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Infantizid

Titel: Infantizid
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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werden würde. Der das hier veranstaltet hat, war sich seines Handelns in jeder Sekunde bewusst. Irgendwie beschlich Bräunig das Gefühl, dass dieser Fall keine übliche Tagebuchnummer werden würde.
    Â»Wo, zum Teufel, bleiben die Techniker?«, fragte er mehr sich selbst. Kurzzeitig überkam ihn wieder ein ungutes Gefühl, dass er seine Frau ausgerechnet am heutigen Tag allein lassen musste.

    Matti Klatt führte gerade das Cool-Down, das Abwärmen, mit seiner Trainingsgruppe durch. Er beließ es heute bei der einen Einheit Spinning. Die Stunde hatte ihm viel abverlangt. Lieber in die Sauna gehen, um Körper und Seele zu entspannen. Wozu nach Hause fahren? Da bestand die Gefahr, dass das Nachdenken und das ewige Grübeln wieder einsetzten. Es geschah zwar nicht mehr so häufig wie am Anfang des Jahres, aber es war noch lange nicht vorbei.
    Vor ziemlich genau zehn Monaten hatte ihm seine Frau, als sie abends auf dem Sofa saßen, einen Brief mit den Worten übergeben, es sei zwar nicht der günstigste Zeitpunkt, aber irgendwann müsse es sein. Darin hatte gestanden, dass sie es satt habe, immer nur aufs Geld zu schauen, in so einem Kaff zu leben und dass sie die Trennung überhaupt schon vor zehn Jahren hätte herbeiführen sollen. Matti Klatt hatte nicht glauben können, was er da gelesen hatte. Es war ihre Idee und ihr großer Traum gewesen, raus aus der Stadt zu ziehen, ein Haus auf dem Land zu bauen, mit einem schönen großen Garten, wo auch die kleine Maria für ein paar Minuten unbeobachtet spielen konnte und man nicht immer Angst haben musste, es könnte etwas passieren, wenn sie ohne Aufsicht blieb. Was das Geld betraf, hatte sie recht gehabt, aber zu schaffen war es immer noch gewesen. Sie hatte über einen gut bezahlten Job bei den Stadtwerken verfügt und er war Geschäftsführer seiner eigenen Firma gewesen. Diese hatte Produkte entwickelt, welche es auf dem Markt noch nicht gegeben hatte. Der Nachteil des Geschäftes war gewesen, dass man viel Geld benötigt hatte. Seinen Schätzungen zufolge machte eine gute Idee gerade mal fünf Prozent des Aufwandes aus, eine Erfindung zu vermarkten. Wer wollte in diesen schwierigen Zeiten ein Risiko mit einem neuen Produkt eingehen? Im Laufe von zwei Entwicklungsjahren mussten alle Kosten gedeckt werden, auch das Gehalt des Geschäftsführers. Und das war in den vergangenen Monaten nicht gerade üppig gewesen. Zu allem Überfluss war kurz nach der Markteinführung des neuesten Produktes bekannt geworden, dass ein Zulieferer seine Hausaufgaben nicht richtig gemacht hatte. Die Elektronik hatte erhebliche Mängel aufgewiesen. An dem Tag, als Matti Klatt die Entscheidung für die Einstellung der Produktion hatte treffen müssen, hatte ihm seine Frau am Abend jenen Brief serviert.
    Kaum zu glauben, aber das war schon wieder fast ein Jahr her. Er ging in den Umkleideraum, zog sich aus und begab sich in die Sauna, in der Hoffnung, diese Gedanken jetzt schnell wieder abschütteln zu können.

    Der Gerichtsmediziner, Staatsanwalt Dr. Rudolf Müller und die Kriminaltechniker trafen fast alle zur selben Zeit ein. Nach der Begrüßung informierte Hauptkommissar Bräunig jeden über den aktuellen Stand der Dinge. Die beiden Techniker zogen ihre fusselfreien Ganzkörperoveralls an und begannen sofort mit der Arbeit. Bräunig kannte ihre exakte Arbeitsweise von anderen Tatorten, schätzte sie und wusste, dass sie alles Relevante finden würden. Egal, wie lange es dauern würde, die Zeit war dabei nicht entscheidend, sondern das Ergebnis, das war ihre Maxime. Einer von ihnen, Peter Fischer, 46 Jahre alt, hatte sogar einmal den Chef der Polizeidirektion, einen Staatsanwalt und einen Staatssekretär aus dem Innenministerium brüllend aus einer Wohnung geworfen, in der eine Frauenleiche gefunden worden war. Wie sich später herausstellte, war sie eine Edelprostituierte gewesen. Warum diese drei Herren noch vor Eintreffen der Mordkommission und der Techniker dort waren, blieb rätselhaft. Für Fischer waren es einfach Deppen, die ihm die Untersuchungen erschwerten, indem sie wichtige Täterspuren vernichteten und ständig störend im Weg herumstanden. Wenn es um seine Tatortarbeit ging, kannte er keine Vorgesetzten und keine Freunde. Einen Rüffel bekam er übrigens nie für seine Wutanfälle, weil sie in dieser Hinsicht wohl berechtigt waren. Er war
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