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In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught

Titel: In seinen Händen - Coben, H: In seinen Händen - Caught
Autoren: Harlan Coben
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würden?«
    »Ist das schlimmer, als zu wissen, dass das eigene Kind tot ist?«
    Wendy gab sich nicht die Mühe zu antworten.
    »Und Sie müssen verstehen«, fuhr Jenna fort, »dass auch wir in einer Art Vorhölle gelebt haben. Jedes Mal, wenn die Tür oder das Telefon klingelte, fragten wir uns, ob es die Polizei wäre.«
    »Wow«, sagte Wendy. »Das muss ja furchtbar für Sie gewesen sein.«
    »Ich erzähle das nicht, um Ihr Mitgefühl zu bekommen. Ich will Ihnen das erklären, was hinterher passiert ist.«
    »Ich glaube, ich weiß, was passiert ist«, sagte Wendy. »Sie waren Dans nächste Verwandte. Als die Polizei zu Ihnen kam und Ihnen sagte, dass er tot ist, tja, es war reiner Zufall, oder?«
    Jenna sah zu Boden. Sie zog das große Flanellhemd fester um ihren Körper, als könnte es ihr Schutz bieten. Jetzt sah sie noch kleiner aus. »Ich habe den Mann geliebt. Ich war am Boden zerstört.«

    »Aber, wie Sie schon sagten, tot ist tot. Dan war schon als Pädophiler gebrandmarkt, und Sie haben mir ja erzählt, dass Dan nicht an ein Leben nach dem Tod glaubte und kein Interesse daran hätte, rehabilitiert zu werden.«
    »Das ist richtig.«
    »Das Anrufverzeichnis hat gezeigt, dass Dan nur mit Ihnen und seinem Anwalt Flair Hickory telefoniert hat. Das waren die Einzigen, denen er vertraut hat. Sie wussten also, wo er war. Und Sie hatten Haleys Handy noch. Warum sollten Sie das dann nicht einem Toten anhängen?«
    »Ihm hat es ja nicht mehr geschadet. Begreifen Sie das nicht?«
    Auf eine grausige Art war das vollkommen logisch. Einem Toten konnte man nicht weh tun.
    »Sie haben den Ringwood State Park in Google Earth auf Haleys iPhone eingegeben. Das war ein weiterer Hinweis. Warum hätte Haley sich den Park auf der Karte ansehen sollen, wenn Dan sie da umgebracht und begraben hatte? Sie hätte keinen Grund dafür gehabt. Das ließ daher nur einen Schluss zu: Haleys Mörder wollte, dass die Leiche gefunden wurde.«
    »Wir sind keine Mörder«, sagte Jenna. »Es war ein Unfall.«
    »Ich habe wirklich keine Lust auf Wortklauberei, Jenna. Aber warum haben Sie den Ringwood State Park in Google Earth eingegeben?«
    »Weil ich, trotz allem, was Sie vielleicht denken, kein Monster bin. Ich habe Ted und Marcia gesehen - das Leid, das sie durchmachten. Ich habe gesehen, was die Ungewissheit ihnen angetan hat.«
    »Dann haben Sie es ihretwegen getan?«
    Jenna sah sie an. »Ich wollte, dass sie endlich ein gewisses Maß an Frieden finden. Ich wollte ihnen die Möglichkeit geben, ihre Tochter richtig zu beerdigen.«

    »Wie nett von Ihnen.«
    »Ihr Sarkasmus«, sagte Jenna.
    »Was ist damit?«
    »Das ist der reine Selbstschutz. Was wir getan haben, war schlecht. Es war falsch. Trotzdem verstehen Sie es zu einem gewissen Grad. Sie sind Mutter. Wir tun alles, was nötig ist, um unsere Kinder zu schützen.«
    »Es ist nicht nötig, Mädchen im Wald zu vergraben.«
    »Nein? Sie würden das also nicht tun, ganz egal, was passiert? Nehmen Sie mal an, Charlies Leben stünde auf dem Spiel. Ich weiß, dass Sie Ihren Mann verloren haben. Nehmen Sie mal an, er wäre noch da und wäre wegen eines tragischen Unfalls auf dem Weg ins Gefängnis. Was hätten Sie getan?«
    »Auch dann hätte ich kein Mädchen im Wald vergraben.«
    »Mag sein, das ist aber nicht meine Frage. Die lautet, was hätten Sie getan?«
    Wendy antwortete nicht. Einen Moment lang ließ sie sich auf die Vorstellung ein. John noch am Leben. Charlie kommt die Treppe herauf. Das tote Mädchen auf dem Boden. Sie musste nicht groß darüber nachdenken. Es gab keinen Grund, die Sache so weit zu treiben.
    »Ihr Tod war ein Unfall«, sagte Jenna noch einmal leise.
    Wendy nickte. »Ich weiß.«
    »Verstehen Sie, warum wir so gehandelt haben? Ich erwarte ja nicht, dass Sie es gutheißen. Aber können Sie es nachvollziehen?«
    »Ich glaube, irgendwie schon.«
    Jenna sah sie mit tränenüberströmtem Gesicht an. »Und was werden Sie jetzt machen?«
    »Was würden Sie an meiner Stelle tun?«
    »Ich würde es lassen, wie es ist.« Jenna ergriff Wendys Hand. »Bitte. Ich flehe Sie an. Lassen Sie es einfach, wie es ist.«

    Wendy überlegte. Sie war mit einem eindeutigen Standpunkt hergekommen. Hatte sich dieser Standpunkt verändert? Wieder stellte sie sich vor, dass John noch am Leben wäre. Sie stellte sich vor, wie Charlie die Treppe heraufkäme. Sie stellte sich das tote Mädchen auf dem Fußboden vor.
    »Wendy?«
    »Ich werde hier nicht Richterin und Geschworene in einer Person
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