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Infantizid

Titel: Infantizid
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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Bräunig, im Schritttempo fahrend.
    Die Fläche vor dem Center war in jeweils sieben Ein- und Ausfahrten aufgeteilt. Ganz am Ende, gegenüber dem Eingang, sah er ein Streifenfahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht, direkt daneben stand der Geldtransporter.
    Nachdem Hauptkommissar Bräunig aus seinem Opel ausgestiegen war, kam ein uniformierter Polizist auf ihn zu und salutierte. Na, bravo, es hat nur noch der Stechschritt auf den letzten Metern gefehlt, dachte Bräunig.
    Â»Polizeimeister Klimm, Herr Hauptkommissar. Ich war als Erster am Tatort und habe den Diensthabenden informiert.«
    Â»Es sei dir noch einmal verziehen«, murmelte Bräunig vor sich hin. Der Polizist war tatsächlich jung und schien sehr eifrig zu sein. Er war einer der Absolventen der Polizeischule, die im vorigen Monat der Inspektion Weimar zugeteilt worden waren. Offenbar hatte er sich vertan, als bei der Verteilung der Uniformen nach seinem Kopfumfang gefragt wurde, die Dienstmütze war viel zu groß, sie saß direkt auf seinen Ohren.
    Â»Erzählen Sie mal, Polizeimeister Klimm.« Bräunig unterdrückte ein Schmunzeln.
    Klimm rückte aufgeregt seine Mütze zurecht und begann mit seinem Bericht. »Der Chef des Supermarktes rief die Polizei an, nachdem er kurz vorher einen Anruf von der Zentrale des Sicherheitsdienstes bekommen hatte. Alle Geldtransporter, die sich im Einsatz befinden, müssen alle 15 Minuten ein Signal in die Zentrale senden, um sicherzustellen, dass alles nach Plan läuft. Als das Signal dieses Fahrzeugs hier nach 20 Minuten mehr als überfällig war, versuchte die Zentrale, über Funk die beiden Sicherheitsleute zu erreichen, aber sie erhielten keine Antwort. Daraufhin prüften sie den Routenplan und stellten fest, dass das Classic-Center angefahren werden sollte. Der Marktleiter gab der Zentrale die Auskunft, dass das Geld wie üblich ohne Zwischenfälle abgeholt worden war. Er wurde gebeten, auf den Parkplatz zu schauen, ob er den Geldtransporter noch sehen könne. Kurze Zeit später fand er ihn unverschlossen und ohne Personal vor. Es war 15 Minuten nach acht, als die Meldung kam, und da ich mich mit meinem Streifenwagen in der Nähe befand, fuhr ich sofort hierher. Nach kurzer Suche fand ich die beiden Sicherheitsleute dort im Gebüsch.«
    Â»Was veranlasste Sie zu der Beschreibung ›komisch‹?«, hakte Bräunig nach.
    Klimm bemerkte den Schuss Ironie, sagte aber lieber nichts dazu. Er hatte in seiner kurzen Dienstzeit schon von Bräunig gehört. Sein Respekt vor ihm war groß.
    Â»Bitte kommen Sie mit, Herr Hauptkommissar«, forderte er Bräunig auf.
    Nach einigen Schritten blieben sie ein paar Meter vor den Toten stehen. Die Kriminaltechniker waren noch nicht da. Klimm nestelte an seiner Jacke herum und wurde nervös. Das waren die ersten Leichen, die er sah.
    Immerhin, er hält sich besser als ich damals, überlegte Bräunig. Bei meiner ersten Leiche habe ich mich dermaßen übergeben, dass ich dachte, meine Innereien kommen mit heraus. Der Tote zu jener Zeit war ein älterer Mann gewesen, welcher geglaubt hatte, dass die Welt hoffnungslos verseucht war. Er hatte beschlossen, sich selbst zu konservieren und sich Formalin in seinen Unterarm gespritzt, was zur Folge hatte, dass er bei seinem Auffinden steif wie ein ausgestopftes Präparat gewesen war. Da er zudem erst einige Tage später nach der Tat in seiner Wohnung entdeckt worden war, hatte es darin wie in einer Abdeckerei gestunken.
    Â»Ich habe mir Folgendes überlegt«, sagte Klimm. »Fast immer werden solche Überfälle mit Schusswaffen durchgeführt. Bei den beiden konnte ich aus der Entfernung jedoch keine Schussverletzungen feststellen. Üblicherweise versuchen die Täter so schnell wie möglich vom Tatort wegzukommen. Diese hier wurden nicht einfach liegen gelassen, sondern weiter weg in das Gebüsch getragen. Professionell und eiskalt. Schleifspuren konnte ich auf den ersten Blick auch nicht erkennen.« Er hatte sich inzwischen mit dem Rücken zu den Leichen gestellt und schaute Bräunig an.
    Nicht schlecht, Polizist Mütze, dachte der. Möglicherweise wird ja mal ein brauchbarer Mitarbeiter aus dir.
    Ja, es war denkbar. Die ersten Schlüsse konnten richtig sein. Natürlich mussten die Techniker den Boden noch nach Spuren absuchen, was bei dem rissigen Beton und dem gerade einsetzenden Regen nicht einfach
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