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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Isabel Allende
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sagen, wie glücklich er mich in den dreißig Jahren unseres gemeinsamen Lebens gemacht hatte, und daß es mir nur leid tat um die lange Zeit, die er fern von mir im Krieg verbracht hatte. Aber ich fürchtete, wenn ich ihn anspräche, würde er verschwinden; in diesen Monaten ohne ihn habe ich gelernt, wie scheu die Geister sind. Mit den ersten Strahlen der Morgensonne, die durch die Ritzen der Fensterläden fielen, zog Rodrigo sich zurück, hinterließ die Spur seines Arms auf meiner Haut und seinen Geruch auf dem Kopfkissen. Als die Mädchen kamen, um nach mir zu sehen, war im Zimmer nichts von ihm geblieben. Trotz der Seligkeit, die mir diese unverhoffte Nacht der Liebe geschenkt hat, muß ich wohl schlecht ausgesehen haben, denn die Mädchen gingen fort, um Dich zu holen, Isabel. Ich bin nicht krank, Tochter, nichts tut mir weh, ich fühle mich besser denn je, also schau mich nicht so mitleidig an; ich möchte einfach noch etwas hier liegen, weil mir kalt ist.
    Wie Du weißt, überlebte Juan Gómez die schlimme Prüfung jener Nacht, auch wenn es Monate dauerte, bis seine schwärenden Wunden verheilt waren. Er ließ jeden Gedanken an das Gold der Minen fahren, kehrte nach Santiago zurück und lebt noch heute an der Seite seiner wunderbaren Frau, die auch schon sechzig sein muß, aber aussieht wie dreißig, keine Falten oder grauen Haare hat, weiß der Himmel, durch welche unschuldige Hexerei. Mit jenem unseligen Dezember begann die Erhebung der Mapuche, ein erbarmungsloser Krieg, der bis heute fortdauert und dessenEnde in den Sternen steht; solange noch ein Indio und ein Spanier am Leben sind, wird weiter Blut fließen. Ich sollte sie hassen, Isabel, aber ich kann es nicht. Sie sind meine Gegner, aber ich bewundere sie; wäre ich an ihrer Stelle, ich würde wie sie im Kampf um mein Land sterben.
    Seit Tagen weiche ich dem Moment aus, da es gilt, von Pedro de Valdivias Ende zu sprechen. Fast drei Jahrzehnte schiebe ich den Gedanken daran von mir, aber nun muß ich mich ihm wohl stellen. Ich wünschte, ich könnte die barmherzige Schilderung glauben, daß Pedro kämpfte, bis ihn ein Keulenhieb über den Schädel niederstreckte, aber Cecilia half mir, die Wahrheit herauszufinden. Ein einziger Yanacona überlebte das Desaster von Tucapel und konnte berichten, was dort am Weihnachtstag geschehen war, aber über das Schicksal des Gouverneurs wußte er nichts. Zwei Monate später kam Cecilia zu mir mit der Nachricht, ein Mapuchemädchen, das eben aus dem Süden gekommen sei, diene in ihrem Haus. Cecilia wußte, daß die junge Frau, die kein Wort Spanisch sprach, in der Nähe von Tucapel aufgegriffen worden war. Einmal mehr war mir das Mapudungu nützlich, das ich von Felipe gelernt hatte. Cecilia brachte das Mädchen zu mir, und ich konnte mit ihr sprechen. Sie war etwa achtzehn Jahre alt, klein, hatte einen breiten Rükken und ein hübsches Gesichtchen. Da sie unsere Sprache nicht verstand, wirkte sie unbeholfen, aber als ich sie auf mapudungu ansprach, stellte sich heraus, daß sie sehr redegewandt war. Ich werde Dir also berichten, was ich von dem Yanacona, der in Tucapel überlebte, und von diesem Mapuchemädchen, das bei der Hinrichtung von Pedro de Valdivia dabei war, erfuhr.
    In den Ruinen des Forts von Tucapel verteidigte sich der Gouverneur mit einer kleinen Schar seiner Tapferen verzweifelt gegen Tausende und Abertausende von Mapuche, die immer wieder mit frischen Kräften anrückten, währendsie selbst die Degen keinen Moment aus der Hand legen konnten. Der ganze Tag verging im Kampf. Gegen Abend schwand die Hoffnung des Gouverneurs, daß Juan Gómez noch mit Verstärkung eintreffen würde. Seine Männer konnten nicht mehr, die Pferde bluteten nicht weniger als die Reiter, und über den Abhang drängten immer neue feindliche Scharen heran.
    »Meine Herren, was tun wir?« wandte sich Valdivia an die neun Männer, die noch im Sattel saßen.
    »Was sollen wir schon tun, außer kämpfen und sterben«, antwortete einer der Soldaten.
    »Dann tun wir das mit Würde!«
    Und gefolgt von den wenigen Yanaconas, die sich noch auf den Beinen halten konnten, stürmten die zehn Spanier trotzig, mit erhobenem Degen und einer Anrufung des Apostels auf den Lippen zwischen den Palisaden hindurch, um erhobenen Hauptes im Kampf zu sterben. Binnen Minuten wurden acht der Berittenen mit Wurfriemen und Seilen von ihren Pferden gezerrt, über den Boden geschleift und von Hunderten Mapuche hingeschlachtet. Allein Pedro de Valdivia, ein
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