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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Isabel Allende
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deshalb genauso passieren ließ wie die Boten, die das Antwortschreiben überbrachten, in dem der Gouverneur Juan Gómez aufforderte, sich mit ihm am Weihnachtstag im zerstörten Fort von Tucapel zu treffen. Sorgfältig hatte der Ñidoltoqui diesen Schachzugvorbereitet, und als er von seinen Spionen, die überall waren, vom verabredeten Treffpunkt erfuhr, lächelte er zufrieden: Jetzt hatte er Valdivia, wo er ihn haben wollte. Er befahl einem Regiment seiner Streiter, das Fort von Purén zu belagern, damit Juan Gómez dem erhaltenen Befehl nicht nachkommen konnte, während er selbst in Tucapel die Schlinge für den Taita zuzog.
    Die trägen Wintermonate hatte Valdivia wohlumsorgt von Juana Jiménez in Concepción verbracht, hatte dem Regen zugesehen und sich beim Kartenspiel zerstreut. Dreiundfünfzig Jahre zählte er, war jedoch durch sein steifes Bein und die überzähligen Pfunde vor der Zeit gealtert. Da er ein geschickter Spieler war und das Glück auf seiner Seite hatte, gewann er fast immer. Die Neider behaupteten, zu dem Gold aus den Minen komme das seiner ausgenommenen Mitspieler, und alles zusammen lande in Juanas mysteriösen Truhen, von denen bis heute jede Spur fehlt. Der Frühling war längst gekommen, alles grünte, die Vögel sangen, als Valdivia die verworrenen Meldungen von einer Erhebung der Eingeborenen erhielt, die ihm übertrieben erschienen. Eher aus Pflichtgefühl als aus Überzeugung rief er etwa fünfzig Soldaten zu den Waffen und brach mißgelaunt auf, sich mit Juan Gómez in Tucapel zu treffen, wo er die frechen Mapuche einmal mehr niedermachen würde.
    Auf den fünfzehn Meilen Weg kam er mit seiner halben Hundertschaft Reiter und den tausendfünfhundert Yanaconas nur langsam voran, weil man sich dem Schritt der Träger anpassen mußte. Sie waren noch nicht lange unterwegs, als die Trägheit, mit der er den Marsch begonnen hatte, von ihm abfiel, denn sein in vielen Kämpfen geschärftes Gespür sagte ihm, daß etwas nicht stimmte. Ihm war, als ruhten die Blicke von im Dickicht verborgenen Augen auf ihm. Seit über einem Jahr trieb ihn der Gedanke an den eigenen Tod um, und nun spürte er deutlich, daß der ihn sehrbald ereilen konnte, aber er wollte seine Männer mit dem Verdacht, daß man sie ausspähte, nicht beunruhigen. Vorsichtshalber schickte er fünf Soldaten voraus, um den Weg zu erkunden, blieb selbst aber weiter im Schritt, atmete tief die warme, nach Pinienharz duftende Waldluft ein und versuchte, seiner Anspannung Herr zu werden. Als die Vorhut indes auch nach zwei Stunden nicht zurück war, wurden seine bösen Vorahnungen drängender. Eine Meile weiter zeigte ein Reiter mit einem Entsetzensschrei auf etwas, das an einem Ast baumelte. Es war ein Arm, an dem das Wams noch in Fetzen hing. Valdivia befahl, die Degen zu ziehen. Einige Schritte voraus sahen sie, ebenfalls in einem Baum, ein Bein, das in einem Stiefel steckte, und dann weitere Trophäen, Beine, Arme, Köpfe, blutige Früchte des Waldes. »Rache!« schrien die aufgebrachten Soldaten und wollten schon im Galopp davonpreschen, um die Mörder zu jagen, aber Valdivia zwang sie, die Pferde zu zügeln. Nichts wäre törichter, als sich zu trennen, davon war er überzeugt, sie mußten zusammenbleiben bis Tucapel.
    Das Fort lag auf der kahlen Kuppe eines Hügels, weil die Spanier die Bäume ringsum für seinen Bau gerodet hatten, aber der Fuß des Hügels war dicht bewaldet. Von oben konnte man das Ufer eines breiten Flusses sehen. Die Kavallerie erreichte als erste die in Rauch gehüllten Reste des Forts, hinter ihr schleppten in langer Reihe die Yanaconas die Ausrüstung den Hang hinauf. Der letzte Mann hatte eben die Umfriedung des Forts passiert, da brach das gellende Pfeifen der Flöten los, die die Mapuche aus den Knochen ihrer Feinde schnitzen.
    Der Gouverneur, dem kaum die Zeit geblieben war, aus dem Sattel zu steigen, spähte zwischen den verkohlten Stämmen der Palisade hindurch und sah die Krieger, zu dichten Einheiten angetreten, durch Schilde geschützt, die Lanzen bei Fuß. In der ersten Reihe standen, flankiert von einer Garde ihrer besten Krieger, die Toquis jeder Schar.Verblüfft dachte er, diese Barbaren hätten allein durch Instinkt die Schlachtordnung der alten römischen Legionen entdeckt, die auch von den spanischen Heeren angewandt wurde. Das mußte diesem Toqui eingefallen sein, von dem er im Winter immer wieder gehört hatte: Lautaro. Er spürte, wie der Zorn in ihm aufwallte und er unter der Rüstung
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