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In sueßer Ruh

In sueßer Ruh

Titel: In sueßer Ruh
Autoren: C. E. Lawrence
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erschrockener Ausdruck. Er verschwendete keine Zeit, sondern flitzte in einen kurzen Gang, der zur Küche führte. Lee lief durch den Salon, um ihm den Weg abzuschneiden. Am Fuß der Treppe, die in den ersten Stock führte, standen sie schließlich voreinander.
    »Tagchen«, sagte François und versuchte, lässig zu klingen. »Na so was, Sie hier zu tr–«
    »Hör auf damit«, sagte Lee. »Was zum Teufel treibst du hier?«
    »Dasselbe könnte ich Sie fragen«, sagte der Junge gespielt schnippisch – aber er war kein besonders guter Schauspieler. Er hatte Angst, und zwar entweder vor dem Gesetz oder vor etwas anderem. Lee war sich nicht sicher.
    »Du weißt ganz genau, was ich hier mache«, sagte Lee.
    »Und Sie wissen ganz genau, dass eine Privatperson das gleiche Recht hat, hier zu sein, wie Sie«, gab François gereizt zurück.
    »Ich schwöre dir, wenn du irgendwas Komisches versuchst –«
    »Verhaften Sie mich? Ich bin nicht derjenige, den Sie suchen«, konterte er.
    »Wenn du uns in die Quere kommst –«
    »Wir machen einen Deal: Sie kommen mir nicht in die Quere und ich Ihnen nicht. Wie wär’s?«
    »Du scheinst das für ein Spiel zu halten«, zischte Lee. »Ich kann dir versichern, es ist tödlicher Ernst. Wir haben es mit –«
    »Einem Perversen zu tun, der meine Schwester ermordet hat«, schoss François zurück. »Sie sollten doch am besten wissen, wie ich mich fühle.«
    »Wie du dich fühlst, hat damit nicht das Geringste zu tun! Wir haben hier einen Job zu erledigen –«
    »Dann verhaften Sie mich entweder oder lassen mich in Ruhe«, sagte François und verschränkte die Arme.
    »Du weißt, dass ich dich nicht verhaften kann.«
    »Ausgezeichnet. Wirklich großartig, Sie wiederzusehen – nettes Outfit übrigens«, sagte er und verzog sich in die Küche.
    Lee stand mit geballten Fäusten in der Halle. Es gab nichts, was er noch tun konnte, aber François hier zu sehen konnte nichts Gutes bedeuten – das sagte ihm sein Bauchgefühl.

KAPITEL 77
    François stand weit hinten im Raum, als der Leadsänger ans Mikrofon trat, darauftippte und wartete, dass sich die blecherne Rückkopplung legte. Er war groß und hager und trug einen schicken braunen viktorianischen Anzug mit großen Messingknöpfen – eine Art Steampunk light, dachte François.
    »Wir möchten diesen Song Nikola Tesla widmen, einem der großen, bisher nicht besungenen Helden der Wissenschaft.« Der Drummer tippte viermal auf den Rahmen des kleinen Beckens, der Leadgitarrist schlug auf den Saiten seiner E-Gitarre einen dröhnenden Akkord. Begeistert lehnte François sich vor, um den Text zu hören, während die Leute auf der Tanzfläche mit noch heftigeren Kreisbewegungen und Zuckungen auf den hämmernden Rhythmus antworteten.
    Your genius was a lantern, a beacon in the night
    But the world wasn’t ready for the shining of your light
    The shadows fell upon you and the science in the end
    Betrayed by the man who should have been your friend
    Nikola, you dared to dream, but they did you wrong
    In the end the truth will out, so for you we sing this song
    Bei dem Song auf sein Idol stand François wie gelähmt da. Er hoffte, dass auch die anderen auf den Text hörten und nicht einfach nur Spaß am mitreißenden Rhythmus des Lieds hatten. Hinter ihm brach ein junges Mädchen in lautes Lachen aus. Die hohe, von Alkohol benebelte Stimme der Kleinen durchschnitt die verstärkte Musik der Band.
    »Das ist ja absurd!«, lachte sie. »Wozu willst du denn meine Blutgruppe wissen?«
    Ihre Worte ließen François erstarren. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn, als er sich umdrehte, um zu sehen, mit wem sie sprach. Er versuchte, unaufdringlich zu wirken und den Eindruck zu vermitteln, sein Interesse wäre rein zufällig. Aber François war nun mal kein Schauspieler. Unbändige Wut loderte in seinen Augen, als er den großen jungen Mann mit dem langen schwarzen Umhang und dem eleganten Gehrock erblickte. In dem Blick, den sie wechselten, lag sofortiges Begreifen.
    Ich weiß, wer du bist , sagten François’ Augen.
    Ach, wirklich? Dann versuch doch, mich aufzuhalten , lautete die wortlose Antwort des Fremden.
    François nahm die Herausforderung an. Er zog einen Holzpfahl aus seiner Weste und stürzte sich auf seinen Feind. Mit elektrischem Knistern jagte ein Laserblitz durch den Raum, der die beiden Kontrahenten in ein übernatürliches Licht tauchte. Doch der junge Mann bewegte sich mit überraschender Geschwindigkeit. Er packte François am
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