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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Isabel Allende
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in Schweiß schwamm. »Einen grauenvollen Tod soll er sterben, dieser Elende!« brüllte er grimmig.
    Einen grauenvollen Tod. Von denen gibt es hierzulande so viele, daß sie uns auf ewig die Seele beschweren werden. Ich muß kurz innehalten und erklären, daß Valdivia seine Drohung gegen Lautaro nicht wahrmachen konnte, denn der starb einige Jahre später im Kampf an der Seite von Guacolda. Binnen kürzester Zeit verbreitete dieses militärische Genie Angst und Schrecken unter den spanischen Siedlern des Südens, die Städte mußten geräumt werden, und Lautaro gelangte mit seiner Streitmacht fast vor die Tore Santiagos. Damals waren die Mapuche bereits in Massen dem Hunger und den Seuchen erlegen, aber Lautaro kämpfte weiter mit einem kleinen, sehr disziplinierten Heer, dem auch Frauen und Kinder angehörten. Nur wenige Jahre führte er selbst mit meisterhafter Klugheit und unbändigem Mut diesen Krieg, doch genügten die, um den Aufstand der Mapuche anzufachen, der bis heute nicht erloschen ist. Rodrigo sagte einmal, die Geschichte habe nur wenige Feldherren hervorgebracht, die sich mit diesem jungen Mann vergleichen dürften, der aus einem Haufen halbnackter Wilder das am meisten gefürchtete Heer Amerikas formte.
    Nach Lautaros Tod trat der Toqui Caupolicán an seine Stelle, der ebenso mutig, aber nicht derart gerissen war, in Gefangenschaft geriet und verurteilt wurde, durch Pfählung zu sterben. Es heißt, als seine Frau Fresia ihn in Ketten sah, habe sie ihm das erst wenige Monate alte Kind vor die Füße geworfen und geschrien, sie wolle den Sproß einesBesiegten nicht säugen. Aber das ist wohl auch eine dieser Kriegslegenden, wie die von der Jungfrau, die während einer Schlacht am Himmel erschien. Als sich der angespitzte Pfahl langsam durch Caupolicáns Eingeweide trieb, hörte man keinen Laut der Klage von ihm, so jedenfalls erzählt es der junge Zurita in seinen Versen. Oder hieß er Zúñiga? Großer Gott, mir entfallen die Namen, wer weiß, wie viele Fehler dieser Bericht schon enthält. Zum Glück war ich nicht dabei, als Caupolicán die gräßliche Marter erdulden mußte, und habe auch nie zugesehen, wenn aufständischen Indios »auf die Sprünge geholfen« wurde, eine beliebte Strafe, bei der man ihnen die Hälfte des rechten Fußes abhackt. Ihren Willen bricht das nicht; humpelnd kämpfen sie weiter. Und als man einem anderen Stammesführer, Galvarino, beide Hände abhackte, ließ er sich die Waffen an die Armstümpfe binden und kehrte zurück in die Schlacht. Wie sollten die Eingeborenen nach allem, was wir ihnen angetan haben, Erbarmen mit uns haben? Das Grauen gebiert neues Grauen in einem nie endenden Kreislauf.
    Valdivia teilte seine Männer in Gruppen ein, vorneweg die Soldaten zu Pferd, dahinter die Yanaconas zu Fuß, und schickte sie den Hügel hinunter. Ihm war klar, daß er die Kavallerie nicht wie sonst einen Sturmangriff reiten lassen konnte, weil die Pferde von den Lanzen der Mapuche, die offenbar europäische Kampftaktik gelernt hatten, aufgespießt worden wären. Zunächst mußten die Lanzenträger entwaffnet werden. Beim ersten Zusammenstoß behielten Spanier und Yanaconas die Oberhand, und nach einem heftigen und unerbittlichen, aber kurzen Kampf zogen die Mapuche sich zum Fluß zurück. Mit Triumphgeschrei begleiteten die Spanier den Abzug, und Valdivia befahl, ins Fort zurückzukehren. Seine Soldaten glaubten bereits an den sicheren Sieg, aber seine Unruhe wollte nicht weichen, denn die Mapuche hatten in perfekter Ordnung agiert. Von der Kuppe des Hügels aus konnte er sehen, wie sieam Fluß ihren Durst stillten und ihre Wunden wuschen, eine Erleichterung, die seinen Männern verwehrt blieb. In diesem Augenblick hörten sie das Gekreisch, und aus dem Wald tauchte ein neuer Trupp von Eingeborenen auf, ausgeruht und in geordneter Schlachtformation, genau wie beim Kampf gegen Juan Gómez in Purén, wovon Valdivia jedoch nichts wußte. Zum ersten Mal dämmerte dem Generalhauptmann der Ernst seiner Lage; bis zu diesem Augenblick hatte er geglaubt, er sei der Herr in Araukanien.
    Bis zum Abend ging die Schlacht in dieser Weise weiter. Verwundet, durstig und erschöpft, mußten es die Spanier in jeder neuen Runde mit einem ausgeruhten und gut gestärkten Regiment von Kriegern aufnehmen, während die abgelösten am Fluß neue Kräfte sammelten. Die Stunden vergingen, Spanier und Yanaconas fielen, und die ersehnte Verstärkung durch Juan Gómez blieb aus.
    Es gibt niemanden in Chile,
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