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In sueßer Ruh

In sueßer Ruh

Titel: In sueßer Ruh
Autoren: C. E. Lawrence
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stand der allgemeinen Fröhlichkeit so fern wie ein Bestattungsunternehmer einer Hochzeit, dachte er mit kalter Selbstgefälligkeit. Prüfend musterte er die Ballgäste und stellte fest, dass es viele potenzielle Spenderinnen gab. So sah er sie, als Spenderinnen für seine Sache. Sie sollten sich wirklich geehrt fühlen, diese undankbaren Dinger … Na ja, man konnte eben nicht alles haben, dachte er, als er langsam seine Runden durchs Gewühl drehte, auf der Suche nach seinem nächsten Opfer.
    Auf der anderen Seite des Raums stand François Nugent und beobachtete das Gewühl. Er wusste nicht, wonach er suchte, glaubte aber, es schon zu wissen, wenn er es erst sah. Das Herz schlug ihm gegen den Brustkorb, und er atmete tief ein und aus, um seine Nerven zu beruhigen. Zu gerne hätte er etwas getrunken, wollte jedoch seine Reflexe nicht schwächen, für den Fall, dass es ihm gelang, seine Beute in die Enge zu treiben. Es war wichtig, hellwach und konzentriert zu sein. Ein spindeldürres Mädchen schielte immer wieder in seine Richtung, bis es sich schließlich ein Herz fasste, sich zu ihm durchdrängte und zwischen seinen künstlichen Wimpern hindurch zu ihm aufsah. Sein teilnahmsloser, starrer Blick brachte die Kleine zum Erröten, und sie schwirrte wieder ab.
    Auf der Bühne hatte die Band zu spielen begonnen, und auf der Tanzfläche schlingerte und sprang alles im Takt, manche in Paaren oder Grüppchen, andere hüpften für sich alleine. Normalerweise wäre François begeistert gewesen, dass die Veranstalter es geschafft hatten, eine seiner Lieblingsbands, die Calibrated Instruments, zu verpflichten. Aber jetzt fand er bloß, dass die Musik ablenkte. Es interessierte ihn nicht mal, verstohlen die Frau am Keyboard, die in ihrem schwarzen Spitzenbustier so sexy aussah, anzugaffen. Er hatte Wichtigeres zu tun. Der Rhythmus der Bassgitarre hämmerte ihm ins Ohr, der Text kam verzerrt und krächzend aus der minderwertigen Tonanlage:
    The youth that time destroyed can live in me again
    But I require blood – the time is coming when
    I’ll come to you at night, as the owl hoots at the moon
    I’ll be by your side to watch as you swoon
    Auf der anderen Seite des Raums hörte Davey zu und lächelte. Sie spielen mein Lied. Er leckte sich die Lippen, als er durch die aneinandergedrängten Körper schlich. Seine Handflächen juckten, und seine Kehle war trocken – ein Zeichen, dass es wieder Zeit für ihn war. Hab Geduld, mahnte er sich. Denn wie seine Tante Rosa immer gesagt hatte: Was lange währt, wird endlich gut.

KAPITEL 75
    Detective Leonard Butts stand mit verschränkten Armen am Eingang zum Hauptraum und fühlte sich miserabel. In diesem lächerlichen Kostüm kam er sich vor wie eine fette kleine Wurst, und mit so vielen jungen Menschen in einem Raum zu sein ließ ihn sich alt fühlen. Ihm war zuvor noch nie klar gewesen, wie sehr er für seine Identität auf seinen Beruf angewiesen war. Er war der Typ, der mit dem Notizblock in der Hand am Tatort erschien, dem Revierpolizisten und Zivilisten sich fügten, die Autoritätsperson, zu der alle aufsahen, derjenige, der das Verbrechen aufklärte und den Täter seiner gerechten Strafe zuführte.
    Hier dagegen fühlte er sich nutzlos und fehl am Platz. Er wusste nicht mal, ob dieser verdammte Täter überhaupt hier aufkreuzte, immerhin war es von New York nach Troy ein ganz schönes Stück. Teufel, ihr verfluchter Unbekannter konnte gut und gerne heute Nacht in der Stadt irgendwen umbringen, und sie sprangen hier in diesen albernen Kostümen herum, um sich unter einen Haufen absonderlicher junger Idioten zu mischen. Er warf einen Blick auf Campbell – flott und elegant sah er aus in seinem viktorianischen Anzug, und seine schwarzen Locken glänzten in den Lichtern, die die Discokugel zurückwarf. Klar, der hatte es leicht, der hatte diese schlanke Statur, mit der man in allem großartig aussah. Er mochte Campbell, bewunderte ihn sogar, aber er war sauer auf ihn, weil er dieser irrwitzigen Exkursion zugestimmt hatte.
    Er stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte über die zuckenden Körper zu Elena Krieger. Die Frau sah gut aus, das musste er zugeben. Der lange Hals, die kurvenreiche Figur und dazu noch dieses ganze verdammte rotblonde Haar. Überhaupt nicht sein Typ natürlich – er konnte sie auf den Tod nicht ausstehen. Aber er musste einräumen, dass sie ein verdammt gut aussehendes Weib war. Er seufzte und öffnete den obersten Knopf seines beigen Mantels, um
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