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In Todesangst

Titel: In Todesangst
Autoren: Linwood Barclay
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ja wohl höchstens steigern, und war alles andere als zufrieden mit der Summe, die ich ihm anbot.
    Zweimal rief ich die Büronummer meiner Exfrau in Stratford an – sie arbeitete in einem von Bobs Autosalons – und hinterließ ihr jeweils eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Beide Male fragte ich, wie es ihr gefallen würde, unsere Tochter demnächst auf einem heißen Kalender in der nächsten Reifenwerkstatt zu sehen.
    Nach dem zweiten Anruf hatte ich wieder einen halbwegs klaren Kopf, und ich erkannte, dass es hier nicht allein um Sydney ging. Es ging um Susanne, um Bob, um das, was er ihr bieten konnte, darum, wie ich alles in den Sand gesetzt hatte.
    Ich arbeitete als Autoverkäufer, seit ich zwanzig war. Ich beherrschte meinen Job aus dem Effeff, aber Susanne war der Überzeugung, ich könnte mehr aus meinem Talent machen. Sie sagte, ich solle mich selbstständig machen. Mein eigener Herr sein. Ein eigenes Autohaus eröffnen. Dass wir unserem Leben die entscheidende Wende geben könnten. Wir würden Syd auf die besten Schulen schicken. Einer goldenen Zukunft ins Auge sehen.
    Mein Vater war gestorben, als ich neunzehn gewesen war, und hatte meine Mutter gut versorgt zurückgelassen. Als meine Mutter ein paar Jahre später an einem Herzinfarkt starb, benutzte ich mein Erbe, um Susanne zu beweisen, dass ich der Mann sein konnte, den sie sich so sehnlich wünschte. Ich eröffnete mein eigenes Autohaus.
    Und ging baden.
    Ich war schlicht kein Unternehmer. Kundenberatung und Verkauf, das war meine Welt. Statt mich um die Organisation meiner Firma zu kümmern, zog ich es immer öfter vor, die Verkaufsgespräche selbst in die Hand zu nehmen. Management war einfach nicht mein Ding. Die wichtigen Entscheidungen überließ ich anderen, und zu allem Überfluss wurde ich auch noch von meinen Mitarbeitern hintergangen.
    Schließlich verlor ich alles.
    Und zwar nicht nur meine Firma, nicht nur unser großes Haus mit Ausblick auf die Flussmündung. Ich verlor meine Familie.
    Susanne warf mir vor, alles vermasselt zu haben. Ich warf ihr vor, mich in etwas hineingedrängt zu haben, wofür ich nicht geschaffen war.
    Während Syd sich mit Selbstvorwürfen quälte. Sie meinte, wenn wir sie wirklich lieb hätten, würden wir auch zusammenbleiben. Zwar hatte unsere Trennung nichts mit Syd zu tun, aber das nahm sie uns nicht ab.
    In Bob fand Susanne, was ich ihr nicht hatte geben können. Bob war stets darauf aus, die nächste Sprosse auf der Karriereleiter zu erklimmen. Wenn er Autos verkaufen konnte, konnte er auch ein Autohaus eröffnen, und wenn das lief, warum nicht gleich zwei, drei Filialen aus dem Boden stampfen?
    Ich hatte Susanne keine Corvette geschenkt, als wir miteinander ausgegangen waren – Bob schon. Weshalb es mich mit heimlicher Freude erfüllte, als ein Kolben den Geist aufgab und sie den Wagen schließlich verkaufte, weil sie nur ungern mit Schaltung fuhr.
    Am Tag, an dem meine Tochter verschwand, ging ich um sechs nach Hause, wenn auch ein wenig zögernd; man weiß eben nie, ob nicht in letzter Sekunde noch ein Kunde mit gezücktem Scheckbuch auftaucht. Aber schließlich konnte ich nicht den ganzen Abend in der Firma verbringen. Irgendwann muss man Feierabend machen.
    Eigentlich hatte ich zum Abendessen Spaghetti machen wollen, beschloss dann aber doch, zwei Pizzen kommen zu lassen – als Friedensangebot sozusagen, nachdem ich ihr wegen der Sonnenbrille die Daumenschrauben angelegt hatte.
    Um sieben war sie immer noch nicht da. Angerufen hatte sie auch nicht.
    Vielleicht hatte sie für jemanden einspringen müssen, der krank geworden war. Normalerweise rief sie zwar an, wenn sie sich verspätete, aber nach unserem Zusammenstoß beim Frühstück konnte ich durchaus verstehen, dass sie heute über die üblichen Höflichkeitsregeln hinwegsah.
    Als ich bis acht aber immer noch nichts von ihr gehört hatte, begann ich mir allmählich Sorgen zu machen.
    Im Fernsehen in der Küche liefen gerade die Nachrichten. Irgendetwas über ein Erdbeben in Asien, aber ich hörte nur mit einem Ohr hin, während ich überlegte, wo Syd stecken mochte.
    Manchmal traf sie sich nach der Arbeit noch mit Patty oder einer ihrer anderen Freundinnen, meistens in der Post Mall, um einen Happen zu essen.
    Ich rief auf ihrem Handy an. Es klingelte mehrmals, dann sprang die Voicemail an. »Ruf mich doch bitte kurz an, Schatz«, sagte ich. »Ich wollte uns Pizza bestellen, würde aber gern noch wissen, was du drauf haben willst.«
    Dann
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