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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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Handelsbeziehun-
    gen wesentlich einträglicher waren als ein Schiff nach dem anderen zu schicken, um andere Schiffe zu zerstören.
    Mit dem Korsarenleben würde es an dem Tag vor-
    bei sein, an dem ihnen ihre jeweiligen Souveräne
    den Schutz entzogen, und sobald keiner mehr die
    Korsaren brauchte, waren auch die Seeräuber und
    Freibeuter der Küste zu raschem Niedergang verur-
    teilt. Der Fortschritt in der Neuen Welt würde sie von der Landkarte fegen.
    In dieser unruhigen Nacht voller finsterer Gedan-
    ken kam Sebastián Heredia zu dem bitteren Schluß, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als sein Leben zu ändern, auch wenn das Leben an Land für ihn ein
    kleiner Tod war.
    Er schlief schlecht, und als er aufwachte, waren
    seine düsteren Gedanken noch immer nicht ver-
    schwunden. Als er jedoch die große Seeterrasse
    betrat, auf der seine Schwester lächelnd mit dem
    Frühstück auf ihn wartete, kam ihm im Licht des
    neuen Tages die Zukunft wieder wunderbar und
    vielversprechend vor.
    »Mir ist etwas eingefallen!« rief Celeste aus, während sie ihm Eier mit Schinken und eine Tasse Kaffee servierte. »Jetzt weiß ich, was wir mit der Jacare machen können!«
    »Na, da fällt mir ja ein großer Stein vom Herzen«, gab Sebastián im gleichen Tonfall zurück. »Und was können wir deiner Meinung nach machen?«
    »Mit ihr Sklaven befreien«, erwiderte das Mäd-
    chen, als wäre das die normalste und einleuchtendste Sache der Welt. »Die Geschichte der Four Roses
    und wie du die Schwarzen an der Küste Venezuelas
    ausgesetzt hast, hat mich immer fasziniert.« Sie
    beugte sich vor und packte ihn ungewohnt fest am
    Arm. »Warum wiederholen wir das nicht?«
    »Wiederholen?« wollte ihr Bruder verwundert wis-
    sen. »Es war reiner Zufall, daß ich auf die Four Roses gestoßen bin.«
    »Ich weiß. Aber ich weiß auch, daß jedes Jahr Dutzende dieser Sklavenschiffe von den Küsten Sene-
    gals nach Brasilien und Westindien fahren. Und
    wenn ein so schnelles Schiff wie die Jacare diese Gewässer patrouilliert, dann können wir sie uns der Reihe nach vorknöpfen.«
    »Und was fällt dabei für uns ab?«
    »Nichts.«
    »Nicht gerade viel.«
    »Oh doch!« entgegnete das Mädchen überzeugt.
    »Das mußt du mir erklären.«
    »Doch nicht dir. Wenn du das schon getan hast, als du nichts hattest, um deine Mannschaft zu bezahlen, die dich jeden Augenblick über Bord hätte werfen
    können, dann hast du jetzt, wo du ein steinreicher Mann bist, doch noch weit mehr Grund dazu.«
    »Und ist dir nie durch dein hübsches Köpfchen ge-
    gangen, daß ein steinreicher Mann seinen Wohlstand in Ruhe genießen will?«
    »Jeder andere Mann, ja. Du nicht.«
    »Also hör mal! Und warum?«
    »Weil ich dich kenne und ich sicher bin, daß dir in ein paar Monaten die Zuckerplantagen und Rum-brennereien bis hierher stehen. Du gehörst aufs
    Meer…« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause
    und sah ihm direkt in die Augen. »Und ich eben-
    falls.«
    »Was willst du damit sagen?« regte sich der frisch pensionierte Kapitän Jack auf. »Soll das heißen, daß du dein Leben auf einem Schiff verbringen willst?«
    »Und warum nicht? Mir ist klargeworden, daß mir
    das wirklich gefällt, und wenn ich schon akzeptiert habe, daß es nicht vernünftig war, an Bord eines
    Piratenschiffs zu bleiben, dann mußt du deinerseits akzeptieren, daß ich sehr wohl an Bord eines anderen Schiffs leben kann, dessen Besatzung normale
    Leute sind, die nur für eine edle Sache kämpfen.«
    »Und wo finden wir diese normalen Leute?«
    »Natürlich nicht in Port-Royal. Aber in jedem an-
    deren Hafen, wenn wir sie gut bezahlen…«
    »Eine Schnapsidee!«
    »Mir gefällt sie…«
    In diesem Augenblick erschien Miguel Heredia in
    der Tür und fragte spöttisch:
    »Und was ist das für eine neue Schnapsidee?«
    »Deine Tochter möchte, daß ich mit der Jacare
    Sklavenschiffe überfalle und die Schwarzen be-
    freie.«
    Sein Vater nahm Platz, goß sich eine Tasse Kaffee ein, dachte einige Augenblicke nach und nickte
    schließlich überzeugt.
    »Die erste vernünftige Sache, die ich seit langem gehört habe.«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Mein völliger Ernst. Du hast sehr viel Geld, ein prächtiges Schiff und wenigstens ein halbes Dutzend Männer, Lucas Castano eingeschlossen, die sich nur zu gern in dieses Abenteuer stürzen werden. Wir
    suchen uns eine neue Besatzung und werden den
    Rest unseres Lebens damit verbringen, etwas Edel-
    mütiges für die Ärmsten der Armen zu tun. Das
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