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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer
Autoren: John Baker
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an der Nase herumgeführt.»
    Jane Deacon holte tief Luft und schürzte ihre schmalen Lippen. «Ich werde Ihnen die ganze Geschichte erzählen», sagte sie. «Alles.»
    «Wär nicht schlecht», meinte Sam. «Ich stehe auf der dunklen Seite der Straße. Im Augenblick weiß ich einen Scheißdreck.»
    «Ich hatte eine Freundin», sagte Jane. «Ein schwedisches Mädchen namens Lotta Jensen. Es ist eine lange Geschichte, sie werden etwas Geduld mit mir haben müssen.»
    «Ich gehe nirgendwo hin», erwiderte Sam.
    «Bevor wir geheiratet haben, wohnten wir zu mehreren in einem Haus. Wir waren insgesamt sechs. Hauptsächlich junge Besserverdienende. Da war dieser junge Neuseeländer namens Graham, Graham East. Anfangs war er ganz okay. Er besaß keine besondere Ausbildung, und ich nehme an, wir hielten ihn alle für einfältig. Wir haben ihn herablassend behandelt, aber er hat eine Menge der Hausarbeit erledigt und gehörte mit der Zeit einfach zum Inventar. Er schien ein gutherziger Mensch zu sein.»
    Sam drehte sich eine Zigarette und bot Jane ebenfalls eine an. Sie schüttelte den Kopf und griff in ihre Handtasche nach einer Packung Aktiver. «Gott, ich wußte, daß ich etwas brauchte», sagte sie. Er steckte seine Zigarette an und bot ihr das Feuer an.
    «Die meisten Leute lebten in Zweierbeziehungen, bevor Graham zu uns kam. Damals war ich noch nicht mit Terry zusammen, ich teilte mein Zimmer mit einem Mann namens Steve. Und Terry lebte mit einem anderen Mädchen zusammen. Alles war ziemlich harmonisch.
    Mit Lottas Ankunft begann dann alles schiefzugehen. Es war nicht ihre Schuld. Hauptsächlich war sie hier, um Englisch zu lernen. Sie sprach damals kaum ein Wort. Graham schlug vor, ihr Englischunterricht zu geben, und sie sollte ihm im Gegenzug Schwedisch beibringen. Das schien in Ordnung zu sein, bis Graham dann zehn Tage nach ihrer Ankunft verkündete, daß er sich in sie verliebt hätte.
    Lotta wollte nichts davon wissen. Sie hatte bereits einen Freund in Schweden, der ihr das Leben schwermachte. Graham war da nur eine zusätzliche Belastung. Er war hoffnungslos. Träumte dauernd vor sich hin. Machte ihr große Augen. Er klopfte an ihre Zimmertür, und wenn Lotta aufmachte, stand er einfach nur da und starrte sie an. Er sagte kein Wort. Er stand einfach nur da und glotzte.
    Eines Abends ist er schließlich im Wohnzimmer über sie hergefallen. Sie lag unter ihm auf dem Boden, und er brüllte und heulte, schrie, er werde sie umbringen. Wir mußten ihn von ihr runterziehen.
    Danach hat er uns für eine Weile verlassen, und Lotta kehrte nach Schweden zurück. Graham schien es besserzugehen, als er zurückkam. Es tat ihm alles schrecklich leid. Und eine Zeitlang war wieder alles in Ordnung.
    Als Steve und ich dann Schluß machten, hat Graham sich in mich verliebt. Die Lotta-Geschichte ging wieder ganz von vorne los. Ich habe Graham in keiner Weise Hoffnungen gemacht. Ich wollte nichts mit ihm zu tun haben. Aber er rannte wieder träumend durchs ganze Haus. Gönnte mir die Nummer mit den großen Augen. Jedem im Haus erzählte er, daß er bereit sei, für mich zu sterben. Es war schrecklich. Meine einzige Möglichkeit, damit umzugehen, bestand darin, ihm aus dem Weg zu gehen. Eines Morgens platzte er noch vor Tagesanbruch in mein Zimmer. Schlug buchstäblich die Tür ein. , sagte er.
    Es gab einige weitere Zwischenfälle mit anderen Frauen. Am Ende baten wir ihn schließlich zu gehen.»
    «Was erzählen Sie mir da?» fragte Sam. «Ich meine, es ist eine interessante Geschichte über irgend so einen Spinner, aber Sie wollen doch wohl nicht behaupten, daß Graham Ihren Mann umgebracht hat.»
    «Vor ungefähr zwei Monaten wurde Lotta in Göteborg ermordet. Es ist mir nicht gelungen, besonders viel darüber herauszufinden. Ich habe einen Brief von ihrer Mutter erhalten. Sie wurde erstochen, und auf ihre Leiche war ein Zettel geheftet worden. Geschrieben auf Englisch.»
    «Was stand drauf?» fragte Sam. «Was hat draufgestanden?»
    «Ich weiß es nicht.»
    «Warum glauben Sie, daß es Graham war?»
    «Zuerst dachte ich’s ja nicht. Ich habe Graham seit Jahren nicht mehr gesehen. Er hatte eine Weile hier gelebt, und er hatte eine Freundin, Frances. Sie war ebenfalls merkwürdig, aber sie liebte ihn. Ich habe irgendwo gehört, daß sie nach Neuseeland zurückgekehrt sind. Aber ungefähr eine Woche nach dem Mord an Lotta habe ich die zwei in der Stadt gesehen.
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