Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In Todesangst

Titel: In Todesangst
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
er nur kann, seit Mom diese Geschichte passiert ist.«
    Diese Geschichte. Susannes Unfall beim Parasailing im Long Island Sound. Sie war zu schnell heruntergekommen, hatte sich an der Hüfte verletzt und böse das Knie verdreht. Und Bob hatte sie noch hundert Meter mit dem Motorboot hinter sich hergeschleift – dieser dämliche Vollidiot. Mit mir wäre Susanne das nie passiert. Ich besaß nämlich kein Motorboot.
    »Außerdem hast du immer noch nicht gesagt, was du für die Sonnenbrille bezahlt hast«, warf ich ein.
    Sydney seufzte. »Nicht viel.« Sie sah zum Telefon, neben dem mehrere ungeöffnete Briefumschläge lagen. »Du solltest dich um deine Rechnungen kümmern, Dad. Die liegen schon seit Tagen dort.«
    »Mach dir darum mal keine Sorgen. Die kann ich schon bezahlen.«
    »Mom sagt, du hättest Geld genug. Sie meint, du würdest bloß alles zu spät bezahlen, weil du nicht richtig organisiert wärst, und …«
    »Die Sonnenbrille. Wo hast du sie her?«
    »O Gott, wieso machst du denn so ein Affentheater wegen einer Sonnenbrille?«
    »Ich bin bloß neugierig«, sagte ich. »Hast du sie aus dem Einkaufszentrum?«
    »Ja. Sie war herabgesetzt. Hat gerade mal die Hälfte gekostet.«
    »Hast du die Quittung aufbewahrt? Nur für den Fall, dass sie kaputtgeht?«
    Sie starrte mich an. »Du willst den Bon sehen, stimmt’s?«
    »Warum?«
    »Weil du glaubst, ich hätte sie geklaut.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »So wie vor zwei Jahren. Und deshalb glaube ich dir das auch nicht.« Sie schob den Teller mit dem halb gegessenen Rührei beiseite.
    »Du setzt dich mit einer Versace-Sonnenbrille an den Frühstückstisch und erwartest, dass ich keine Fragen stelle?«
    Sie stand abrupt auf und stampfte die Treppe hinauf.
    »Scheiße«, sagte ich leise. Super gelaufen.
    Als ich mich für die Arbeit anzog, hörte ich, wie sie die Treppe hinunterlief. Gerade als ich nach unten kam, um mich von ihr zu verabschieden, kam sie mit einer Flasche Wasser aus der Küche und wollte das Haus verlassen.
    »Wenn du so rumnervst, wird das bestimmt kein toller Sommer«, sagte sie. »Ist doch nicht meine Schuld, dass Evan jetzt bei uns wohnt. Du tust ja gerade so, als würde er mich jede halbe Stunde vergewaltigen.«
    Ich zog eine Grimasse. »Ich weiß. Es ist bloß …«
    »Ich muss los«, sagte sie und marschierte zu ihrem Civic. Ich winkte ihr hinterher, aber das bekam sie nicht mit, da sie den Blick stur auf die Straße gerichtet hielt.
    Auf dem Küchentisch lag der Kassenbon für die Sonnenbrille – gleich neben der Eierschale mit dem Grinsegesicht, die sie mit der Faust platt geschlagen hatte.
     
    ***
     
    Ich stieg in meinen CR-V und fuhr zur Arbeit. Riverside Honda liegt unweit der Brücke, über die man nach Stratford gelangt, das am anderen Ufer des Housatonic liegt. Es war ein zäher Morgen – es kamen kaum Leute, so dass ich erst einmal Däumchen drehen musste. Kurz nach Mittag sah ein Rentnerpaar Ende sechzig herein, um sich einen viertürigen Accord anzusehen.
    Sie feilschten endlos mit mir herum – wir waren 700 Dollar auseinander. Ich entschuldigte mich mit den Worten, ich müsse kurz mit meinem Chef reden, ging aber stattdessen in die Werkstatt und aß erst einmal in aller Ruhe einen Schoko-Donut, ehe ich zu den beiden zurückkehrte und ihnen erklärte, dass ich zwar nicht weiter mit dem Preis heruntergehen könnte, wir die nächsten Tage aber einen Profi-Pinstriper zu Gast hätten, der ihnen den Accord gratis verzieren würde. Die Augen des alten Herrn leuchteten, und kurz darauf war der Deal perfekt. Hinterher besorgte ich ein Pinstriping-Set für zehn Dollar und beauftragte einen unserer Lackierer, sich um die Zierleisten zu kümmern.
    Am Nachmittag hatte ich einen Kunden, der seinen zehn Jahre alten Odyssey-Van gegen ein neues Modell in Zahlung geben wollte. Wie viel wir ihm noch für die alte Kiste geben würden? Solche Fragen beantwortet man als Kundenberater grundsätzlich erst, nachdem man selbst ein paar Fragen gestellt hat.
    »Läuft die Erstzulassung auf Ihren Namen?«, fragte ich.
    »Ist der Wagen scheckheftgepflegt?« Er antwortete, er habe den Van regelmäßig zur Inspektion gebracht. »War der Wagen irgendwann einmal in einen Unfall verwickelt?«
    »Ja«, gab er zu. »Vor drei Jahren hatte ich einen Auffahrunfall. Die ganze Front musste gerichtet werden.«
    Ich erklärte ihm, dass der Unfall den Wert des Wagens leider deutlich mindern würde. Er hielt dagegen, die erneuerten Teile würden den Wert des Vans
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher