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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer
Autoren: John Baker
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erschießen?» fragte er. «Anschließend wirst du ins Krankenhaus und noch mal auf Geordie schießen müssen. Steck die Kanone weg, Jane. Es ist vorbei.»
    Die Waffe zitterte in ihrer Hand, aber nicht so sehr, daß sie danebenschießen würde, falls das Ding losging. Meistens war sie auf seinen Kopf gerichtet, gelegentlich wanderte sie zu seiner Brust hinab, doch dann hob sie sie sofort wieder.
    «Setz dich», befahl sie. «Da drüben hin.» Sie deutete auf den Sessel.
    Sam gehorchte.
    «Und steck die Hände in die Taschen. Ich muß nachdenken.» Sie hielt die Waffe jetzt mit beiden Händen, stabilisierte sie.
    «Verdammt spät», sagte Sam, schob die Hände in die Taschen, spürte die Walther dort, kalt an seiner Hand, direkt neben einem Päckchen Tabak.
    «Niemand weiß, daß ich hierher zurückgekommen bin», sagte sie. «Jeder könnte dich erschossen haben. Bis Geordie wieder zu sich kommt, falls er jemals wieder zu sich kommt, könnte ich längst das Land verlassen haben.»
    «Dann wirst du mich also erschießen?»
    Sie hatte sich noch nicht entschieden. Doch mit jedem verstreichenden Augenblick kam sie einer Entscheidung näher. Sie nickte langsam.
    «Ohne mir zu erzählen, was passiert ist?»
    «Du hast es doch bereits erraten», sagte sie. «Frances war meine Schwester.»
    «Das weiß ich. Ich habe deine Geburtsurkunde gelesen.»
    «Frances hatte die fixe Idee, daß Graham wollte, sie sollte alle Leute aus der Hausgemeinschaft umbringen. Ich erkannte darin eine einfache Möglichkeit, Terry loszuwerden. Sie würde ihn umbringen, und ich hätte dich als Alibi.»
    «Aber du hast die beiden anderen Frauen ermordet», sagte Sam. «Lotta Jensen und diese andere, die Neuseeländerin.»
    Die Blondine schüttelte den Kopf. So etwas wie ein Lächeln tauchte auf ihrem Gesicht auf. «Nein», sagte sie. «Frances hat sich meinen Paß ausgeliehen. Sie hatte eine blonde Perücke und hat genau wie ihre Schwester ausgesehen.»
    «Das Gesicht des Henkers...», sagte Sam. «Und heute abend bist du dann in Panik geraten, als ich sagte, ich würde zu Frances fahren. Du hast zuerst Geordie niedergeschossen und bist dann zu Frances, um auch sie zu erschießen.»
    «Es ist zu schade, daß du alles weißt», sagte Jane. «Wir kamen doch so gut miteinander aus. Jetzt läßt du mir keine andere Wahl mehr.» Hielt sich für kugelsicher.
    «Eine letzte Zigarette?» fragte er. «In Erinnerung an die gute alte Zeit?»
    «Beweg dich ganz langsam», sagte sie.
    Sam nahm das Päckchen Tabak und Zigarettenpapier aus der Tasche. Er fand eine Schachtel Streichhölzer und riß eines an, hielt es an die Zigarette. Stieß eine Rauchwolke aus, allerdings nicht genug, um sich dahinter verstecken zu können. Die Blondine mit der Kanone war immer noch da, als sich der Qualm verzog.
    «Eine Hand wieder in die Tasche», befahl sie.
    «Du bist so aufmerksam, Jane.»
    Sie schüttelte den Kopf. Irgendwo darin mußte der Anflug eines Lächelns gewesen sein, aber es zeigte sich nicht. «Du bist ein komischer Mann, Sam», sagte sie, «aber es ist nicht der richtige Augenblick für Witze.»
    Es war ihm gelungen, die Walther zu umklammern und auf sie zu richten. Einen Moment dachte er, er müßte sie vielleicht doch nicht benutzen, als sie zögerte, ein paarmal blinzelte und die Kanone in ihrer Hand abschwenkte. Doch eine Sekunde später war sie wieder auf seinen Kopf gerichtet. Sam sah direkt in die Mündung. Er blinzelte und sah dann in ihre Augen, und er wußte, daß sie es tun würde.
    «Du willst mich nicht mal meine Zigarette zu Ende rauchen lassen?» fragte er. Ihr Finger begann sich um den Abzug zu legen. Sie würde es jetzt machen. Die Worte waren ihr ausgegangen.
    Sam schoß durch die Tasche. Er dachte, es würde sie irgendwo am Oberschenkel erwischen, aber die Waffe ruckte, als er den Abzug zog. Ruckte! Mein Gott, sie machte beinahe einen Purzelbaum. Und der Lärm, Himmel! Draußen war es schon schlimm genug gewesen, als er sie durch die Autoscheibe abgefeuert hatte, aber im Haus klang es wie ein Zugzusammenstoß. Sie ließ ihre Kanone fallen, und sie sahen beide zu, wie die Waffe auf den Teppichboden fiel. Die Kanone ging ebenfalls los, die Kugel erwischte das Klavier und sorgte für einen eigenen Nachhall. Jane umklammerte ihren Bauch. Sie sagte nichts, sah einfach nur völlig überrascht aus, als sei etwas passiert, woran sie nicht einmal gedacht hatte.
    Sie sackte zuerst auf die Knie, dann stürzte sie nach hinten und lag auf dem Rücken,
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