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In tiefer Sehnsucht

In tiefer Sehnsucht

Titel: In tiefer Sehnsucht
Autoren: Lisa Marie Rice
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breitschultrig, und er hatte etwas Bedrohliches an sich.
    Außerdem wirkte er unglaublich fit. Obwohl er so muskulös war, bewegte er sich mit der Geschmeidigkeit eines Panthers.
    Ein leises Geräusch im hinteren Teil des Saals weckte ihre Aufmerksamkeit, und sie hob misstrauisch den Kopf.
    Das
Southside Center
befand sich in einem berüchtigten Teil der Stadt. Natürlich hatte sie Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Das Pfefferspray lag ganz oben in ihrer Handtasche, sodass sie es jederzeit griffbereit hatte. Und sie ging immer dicht an den Häuserwänden entlang und hielt sich von der Straße fern.
    Ihr Wagen stand nur zwei Häuserblocks entfernt. Fünf Minuten, nachdem sie das Gebäude verlassen hatte, würde sie sicher in ihrem verriegelten Auto sitzen und nach Hause fahren.
    Trotzdem wäre es schön gewesen, wenn jemand auf sie gewartet hätte, um sie zu ihrem Wagen zu begleiten. Jemand, der sich Sorgen um sie machte und sie beschützte.
    Plötzlich, als sie dort allein in dem großen, dunklen Saal stand, regte sich etwas in ihrem Herzen, das sie nicht zu deuten wusste.
    Isabelle hörte auf, ihre Sachen zusammenzupacken. Das war völlig untypisch für sie. Sie hatte ein oder zwei Liebhaber gehabt und hin und wieder ein Date. Nicht viele, aber genug, um zu wissen, dass sie nicht viel verpasste, wenn es keinen Mann in ihrem Leben gab. Sie war daran gewöhnt, allein zu sein. Als ihr Vater sie und ihre Mutter verlassen hatte, hatte sie zusehen müssen, wie ihre Mutter erst einer beängstigenden Depression zum Opfer gefallen und danach krank geworden war.
    Sie hatte früh gelernt, dass Liebe und Vertrauen einen hohen Preis hatten, und war nicht dazu bereit gewesen, ihn zu zahlen … bis jetzt. Was hatte sich verändert? Warum sehnte sie sich plötzlich nach einem Mann, der sie beschützte? Solange sie sich erinnern konnte, war sie allein gewesen und hatte auf die harte Tour gelernt, für sich selbst zu sorgen. Sich nur auf sich selbst zu verlassen. Männer waren ohnehin schwach.
    Jedenfalls die meisten.
    Plötzlich sah sie Nicholas Lee vor sich, wie er schweigend im Arbeitszimmer ihres Vaters gestanden hatte. Er hatte kein bisschen schwach gewirkt. Er hatte ausgesehen wie ein Mann, der alles, was ihm gehörte, mit seinem Leben verteidigte.
    Schluss damit,
wies Isabelle sich selbst zurecht. Sie wusste nichts über Nicholas Lee, außer, dass er als gefährlich galt. Wenn sie sich – was selten vorkam – in ihrer Fantasie ausmalte, dass sie sich verliebte, dann stellte sie sich immer einen sanften, zärtlichen Mann vor. Ganz bestimmt nicht jemanden wie Nicholas Lee, einen Außenseiter und Gesetzlosen.
    Inzwischen war sie allein in dem großen Saal. Wie immer tauchte kurz der Hausmeister, ein betagter Schwarzer, in der Seitentür des Auditoriums auf. Er grüßte sie mit einer Handbewegung, und sie winkte zurück. Einen Augenblick lang glaubte Isabelle, hinter ihm eine hochgewachsene dunkle Gestalt auszumachen, und ihr Herz machte einen Sprung. Aber eine Sekunde später war dort nichts mehr zu sehen.
    Für einen kurzen Moment hatte sie geglaubt, Nicholas Lee hätte dort gestanden. Offenbar fiel es ihr wirklich nicht leicht, die Gedanken an den geheimnisvollen und ach-so-attraktiven Mr Lee aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie schüttelte sich und versuchte sich wieder auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Wenn sie wieder sicher daheim war und mit einer Tasse Tee in ihrem Lieblingssessel saß, dann könnte sie sich vielleicht entspannen und über den Mann nachdenken, der einen so starken Eindruck bei ihr hinterlassen hatte. Aber nicht jetzt. Tagträumend durch die Straßen von Southside zu laufen, war praktisch Selbstmord.
    Erst letzten Monat waren in Southside zwei Frauen in ihrem Auto überfallen worden. Aus diesem Grund hatte sie das eingeschaltete Handy in ihre Jackentasche gesteckt und den Polizeinotruf als Kurzwahl gespeichert.
    Isabelle ging durch den dunklen Vortragssaal, wobei das Klappern ihrer Absätze laut in dem großen Raum widerhallte. Sie runzelte die Stirn. Es wäre vernünftiger gewesen, flachere Schuhe anzuziehen, aber da sie so wenig Zeit zum Umziehen gehabt hatte, hatte sie es vergessen.
    Sie öffnete die schwere Stahltür des Auditoriums und zuckte mit einem erschrockenen Keuchen zurück, als ein heller Blitzstrahl den Himmel zerriss, unmittelbar gefolgt von einem so lauten Donnergrollen, dass sie fürchtete, ihre Trommelfelle würden platzen. Der wasserfallartige Regen prasselte mit solcher Heftigkeit auf die
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