumständen,
denen auch Christoph nichts Gutes mehr abgewinnen konnte.
    Vorsichtig kehrte Christoph in seiner eigenen Spur
zurück.
    »Haben Sie was entdeckt?«, fragte Frederiksen
neugierig.
    Christoph ignorierte die Frage und hörte Thomsen zu,
der erregt in sein Handy sprach und dabei immer lauter wurde. Mit einem lauten
und zornigen »Die haben’s wohl nicht beieinander«, beendete er das Gespräch.
Wütend sah er Christoph an.
    »Wann ist die Mordkommission hier?«, fragte der.
    »In zehn Minuten«, erklärte Thomsen aufgebracht. »Das
hat mir so ein junger Schnösel erzählt. Der hat mich für verrückt erklärt.
Föhr! Die Insel jenseits der Wirklichkeit. Ich würde wohl dort leben. Anders
könne er sich nicht erklären, dass ich das K1 hierherbestellen wollte. Wir
hätten den härtesten Schneesturm seit Langem. Die ganze Ostküste ist im Chaos
versunken. Nichts geht mehr. Auf der A 7 ist zwischen Neumünster und der
dänischen Grenze alles, aber wirklich alles zum Erliegen gekommen.
Selbst in Kiel ruht der Nahverkehr. Die Bahn hat den Fernverkehr eingeschränkt,
den Nahverkehr zum größten Teil sogar eingestellt.«
    »Haben Sie in Erfahrung bringen können, wie lange
dieser Ausnahmezustand voraussichtlich anhalten wird?«
    Der zweite Polizist räusperte sich. »Ich habe Hauke
zugehört«, erklärte er, »und parallel versucht, Informationen zur Wetterlage
einzuholen. Derzeit kann niemand eine gesicherte Prognose abgeben. Die
Schneefront kommt aus Richtung Osten. Man muss davon ausgehen, dass es in
dieser Heftigkeit noch gut vierundzwanzig Stunden dauern kann.«
    Christoph kramte sein Handy hervor und wählte seine
Dienststelle in Husum an.
    »Große Jäger«, meldete sich die sonore Stimme des
Oberkommissars.
    »Ich brauch deine Hilfe.«
    »Diesen Spruch kenne ich seit fünf Jahren. Was wärst
du ohne mich? Bist du auf Nordstrand eingeschneit, und ich soll dich
freischaufeln?«
    »Ich bin noch auf Föhr.«
    Große Jäger stöhnte laut auf. »Erster Hauptkommissar
müsste man sein. Während unsereiner sich hier zu Tode schuftet, vergnügst du
dich in der Wintersonne.«
    »Wir haben hier einen unklaren Todesfall.«
    Christoph hörte, wie Große Jäger durch die Zähne
pfiff. »Normalerweise bin ich dafür stets zu haben. Aber bei diesem
Schietwetter sollen sich die Flensburger darum kümmern. Grüß Klaus Jürgensen
von mir.«
    »Nimm deine Füße aus der Schublade«, sagte Christoph,
»und komm her. Bring Harm mit. Und alles, was wir zur Spurensicherung
benötigen.«
    »Woher weißt du …?«, fragte Große Jäger, und Christoph
vermeinte, durch den
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