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In tiefer Sehnsucht

In tiefer Sehnsucht

Titel: In tiefer Sehnsucht
Autoren: Lisa Marie Rice
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Er konnte es sich nicht leisten, die Kontrolle verlieren. Nicht jetzt. Isabelle brauchte ihn.
    Einzig der Gedanke an Isabelle hielt ihn davon ab, durchzudrehen. Wenn er daran dachte, was diese Schlägertypen ihr angetan hatten, verlor er fast die Beherrschung.
    Eigentlich hätte sie ihn gar nicht zu Gesicht bekommen sollen. Er hatte absichtlich ganz hinten im Saal gestanden und war ihr nach ihrem Vortrag in einiger Entfernung gefolgt, um dafür zu sorgen, dass sie sicher nach Hause kam. Und in diesen wenigen Minuten war sie das Opfer eines Überfalls geworden.
    Er umklammerte das Lenkrad so fest, dass sich die dunkle Haut seiner Fingerknöchel weiß verfärbte. Dieses Bild würde er nie wieder vergessen können – der Anblick, wie dieser Abschaum Isabelle verprügelte.
    Indem er scharf abbog, ließ er Southside hinter sich und fuhr auf den Herbert Boulevard.
    »W…wohin fahren wir?«, fragte Isabelle.
    Er studierte sie aufmerksam. Zwar zitterte sie nicht mehr ganz so stark, war aber immer noch weiß wie ein Laken. Sie hatte die Decke fest um sich gezogen, und ihre Hand, die zwischen den weichen Falten der Decke hervorlugte, zitterte.
    »Ich fahre Sie zum
St. Luke’s Hospital
. Das ist das nächstgelegene Krankenhaus.«
    »Nein!« Ihre Stimme klang ängstlich, und sie sah ihn aus panisch aufgerissenen Augen an. »Bitte.« Sie streckte eine blasse, schmale Hand nach ihm aus. »Bitte.
Bitte
bringen Sie mich nicht ins
St. Luke’s
. Lieber sterbe ich!«
    Nicholas löste eine Hand vom Lenkrad und legte sie auf die ihre. Sie war eiskalt. »Sie müssen ins Krankenhaus.« Sicherlich stand sie noch unter Schock.
    »Ihre Verletzungen müssen versorgt werden, Isabelle. Wahrscheinlich haben Sie eine Gehirnerschütterung. Sie sind verprügelt worden. Was, wenn Sie innere Blutungen haben? Sie müssen zu einem Arzt. Wenn alles in Ordnung ist, können Sie das Krankenhaus morgen wieder verlassen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.« Ihre Stimme war leise und eindringlich. »Bitte, Nicholas,
bitte
fahren Sie nicht zum
St. Luke’s
.« Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte es ihm gefallen, zu hören, dass ihr sein Name so natürlich über die Lippen kam, gerade so, als ob sie sich schon lange kennen würden, aber in diesem Moment verwirrte ihn ihr Verhalten so sehr, dass er nicht weiter darüber nachdachte.
    Isabelle holte tief Luft, als wolle sie Kraft sammeln. »Meine Mutter ist im
St. Luke’s
gestorben. Ich habe den Großteil der letzten zwei Jahre dort verbracht. Bitte zwingen Sie mich nicht, ins
St. Luke’s
zu gehen«, wiederholte sie leise.
    »In Ordnung.« Sanft entzog er ihr seine Hand, um rechts abzubiegen. »Dann bringe ich Sie eben ins
Wallington Memorial Hospital
. Das ist nur ein paar Kilometer weiter als das
St. Luke’s

    »Nein«, flüsterte Isabelle. Dann, als hätte ihr eindringliches Bitten sie erschöpft, ließ sie den Kopf nach hinten gegen die Kopfstütze sinken und schloss die Augen.
    »Keine Krankenhäuser. Von Krankenhäusern habe ich bis an mein Lebensende genug. Keine Ärzte, keine Spritzen, keine Untersuchungen. Ich flehe Sie an. Bitte. Das könnte ich nicht ertragen.« Eine Träne kullerte ihr über die alabasterfarbene Wange.
    »
Bitte.
«
    »Isabelle …« Er wusste nicht, wie er sie umstimmen sollte. Es wäre einfacher gewesen, wenn sie geschimpft und getobt hätte. Aber der trostlose Unterton in ihren geflüsterten Worten und die Träne machten ihn hilflos. Er brachte es einfach nicht übers Herz, ihr etwas abzuschlagen. »Und wenn Sie eine Gehirnerschütterung haben?«
    »Falls ich tatsächlich eine haben sollte, kann man daran ohnehin nichts ändern.«
    »Und was ist mit Ihren Verletzungen?«
    »Nein.« Sie holte tief Luft. »Ich habe mich höllisch erschreckt und einen Schock erlitten, außerdem habe ich ein paar Schnitte und Schürfwunden abbekommen, aber alles in allem nichts Ernstes. Ich will nach Hause. Ich will einfach nur nach Hause. Können Sie mich zu meiner Wohnung fahren? Die Adresse lautet 1165 Rosewell Avenue.« Sie drehte den Kopf, der immer noch an der Kopfstütze lehnte, in seine Richtung und öffnete die Augen. Im blassen Licht des Armaturenbretts schimmerten sie silbern. »Bitte fahren Sie mich nach Hause.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    Sie biss sich auf die Unterlippe und schloss erneut die Augen, als könnte sie es nicht ertragen, ihm dabei zuzusehen, wie er seine Entscheidung traf.
    Er fühlte sich hilflos. »In Ordnung. Ich bringe Sie nach Hause.« Seine
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