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Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum

Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum

Titel: Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
Autoren: Claudia de Lillo
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betrachtet schweigend einen nach dem anderen. Fünf Minuten lang.
    Als die sechste Minute anbricht, tritt er mit voller Wucht gegen das Pult.
    Päng.
    Verwirrte, fragende Blicke gehen hin und her. Er wartet stumm und fixiert sie weiter mit seinem Blick, einen nach dem anderen. Stille breitet sich aus.
    Mit dem Akzent eines Taxifahrers aus dem Londoner East End flüstert er: »Willkommen zur Vorlesung Mikroökonomie 1. Ich bin euer Dozent. Als Erstes möchte ich euch mit den Regeln in dieser Vorlesung vertraut machen. Es sind nicht viele und sie sind leicht zu verstehen, aber ich rate euch, sie zu beherzigen.
    1. Wenn ihr redet, seid ihr tot.
    2. Wenn euer Handy klingelt, seid ihr tot.
    3. Wenn ihr in irgendeiner Weise den Unterricht stört, seid ihr tot.
     
    Und nun können wir anfangen, sofern ihr nichts dagegen einzuwenden habt. Gebt mir eine Woche, um eure Namen zu lernen. Wenn ich euch mit Fragen quäle, nehmt es nicht persönlich. Gegen keinen von euch habe ich etwas. Ich bin einfach nur sadistisch veranlagt.«
     
    In den ersten beiden Vorlesungen gibt es vier oder fünf Opfer, das ist ganz natürlich. Anschließend ergeben sich sogar die Widerspenstigsten, und von der dritten Vorlesung an wagt im Amphitheater nicht einmal mehr eine Fliege zu brummen.
    Seine Theorie lautet: »Wenn sie dir aus der Hand fressen sollen, überzeug sie davon, dass du ein geistesgestörter Irrer bist, ja vielleicht sogar gemeingefährlich. Gelingt dir das, dann fürchten sie dich, lernen dich aber auch zu lieben.«
    Bei dem geistesgestörten Irren handelt es sich um Mister Wonder, den Mann, den Elasti-Mama sich unvorsichtigerweise als Vater ihrer Kinder ausgesucht hat.
    Die dreihundert Jugendlichen sind seine bedauernswerten Studenten, die leider keine andere Wahl gehabt haben.
     
Freitag, 2. Februar
    Die rachedurstige Sekretärin
     
    »Die Eltern der Kinder der grünen Gruppe der Vorschule von Felicity Place sind eingeladen, um 17 Uhr an einer außerordentlichen Versammlung zum Thema ›Schulspeisung - gesunde Ernährung für gesunde Kinder‹ teilzunehmen«, hieß es auf einem großen Plakat an der Eingangstür der Vorschule, die der große Hobbit besucht.
    Diese Veranstaltung ist ein Muss. Mister Wonder ist nicht da, also nimmt Elasti-Mama, zusammen mit weiteren Eltern und der Erzieherin Dominatrix, um Punkt fünf auf einem der äußerst unbequemen Stühlchen Platz.
    Dominatrix - 25 Jahre alt, rote, zum Bürstenschnitt gestutzte Haare, schwarze Stiefel aus glänzendem Leder mit acht Zentimeter Absatz - verlangt, dass ein Freiwilliger protokolliert, was bei dieser ausgesprochen wichtigen Zusammenkunft besprochen wird.
    Elasti-Mama, infiziert mit dem Streber-Virus, setzt ein diensteifriges Lächeln auf, nimmt Papier und Stift zur Hand und erklärt, sie, amtierende Weltmeisterin im Protokollführen, werde das übernehmen.
    Dominatrix spricht über die Bedeutung gesunder Ernährung, über Gnocchi mit Erbsen, Minestrone mit Crostini, Bresaola aus dem Veltlin und frisches Obst der Saison.
    Elasti-Mama schreibt unter unentwegtem Lächeln gewissenhaft mit. Nur das Geschwafel von Clementinas geschwätziger Mutter geht ihr leicht auf die Nerven. Aber sie zügelt ihre Ungeduld und konzentriert sich ganz auf ihre Sekretärinnen-Aufgabe.
    Wie ein Aufnahmegerät protokolliert sie alles, bis sie sich schließlich entscheidet, die Kommentare und Fragen von Clementinas Mutter der Zensur zum Opfer fallen zu lassen.
    Plötzlich erklärt Clementinas Mutter, sie versuche ihre Tochter davon abzubringen, während des Essens fernzusehen. Clementina weigere sich vorerst und verlange als Gegenleistung für das Abschalten des Fernsehers paillettenbesetzte rosa Stiefeletten, Winx-Feen und die Rapunzel-Barbie. Clementinas Mutter lacht stolz.
    Elasti-Mama hört auf, Wort für Wort mitzuschreiben, und kritzelt auf die linke untere Ecke des Blatts »Clementinas Mutter = Idiotin«.
    Unvermittelt erwacht der Vater von Mario aus seiner trägen Versunkenheit. »Aber es ist doch so schön, wenn alle zusammen bei Tisch sitzen und der Fernseher läuft!« In die rechte untere Ecke des Blattes notiert sie »Marios Vater = Rindvieh«.
    Elasti-Mama schaltet ab. Als sie sich wieder zusammenreißt, ertappt sie sich selbst dabei, wie sie das Protokoll der Kindergartensitzung mit obszönen Kritzeleien verunziert.
    Sie denkt an Mister Wonder, der nie da ist, wenn man ihn braucht, und verwandelt sich in eine rachsüchtige Hyäne.
    Dominatrix verkündet, es müsse eine
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