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Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)

Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)

Titel: Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)
Autoren: Dr. Anja Dostert
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der Konzerne verwenden Zusatzstoffe, genau wie die Zulieferer der Zulieferer. Der Begriff der Nichtzutat sorgt dafür, dass sogar die Unternehmen selbst am Ende nicht mehr wissen, was genau in ihren Produkten enthalten ist.
    Die Preise für Lebensmittel sind über die Jahrzehnte kontinuierlich gesunken. Supermärkte kalkulieren teilweise mit Viertelcents pro Produkt. Da musste die Industrie sich etwas einfallen lassen. Produkte werden aggressiv beworben und darauf getrimmt, dass sie gesund erscheinen und nach mehr schmecken. Werbung trichtert die passenden Botschaften in die Köpfe der Menschen. Die Verpackung animiert mit verlockenden Bildern zum Kauf. Produkte werden mit Zusätzen von Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralstoffen auf gesund getrimmt.
    Man meidet Worte, denen der Kunde misstraut und versteckt Zutaten mit allerlei Tricks, selbst für Experten kaum noch zu durchschauen. Wasser und Luft sind die günstigsten Rohstoffe, diese versucht man bevorzugt zu verkaufen. Qualität wird durch Farbstoffe, Aromastoffe und texturgebende Stoffe vorgegaukelt. Dabei bewegen sich die Unternehmen immer haarscharf am Rande des Gesetzes.
    Bevor wir aber die Industrie und ihre Methoden unter die Lupe nehmen, beschäftigen wir uns zunächst mit dem menschlichen Körper. Ein Wunderwerk an Sensoren hilft uns dabei, die Qualität der Nahrung zu erkennen. Jedenfalls dann, wenn wir nicht ausgetrickst werden.

Der menschliche Körper und das Essen
    Der menschliche Körper ist ein Wunderwerk, dessen Funktionen im Laufe eines langen evolutionären Prozesses optimiert wurden. Menschen sind gute Futterverwerter und können auch in Notzeiten überleben. Eine zentrale Aufgabe des menschlichen Gehirns ist die Sicherstellung der optimalen Nahrungsversorgung für den Körper. Das Gehirn ist der oberste Regulator der meisten Körperfunktionen, es steuert Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen. Dies geschieht in einer komplexen Koordination von Milliarden von Nervenzellen. Zur Informationsgewinnung nutzt das Gehirn alle Sinne, die zur Verfügung stehen, dann wertet es die erhaltenen Informationen aus. Der Mensch muss Nahrhaftes finden und Giftiges vermeiden. Dazu verfügt das Gehirn über zahlreiche Fühler und Sensoren: Sehsinn, Geruchssinn, Geschmackssinn, Tastsinn, Gehör sowie verschiedenste Rezeptoren in Magen, Darm und im restlichen Körper.
    Der Körper benötigt zahlreiche Bausteine für seine Funktionsweise, fehlt einer auf Dauer, drohen Krankheit und Tod. Eiweiße, Kohlenhydrate, Fette, Mineralien, Spurenelemente, Vitamine und Wasser. Unsere Körper hatten eigentlich gelernt, die richtige Nahrung zu wählen. Dabei sind Menschen sehr anpassungsfähig; von der vegetarischen Ernährung bis zur fast ausschließlichen Fleischnahrung ist jede Lebensweise möglich.
    Im Jahr 1926 begann die amerikanische Kinderärztin Clara Marie Davis eine Langzeitstudie, die heute aus ethischen Gründen niemals durchgeführt werden könnte. Sie wollte wissen, wie kleine Kinder, die noch nie Kontakt zu fester Nahrung hatten, diese auswählen, wenn sie die Wahl haben. Im ersten Projekt nahmen drei Kinder teil, die das Experiment gut überstanden. Die Kinder wurden von einer Pflegerin auf dem Arm gehalten und hatten Zugang zu 33 kleinen Töpfchen mit verschiedenen Nahrungsmitteln. Die Erwachsenen durften die Wahl der Kinder nicht beeinflussen. Die Versuchsbabys waren die Kinder von unverheirateten Müttern im Teenageralter, sowie von Witwen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten und ihre Kinder nicht angemessen ernähren konnten. Die zweite Studie dauerte länger und es nahmen mehr Kleinkinder teil. Davis fand heraus, dass alle Kinder ein angemessenes Körpergewicht erreichten und die Knochen gut entwickelt waren. Die Kinder bevorzugten unterschiedliche Lebensmittel, die mit der Zeit variierten, z.B. rohes Rindfleisch während einer Infektionskrankheit. Keines der Kinder wählte eine an Getreide oder Milchprodukten besonders reiche Ernährung. Die Kinder stellten sich jeden Tag ein anderes Menü zusammen. In der Studie wurden nur Nahrungsmittel verwendet, die allgemein als gesund angesehen werden: Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse, Milchprodukte und Kohlenhydrate wie Reis oder Kartoffeln. Die Kinder konnten sich auf ihre Sinne verlassen, sie wählten das, was ihnen gut tat und was ihre Entwicklung förderte.

Eingangskontrolle der Nahrung
    Zunächst nimmt man Nahrung in Augenschein (oder man wird durch Werbung an Essen und Nahrungsaufnahme erinnert).
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