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In seiner Hand

Titel: In seiner Hand
Autoren: Nicci French
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nicke mit dem Kopf.«
    Ich nickte hektisch. Die Hände – große, warme Hände –
    machten sich hinter meinem Nacken zu schaffen. Der Knoten wurde gelöst, der Knebel grob aus meinem Mund gezerrt. Sofort begann ich zu husten. Eine Hand hielt meinen Kopf fest, und ich spürte, wie mir der Strohhalm in den Mund geschoben wurde. Ich saugte, bis mir ein zischendes Geräusch verriet, dass kein Wasser mehr da war.
    »Da«, sagte er. »Da steht ein Kübel. Willst du ihn benutzen?«
    »Wie meinen Sie das?« Ich musste ihn zum Reden bringen.
    »Du weißt schon. Toilette.«
    Er klang verlegen. War das ein gutes Zeichen?
    »Ich möchte auf eine richtige Toilette.«
    »Du gehst entweder auf den Eimer oder bleibst in deiner eigenen Pisse liegen, Süße.«
    »Also gut.«
    »Ich werde dich neben den Eimer stellen. Du kannst ihn mit deinen Füßen berühren. Dann gehe ich ein Stück weg.

    Wenn du Faxen machst, schneide ich dich in Stücke.
    Verstanden?«
    »Ja.«
    Es klang, als würde er ein paar Stufen hinuntersteigen, dann spürte ich seine Arme unter meinen Achseln, an meinem Rücken. Harte, starke Hände. Ich rutschte auf ihn zu, wurde gegen ihn gepresst. Er roch nach Tieren, Schweiß, etwas anderem, das ich nicht definieren konnte.
    Ein Arm schob sich unter meine Oberschenkel. Ekel stieg in mir hoch. Einen Moment später wurde ich seitwärts geschwungen und dann sanft auf einem rauen, sandigen Boden abgestellt. Ich richtete mich auf. Meine Beine und mein Rücken schmerzten fürchterlich. Eine Hand packte mich an den Haaren, und ich spürte etwas Hartes, Kaltes an meinem Hals.
    »Du weißt, was das ist?«
    »Nein.«
    »Die Klinge eines Messers. Ich werde jetzt den Draht lösen, mit dem deine Hände zusammengebunden sind. Der kleinste Mucks, und ich benutze das Messer.«
    »Ich tu nichts. Ich will nur, dass Sie mich allein lassen.«
    »Es ist dunkel. Ich gehe ein Stück weg.«
    Ich spürte, wie sich hinter meinem Rücken der Draht lockerte. Er trat zurück. Für den Bruchteil einer Sekunde spielte ich mit dem Gedanken, doch einen Fluchtversuch zu unternehmen, aber dann wurde mir klar, wie sinnlos das war: noch immer teilweise gefesselt, eine Kapuze über dem Kopf, in einem dunklen Raum mit einem Mann, der ein Messer hatte.
    »Nun mach schon«, sagte er.
    Ich hatte kein dringendes Bedürfnis, auf die Toilette zu gehen. Nur den Drang nach Bewegung. Ich befühlte meine Sachen. T-Shirt, Hose. Ich konnte das nicht.
    »Du kriegst den Kübel erst morgen früh wieder.«
    Morgen früh. Gut. Wenigstens eine Information. Also gut, also gut. Er behauptete, dass es dunkel war. Ich machte Knopf und Reißverschluss auf, zog Hose und Slip nach unten und setzte mich auf den Eimer. Bloß ein Tröpfeln. Ich stand wieder auf, zog die Hose hoch.
    »Kann ich was sagen?«
    »Was?«
    »Ich weiß nicht, was das alles soll. Aber Sie dürfen das nicht. Sie werden nicht ungeschoren davonkommen. Ihnen ist vielleicht nicht klar, was passieren wird, wenn sie mich finden. Noch können Sie mich gehen lassen. Fahren Sie mich irgendwohin. Lassen Sie mich frei. Das war’s dann.
    Bestimmt bin ich schon als vermisst gemeldet, sie werden nach mir suchen. Ich weiß, dass Sie mit mir machen können, was Sie wollen, und dass wahrscheinlich nichts Gutes für mich dabei herauskommt, aber man wird Sie erwischen. Wenn Sie mich gehen lassen, können wir beide einfach unser Leben weiterleben. Andernfalls werden Sie erwischt.«
    »Das sagen sie alle. Wenn sie überhaupt etwas sagen.«
    »Was?«
    »Halt still.«
    » Alle ?«
    Ich spürte, wie meine Hände wieder gefesselt wurden.
    Anschließend wurde ich hochgehoben und wie ein kleines Kind auf einem hohen Regal abgesetzt. Wie eine Puppe.
    »Rühr dich nicht von der Stelle«, befahl er. »Und keinen Mucks!«
    Ich blieb reglos sitzen. Ich hoffte, dass er jetzt wieder gehen würde.

    »Mach den Mund auf.«
    Er war neben mir. Der Knebel wurde mir in den Mund geschoben, ein anderes Stück Stoff fest um mein Gesicht gebunden. Ich hörte Schritte, dann spürte ich plötzlich, wie sich etwas um meinen Hals legte. Fest und eng. Ich wurde nach hinten gezerrt, bis ich die Wand in meinem Rücken spürte.
    »Hör zu«, sagte die Stimme. »Das um deinen Hals ist eine Drahtschlinge. Sie ist hinter dir an einem Haken an der Wand befestigt. Hast du mich verstanden? Nicke mit dem Kopf.«
    Ich nickte.
    »Du befindest dich auf einer Plattform. Verstanden?«
    Ich nickte.
    »Wenn du dich von der Stelle rührst, fällst du hinunter, der Draht
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