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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas
Autoren: Stephanie Gercke
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überdeutlich gewesen. »Dann kannst du nur hoffen, dass sie dich erschießen, bevor die Hunde dich zerfleischen!«
    Wurde das Gebell lauter? Kamen die Hunde näher? Vor Jahren, nachts im Busch, hatte er jene entsetzlichen Laute gehört: Knurren, Grollen, Jaulen, dazwischen jämmerliches Blöken, dann ein Schrei, der sich ins Kreischen steigerte und in einem langen Seufzer erstarb. Danach nur noch Schmatzen, Knacken von Knochen, Schlürfen von Blut. Im Scheinwerferlicht hatte er sie dann entdeckt: eine Meute von Hyänen, die eine zierliche Impala gerissen hatten. Ihre Gesichter waren nass vom Blut der Gazelle, es tropfte ihnen von den Lefzen, färbte ihre Brust und ihre Läufe. Kurz hatten sie in das Licht gestarrt, dann machten sie sich wieder über ihre Beute her. Würde er bald die Beute der Ridgebacks sein, würden sie sein Blut trinken?
    Halt die Klappe, du Bastard, schrie er sich innerlich an, du musst für sie und die Kinder am Leben bleiben!
    Die Polizei war längst bei ihr aufgetaucht, dessen war er sich sicher, die Agenten, die Männer mit den kalten Augen und harten Gesichtern. Sie würden fragen, fragen, fragen, immer wieder fragen. Wo ist Ihr Mann, raus mit der Sprache, wo ist Ihr Mann? Und dann schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, den er bisher nicht zugelassen hatte. Was würden diese Männer einsetzen, um sie zu einer Antwort zu zwingen? Er stöhnte auf. Wie habe ich sie allein lassen können, was habe ich ihr
    angetan? Er sah sie vor sich. Sie war so schmal geworden in den letzten zwei Wochen, ihre blauen Augen hatten ihren Glanz verloren, ihr Lachen, dieses strahlende Lachen, war verschwunden, hatte einer marmornen Versteinerung Platz gemacht,
    Er stolperte, fühlte den Schlag der Waffe des Wildhüters im Kreuz, und das riss ihn aus seiner Verzweiflung, seine Kraft kehrte wieder. Ich bringe dir dein Lachen zurück, Liebes, ich verspreche es! Er richtete sich auf. Seine Häscher würden leer ausgehen. Kleine Fliegen krochen ihm in Nase und Ohren, saßen auf seiner Wunde, bissen schmerzhaft zu, sobald sie einen Tropfen Feuchtigkeit fanden, winzige Zecken überfielen ihn, hingen mittlerweile in Trauben an seinen Beinen. Die Stellen, wo sie ihre Kieferklauen tief in seine Haut geschlagen hatten, juckten zum Rasendwerden, aber das ließ seinen Widerstand nur umso größer werden. Das Gebell erstarb, die Hunde schienen die Fährte wieder verloren zu haben. Sein Herz schlug wieder normal. Sie gingen weiter. Der schlammige Fluss neben ihnen gurgelte leise, der Pegel in der Sommerhitze war so weit abgesunken, dass sich Sandinseln in seinem Bett gebildet hatten. Weiße Reiher und Pelikane standen in Gruppen, putzten ihr Gefieder oder verschliefen den heißen Tag mit dem Kopf unter den Flügeln. Ein Nashornvogel quorrte. Auf den abgeschliffenen Felsen in Ufernähe lagen übereinander fußballgroße
    Halbkugeln.
    Schildkröten, dachte der Gefangene und wünschte sich, sie seinen Kindern zeigen zu können, wie er es ihnen schon so lange versprochen hatte. Aber immer war »morgen« noch Zeit dazu gewesen. Bis zum letzten Donnerstag, als es diese Zeit plötzlich nicht mehr für ihn
    gab.
    Vielleicht sind es ja nur Hyänen, hoffte er, und nicht die Polizisten mit ihren Löwenhunden. Gab es hier überhaupt Hyänen? Er rieb seine Handgelenke aneinander, versuchte, den Knoten zu lösen, der sie fesselte, doch der Wildhüter hielt den Strick straff. Jede Bewegung zog ihn enger zu, schnürte ihm das Blut in den Händen ab. Mistkerl!

    10
    Eines Tages werde ich sie hierher führen, schwor er sich und schätzte die Breite des Flusses ab und ob er es schaffen würde, ihn zu überqueren, bevor ihn die Kugeln des anderen trafen. Unmerklich ging er langsamer, der Strick hing durch, und mit einem heftigen Ruck gelang es ihm, die Schlinge um seine Handgelenke etwas zu lockern. Sofort drehte er sie so, dass der Wildhüter es nicht bemerkte. Die rote Erde unter seinen Füßen war von vielen Hufen zu feinem Staub gemahlen. Kaum merklich war die Luft weicher geworden, leichter zu atmen als dieser glühend heiße Hauch, der geradewegs aus einem Hochofen zu entweichen schien. Auch die Pflanzen wuchsen üppiger, ihr Grün war saftiger als in der ausgetrockneten Savanne. Es musste ein größeres Wasserloch in der Nähe sein. Ein lianenumrankter Ast bog sich über den Weg, Blattranken griffen nach ihm, Dornen wie große Widerhaken rissen an seiner Kleidung. Eben wollte er ihn mit den Schultern aus dem Weg schieben, als er die grüne
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