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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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daß er nur so funkelte. »Er ist einfach perfekt.«
     
    Nach zwei Stunden hämmerte Jos Kopf, und vor ihren Augen verschwamm alles. Kate hatte inzwischen zwei weitere Fuhren Gäste von den Cottages abgeholt, im Haupthaus abgesetzt und dann runter zur Anlegestelle gefahren. Brian hatte ein Dutzend Camper abgeladen und war gleich wieder aufgebrochen, um die nächsten aufzusammeln. Von Nathan wußte sie nur, daß er dabei half, die Cottages in der Nähe des Strandes sturmfest zu machen.
    Im Augenblick war das Haus leer; nur das monotone Klopfen des Hammers war noch zu hören. Aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis Kate mit der letzten Ladung Gäste aus den Cottages ankam. Die nach Süden und Osten gerichteten Fenster waren bereits vernagelt, und das Innere des Hauses lag im Halbdunkel.
    Als sie die Haustür öffnete, fuhr ihr eine Windböe entgegen. Die kühle Luft traf sie nach der Schwüle, die im Haus herrschte, wie ein Schlag. Im Süden war der Himmel schwarz. Sie sah Blitze zucken, hörte aber keinen Donner.
    Sie war gespannt auf die nächste Wettermeldung und beschloß, vorsichtshalber ihre Negative und die Abzüge aus der Dunkelkammer zu holen und in Kates Safe im Büro zu verwahren.
    Da ihr nicht nach einem Zusammentreffen mit ihrem Vater zumute war, nahm sie die Haupttreppe und warf automatisch einen kurzen Blick in alle Zimmer, um sicherzugehen, daß keiner der Gäste in der Eile etwas vergessen hatte. Sie löschte die Lichter und ging mit schnellen Schritten hinüber zum Privattrakt. Das Hämmern war jetzt lauter, und das nahe Geräusch beruhigte sie. Wir igeln uns ein, dachte sie. Wenn Carla Sanctuary heimsuchen wollte, würde das Haus standhalten wie zuvor.
    Als sie an Kates Büro vorbeiging, hörte sie von draußen gedämpfte Stimmen, und im gleichen Augenblick schob sich ein
Stück Spanholz vor das Fenster. Entweder war Brian zurück, oder ihr Vater ging Giff zur Hand, entschied sie.
    Sie machte Licht in der Dunkelkammer und schaltete das Radio an.
    »Hurrikan Carla ist zur Klasse drei hochgestuft worden und wird die der Küste von Georgia vorgelagerte Insel Little Desire vermutlich gegen neunzehn Uhr erreichen. Die Touristen wurden bereits von der Insel evakuiert, und auch die Bewohner sind aufgefordert, sie so schnell wie möglich zu verlassen. Es werden Windgeschwindigkeiten von bis zu einhundertzwanzig Meilen pro Stunde erwartet, und die ersten Sturmausläufer werden mit der Flut eintreffen.«
    Jo fuhr sich durchs Haar; ihr anfänglicher Optimismus schwand. Sie wußte, daß es kaum schlimmer kommen konnte. Cottages würden entweder dem Sturm oder den Wellen zum Opfer fallen. Die Zeit läuft, dachte sie mit einem Blick auf die Uhr. Sie mußte Nathan und Kirby finden, und auch wenn es ihrem Vater nicht paßte – er und die ganze Familie mußten schnellstens die Insel verlassen.
    Hastig riß sie eine Schublade auf. Die Abzüge konnte sie hierlassen, aber nicht die Negative. Als sie die Hand danach ausstreckte, gefror ihr das Blut in den Adern.
    Auf ihren säuberlich geordneten Negativen lag ein Stapel Abzüge. In ihrem Kopf drehte es sich, ihre Haut war feucht, als sie das Gesicht ihrer Mutter erblickte. Es war das Foto, das sie schon einmal gesehen hatte, in einer anderen Dunkelkammer  – in einem anderen Leben, so kam es ihr beinahe vor. Durch das Dröhnen in ihrem Kopf hindurch hörte sie sich leise aufstöhnen, als sie nach dem Foto griff.
    Es war Wirklichkeit. Sie spürte das glatte Papier zwischen ihren Fingern. Ihr Atem ging flach, als sie den Abzug umdrehte und die sauber geschriebenen Worte las.
     
    TOD EINES ENGELS
     
    Sie zuckte kurz zusammen, zwang sich dann aber, den Blick auf das nächste Foto zu richten. Eine Welle der Trauer überkam sie. Die Pose war fast identisch, als ob der Fotograf Wert
darauf gelegt hätte, alles genauso zu arrangieren. Aber es war Ginny. Ihr lebhaftes, freundliches Gesicht war stumpf, ihr Blick leer.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Jo und drückte den Abzug an ihre Brust. »Es tut mir so leid.«
    Das dritte Foto war mit Sicherheit eines von Susan Peters.
    Jo schloß die Augen, versuchte, die aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken. Ihre Knie gaben nach.
    Das Foto zeigte sie selbst. Ihre Augen waren sanft geschlossen, ihr nackter Körper leuchtete bleich. Sie stieß einige würgende Geräusche aus, während ihr das Foto aus der Hand glitt und sie einen Schritt nach hinten trat.
    Sie tastete hinter ihrem Rücken nach der Türklinke. Sie stieß an den
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