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Inferno

Inferno

Titel: Inferno
Autoren: Edward Lee
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war ihr ein absolutes Rätsel. Zu viel war zu schnell passiert, um noch mitzukommen.
    Eines zumindest hatte sie aber verstanden: den diabolischen Hass ihrer Zwillingsschwester, der Cassie traurig und hilflos zurückließ. Wem sonst sollte Lissa die Schuld an ihrer Verdammnis geben, wenn nicht Cassie? Wenn sie an jene Nacht zurückdachte – die Nacht, in der Lissa erst Radu und dann sich selbst erschossen hatte -, dann hatten Cassies eigene Betrunkenheit und ihre innersten Ängste sie schwach gemacht und dadurch in Radus Arme getrieben. Seine sexuellen Absichten in Bezug auf sie waren keine Entschuldigung, ebenso wenig wie sein Betrug, seine dreisten Lügen und seine Bereitschaft, Lissa zu betrügen.
    In Cassies Herz und Verstand konnten all diese Tatsachen niemals entschuldigen, was in jener Nacht geschehen war.
    Und sie wusste, sie würde diese Schuld wie einen Sack schwerer Ziegelsteine immer mit sich herumtragen, für den Rest ihres Lebens.
    Es war eine Last, die ihr niemals vollständig abgenommen werden konnte.

II

    Nach dem Showdown in Blackwells Haus war Cassie sicher zurück in Ezoriels geheime Festung nektoportiert worden, in das Schloss des Gefallenen Engels, das gleichzeitig das Hauptquartier der Aufständischen von Satan Park war. Inzwischen hatte sie sich schon an die königliche Behandlung gewöhnt, in Anbetracht ihrer Kräfte als auch ihres Status als Tochter des Äthers und Erste Heilige der Hölle. Sie wurde gewaschen, gefüttert und von allen nur denkbaren Dienern und metaphysischen Ärzten umsorgt, dann durfte sie sich unter Bewachung von den beschwerlichen Nachwirkungen ihrer Manipulation der Reliquie der Macht erholen. Die dringend nötige Ruhe erfrischte sie schneller wieder, als sie gedacht hätte.
    Was Ezoriel und seine Armee betraf, so war ihre Niederlage in den Fleischlabyrinthen zwar gewaltig, aber nicht vernichtend gewesen. Unzählige Soldaten des Gefallenen Engels waren vernichtet worden, aber ihr Verlust war nicht umsonst gewesen. Diese bislang größte Invasion der Labyrinthe hatte immerhin einige Erkenntnisse in logistischer und geheimdienstlicher Hinsicht gebracht, und diese würden ihnen bei künftigen Angriffen auf die Herrschaft Luzifers von Nutzen sein.
    Dessen war Cassie sich sicher.
    Denn es würde weitere Überfälle geben. Ezoriel und seine Armee würden niemals von ihrem Ziel abrücken, Gottes ehemaligen Favoriten zu entthronen.
    Was aber weiterhin an Cassie nagte, war die Sache mit Lissa. Es gab so viel zu überlegen. Lissas Täuschung war jetzt wenigstens besser zu durchschauen, nachdem Cassie Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Ihre Maskerade als »Xeke« mittels der neuesten und fortgeschrittensten Technologien der Transfigurationschirurgie ermöglichten es ihr, sich einfach, aber effektiv unters Volk zu mischen und Via und Hush zu täuschen. Als Zwiegesicht konnte Lissa sich als eine der ihren ausgeben, ihr Vertrauen untergraben und vorgeben, ihre Ideale als Abtrünnige der Verdammten zu teilen. Die Merkmale eines wahren Ätherkinds konnte Lissa ebenso leicht erkennen: eine sexuelle Jungfrau in der Welt der Lebenden und zugleich Zwillingsschwester einer andern Jungfrau. Cassie.
    Der Rest war simpel, er ergab sich schlicht aus der Ordnung der Hölle selbst und den diabolischen Motivationen, die hier der Status quo waren.
    Ewige Verdammnis erzeugt ewigen Hass.
    Und ewige Gier.
    Was Cassie aber am meisten irritierte, waren einige der Dinge, die sie kurz vor ihrer Rettung in Blackwells Folterkammer mit angesehen hatte.
    Zunächst mal: Wie hatte Lissa so schnell von dort verschwinden können, und warum? Cassie konnte nur vermuten, dass ihre Schwester dadurch, dass sie ganz offensichtlich mit den Constablern gemeinsame Sache machte, Zugang zu anderen, neueren magischen Transporttechnologien der Constabler hatte. Kein Nektoport war im letzten Moment aufgetaucht, um Lissa fortzuschaffen.
    Sie war einfach verschwunden.
    Noch merkwürdiger waren Lissas letzte Worte. Es schien, als hätte sie Ezoriel schon früher gekannt. Sie hatte angedeutet, dass sie einst Freunde waren.
    Cassie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie so etwas möglich sein sollte.
    Bis sie Ezoriel selbst fragte.

III

    Sie stand auf einem hohen Wall auf dem höchsten Turm von Ezoriels Festung. Die geheime Ebene der Niederen Sphären schienen jeglichem Verständnis von Geografie zu trotzen, selbst in der Hölle. War es eine Festung in den Wolken? Gab es noch einen anderen Bereich der Mephistopolis? Als sie das
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