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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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schaukeln.
    So prägte das Meer und das eine oder andere Buch
    das Leben des jungen Sebastián Heredia Matamoros.
    Darüber hinaus prägte ihn sowohl sein Vater, dessen unglaubliche Opferbereitschaft er bewunderte, wenn dieser tagtäglich seine Haut an den Felsen und Korallen ließ, als auch die unvergleichliche Schönheit seiner Mutter. Ihr Antlitz glich einem Madonnenbild, und ihr reizvoll gerundeter Körper blieb auch nach zwei Geburten und der täglichen Arbeit in der Sonne makellos wie eh und je.
    Der Alltag der Heredia Matamoros war zwar voller
    Entbehrungen, doch tröstete man sich damit, ab und an die eine oder andere wertvolle erbsengroße Perle zu finden, die einem der alte Omar Bocanegra zu
    einem guten Preis abkaufte. Außerdem gab es stets die Hoffnung, eines Tages eine riesige Perle zu finden, das Tor zu einer Zukunft in Wohlstand.
    Einige fahre später, als Sebastian schon fast zwölf Jahre alt war, landete jedoch ein neuer Abgesandter der Casa de Contratación von Sevilla auf der Insel, mit dem alle Hoffnungen auf eine bessere Zukunft
    zerstoben.
    Bis zu diesem rabenschwarzen Tag war Margarita
    von den strengen Handelsbestimmungen, die im
    übrigen Westindien herrschten, weitgehend ver-
    schont geblieben. Dann aber schlug Hernando Pe-
    drárias Gotarredona im prunkvollen Palais der
    Hauptstadt La Asunción sein Quartier auf und ließ unverzüglich einen Erlaß verkünden. Darin drohte er jedem seiner Untertanen sechs Jahre Kerker an, der es wagen sollte, sich über die Anweisungen der allmächtigen Casa de Contratación hinwegzusetzen.
    Die bescheidenen Hoffnungen der Margaritenos
    lösten sich auf wie Salz im Meer.
    Die von allen verfluchte Casa de Contratación zahl-te nämlich gewöhnlich für Perlen nur ein Zehntel
    des tatsächlichen Werts. Außerdem erhielt man da-
    für nicht einmal Geld, sondern nur Naturalien, auf deren Import aus Spanien die Casa ein Monopol
    hatte.
    Zölle und Transportkosten verteuerten diese Waren zudem um das Vierzigfache. Das führte zur absurden Situation, daß man für drei wunderschöne Per-
    len von makelloser Reinheit gerade mal einen
    Hammer oder zwei Meter gröbsten Stoff eintauschen konnte.
    Wer sich mit einer solchen Ungerechtigkeit nicht
    abfinden wollte, dem blieb nichts anderes übrig, als die Perlenfischerei aufzugeben, denn die Casa de
    Contratación hatte schon seit Anno 1503 das Mono-
    pol auf den Perlenhandel, wie übrigens auf alle übrigen Schätze inklusive derer, die im Westen des gro-
    ßen finsteren Ozeans noch auf ihre Entdeckung warteten. Zudem waltete die Casa als Mentor des Obersten Indienrats, der wiederum dafür zu sorgen hatte, daß man in der Neuen Welt die spanischen Gesetze
    auch wirklich befolgte.
    Aus der würdevollen, von Hoffnung erfüllten Ar-
    mut der Heredia Matamoros war auf diese Weise
    hoffnungsloses Elend geworden. Der kleine Sebasti-an spürte als erster, wie tiefe Mutlosigkeit seinen bis dahin unbeugsamen Vater befiel.
    Zwar fuhren die beiden nach wie vor jeden Morgen
    aufs Meer hinaus, doch statt unverzüglich die ge-
    fährlichen Abgründe anzusteuern, in denen ein mu-
    tiger Taucher zwischen Felsen und Algen die »Mut-
    ter aller Austern« finden konnte, kreuzten sie
    schweigend und ziellos auf dem Wasser. Denn was
    für einen Sinn hatte ihre Arbeit noch, wenn selbst der größte Erfolg stets zum bitteren Fehlschlag wurde?
    Als sich dann noch eines Tages herumsprach, daß
    ein Taucher aus Boca del Pozo für eine fast makellose Perle, so groß wie eine Wachtel, lediglich zwei zerbeulte Kochtöpfe und ein verrostetes Messer erhalten hatte, entschied die Mehrheit der Margaritenos, daß ein so läppischer Lohn das Risiko nicht
    lohnte, sich von einem Hai das Bein abreißen zu
    lassen. Und bald fuhren sie nur noch hinaus, um
    Fische und Langusten für das Abendessen zu fan-
    gen.
    Trotz alledem fiel es dem anmaßenden Hernando
    Pedrárias Gotarredona nicht im Traum ein, den
    Grund für den starken Rückgang in der Perlenpro-
    duktion bei den ruinösen Preisen zu suchen, die er selbst festgelegt hatte. Vielmehr lud er alle Schuld auf den müden Schultern des armen Omar Bocanegra ab, dem er vorwarf, weiterhin heimlich Perlen anzukaufen, und wenn er ihn schon nicht aufhängen ließ, dann nur deshalb, um ihn in den modrigsten
    und tiefsten Kerker zu werfen und nicht eher freizu-lassen, bis er »das Geraubte ausgespuckt habe«.
    Aus schier unerfindlichen Gründen machten die Fi-
    scherboote jedoch nach wie vor einen Bogen um die
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