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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Isabel Allende
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Und so fielen, einer nach dem anderen, sechs der Berittenen. Die acht übrigen, etliche davon schwer verwundet, setzten ihre verzweifelte Flucht bis zum Eingang einer Schlucht fort, wo ein weiterer sein Leben geben mußte, um ihnen das Fortkommen zu ermöglichen. Auch er wurde in wenigen Minuten niedergemacht. Da strauchelte das Pferd von Juan Gómez, das ausmehreren Pfeilwunden an den Flanken blutete, und brach zusammen. Mittlerweile war es Nacht geworden und jeder Schritt in dem stockfinsteren Wald ein blindes Tappen.
    »Steigt auf meine Kruppe, Hauptmann!« rief einer der Soldaten.
    »Nein! Reitet weiter und haltet Euch nicht mit mir auf !« befahl Juan Gómez, der sich schwer verwundet wußte und sicher war, daß keins der Pferde das Gewicht von zwei Männern würde tragen können.
    Die Soldaten mußten ihm gehorchen und entfernten sich im weglosen Dunkel, während er sich abseits ins Dickicht schlug. Nach vielen grauenvollen Stunden erreichten die sechs Überlebenden das Fort von Purén, wo sie ihren Kameraden die grausige Kunde brachten, ehe sie erschöpft zu Boden sanken. In Purén blieben sie nur so lange, bis das Blut ihrer Wunden gestillt war und die Pferde sich wieder rühren konnten, dann brachen sie in einem Gewaltmarsch auf nach La Imperial, das damals nicht mehr als ein Dorf war. Die Verwundeten, für die Hoffnung bestand, wurden von Yanaconas in Hängematten getragen, aber denen, die im Sterben lagen, hatte man einen schnellen und würdigen Tod bereitet, damit die Mapuche sie nicht lebend fänden.
    Unterdessen versanken die Füße von Juan Gómez im Schlamm, denn er war in eine Senke geraten, die der Winterregen in einen zähen Morast verwandelt hatte. Obwohl er aus mehreren Pfeilwunden blutete, vor Erschöpfung keuchte, durstig war und seit zwei Tagen nichts gegessen hatte, war er noch nicht bereit, sich dem Tod zu ergeben. Fast blind schleppte er sich zwischen den Bäumen und dem Unterholz weiter. Er konnte nicht bis zum Morgen warten, die Nacht war seine einzige Verbündete. Deutlich hörte er das Triumphgeheul der Mapuche, als sie sein gestürztes Pferd fanden, und er betete darum, daß das edle Tier, das ihn in vielen Schlachten getragen hatte, bereits tot wäre.Oft marterten die Indios verwundete Pferde, um sich an ihren Reitern zu rächen. Rauch stieg ihm in die Nase, seine Verfolger ahnten wohl, daß der Reiter noch nicht weit gekommen war, und hatten Fackeln entzündet, um ihn im Dickicht aufzustöbern. Er legte die Rüstung ab, zog seine Kleider aus, ließ alles im Schlamm verschwinden, und nackt drang er tiefer und tiefer vor in den Morast. Die Mapuche waren schon ganz nah, er konnte ihre Stimmen hören und sah den Schein der Fackeln.
    Und an dieser Stelle brach Cecilia, deren makabrer Humor spanisch anmutet, in unbändiges Lachen aus, als sie mir die schrecklichen Ereignisse jener Nacht schilderte. »Mein Mann versank dort im Sumpf ganz genau, wie ich es ihm prophezeit hatte!« prustete sie.
    Mit seinem Degen hieb Juan Gómez ein Schilfrohr ab, und dann wühlte er sich vollständig in den fauligen Schlick. Er wußte nicht, wie viele Stunden er dort nackt, mit offenen Wunden im Morast lag, das Heft seines Degens umklammerte, seine Seele Gott anempfahl, an seine Kinder und an seine Frau dachte, diese traumschöne Prinzessin, die einst ihrem Palast Lebewohl gesagt hatte, um mit ihm ans Ende der Welt zu gehen. Mehr als einmal spürte er die Schritte seiner Verfolger, die nicht ahnten, daß der Mann, den sie suchten, im Schlamm begraben lag und mit Mühe durch ein Schilfrohr Atem schöpfte.
    Die Sonne stand schon hoch am nächsten Morgen, als die Männer auf ihrem Weg nach La Imperial ein albtraumhaftes Wesen gewahrten, das sich, mit Blut und Schlamm bedeckt, durch das Dickicht auf sie zu schleppte. An dem Degen, den er nicht aus der Hand gelegt hatte, erkannten sie Juan Gómez, den Hauptmann der ruhmreichen Vierzehn.
    Zum erstenmal seit Rodrigos Tod habe ich letzte Nacht etliche Stunden am Stück geschlafen. Zwischen Wachenund Träumen spürte ich bei Tagesanbruch einen Druck auf der Brust, der mein Herz beengte und mir das Atmen erschwerte, doch war mir nicht bang, sondern wohlig und froh zumute, denn ich begriff, daß es Rodrigo war, der wie in unseren besten Tagen neben mir schlief und seinen Arm um mich gelegt hatte. Reglos lag ich mit geschlossenen Augen da und war dankbar für die süße Last. Ich hätte meinen Mann gern gefragt, ob er gekommen war, mich endlich zu holen, wollte ihm
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