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Infantizid

Titel: Infantizid
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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solle sofort die Mordkommission verständigen.«
    Â»Ist gut. Informieren Sie unsere Kriminaltechniker Fischer und Leichenkolbe, den Staatsanwalt, den Gerichtsmediziner und meine Mitarbeiter Hubaczek und Kratzenstein. Die haben alle Bereitschaft. Lassen Sie weiträumig absperren. Kein Fahrzeug und keine Person verlassen den Tatort bis zu meinem Eintreffen.« Damit legte er auf.
    Mit dem Beamten, der diese Meldung so weitergegeben hatte, würde er später reden. Bräunig hoffte für ihn, dass er entweder noch sehr jung und unerfahren war oder eben erst von der Polizeischule kam. Er hasste unprofessionelles Verhalten von Polizisten, egal, in welchen Abteilungen sie ihren Dienst taten.
    Nachdem er seine Frau angerufen hatte, keimte ein schlechtes Gewissen in ihm auf. Er gab den unerwarteten Einsatz als Grund für sein Nichterscheinen an. Ich muss meiner Frau mehr Aufmerksamkeit schenken, sonst endet meine Ehe wie bei den meisten anderen Polizisten, nahm er sich fest vor.
    Also, dann wollen wir uns mal diese komische Situation ansehen, dachte Bräunig, als er das Blaulicht auf dem Dach seines Dienstwagens einschaltete und mit Sondersignal zum Classic-Center durch Weimar raste. Der Wind fegte die ersten feinen Regentropfen über die Stadt.
    Kriminalhauptkommissar Bräunig, der diesen Dienstrang schon mit 38 Jahren erworben hatte und der jüngste Leiter einer Mordkommission in Thüringen war, konnte nicht ahnen, dass das der Anfang einer Kette von Ereignissen war, die die Bundesrepublik Deutschland an den Rand einer Katastrophe bringen sollten.

    Ungefähr zur selben Zeit freute sich Matti Klatt auf die kommenden Stunden. Er fuhr sein Auto in eine gerade frei werdende Parklücke vor seinem Fitnessstudio, dem ›Planet of Motion‹, kurz ›POM‹. Es war die beste Idee seit Jahren gewesen, in der Freizeit wieder als Trainer zu arbeiten. Man tat etwas für seinen Körper, traf Leute, die das gleiche Hobby hatten, konnte sich richtig abreagieren und den Frust rauslassen. Und dann gab es noch eine weitere angenehme Komponente: Die Hintern von 70 Prozent der weiblichen Besucher in ihren engen Trainingssachen. Selbst beim Sport achteten sie besonders darauf, gut auszusehen. Für einige war der Besuch im Fitnessstudio möglicherweise eine Gelegenheit, ihr Singledasein zu beenden. Matti Klatt war Spinning Master. Spinning bedeutete nichts anderes, als dass man das Radfahren von der Straße in einen geschlossenen Raum verlegte. Zu schneller Musik wurde unter Anleitung eines Instruktors in der Gruppe gefahren. Nach einer Stunde fühlte man sich, dank der ausgeschütteten Glückshormone, sehr gut. Matti Klatt gab mehrere Stunden pro Woche, für Anfänger und Leute, die lediglich Fett verbrennen wollten, bis hin zu den Fortgeschrittenen, die eine Stunde lang am oberen Limit der Herzfrequenz fuhren. Und wenn er sowieso schon im Studio war, hing er immer noch eine Stunde Gerätetraining dran. Seit einiger Zeit bemerkte er nun auch positive Veränderungen an seinem Körper. Die Fettschicht, die sich vor zwei Jahren um seinen Leib gelegt hatte, war so gut wie weg. Die Arm-, Schulter- und Brustmuskulatur zeichnete sich deutlich ab. Er war jetzt 43 und fühlte sich wie 30, als er noch Mitglied der Antiterroreinheit gewesen war. Sein Haar war grau, aber voll, er hatte blaue Augen und maß 1,84 Meter. Matti Klatt schloss sein Auto ab, schulterte seine Sporttasche und betrat das ›POM‹.
    Der Nieselregen wurde allmählich stärker.

    Hauptkommissar Bräunig brauchte nur ein paar Minuten bis zum nahe gelegenen Classic-Center. Er fuhr vom Parkplatz seiner Dienststelle die Carl-von-Ossietzky-Straße entlang, bog links in die Friedrich-Ebert-Straße ein und lenkte seinen Wagen dann geradeaus bis zum Center. Es war eines dieser Gebäudekomplexe, wie sie momentan überall im Land gebaut wurden, unzählige Läden befanden sich unter einem Dach. Als er in die Nähe der großen Parkplätze des Einkaufscenters kam, sah er die Absperrungen. Die kontrollierenden Beamten erkannten Bräunig und winkten ihn durch. Blaulicht und Sondersignal hatte er kurz vor seinem Eintreffen abgeschaltet.
    Der Parkplatz war fast leer, nur vereinzelt standen noch ein paar Autos. Vermutlich von den Angestellten des Centers oder von Leuten des umliegenden Wohngebietes, die vor ihren Haustüren keine Parkmöglichkeiten mehr gefunden hatten, überlegte
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