Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen
Autoren: Susanne Hanika
Vom Netzwerk:
Großmutter zurück. »Dann hätt ma ned die Blamage.«
    Die Blamage mit den mörderischen Strohsternen, wollte sie wohl sagen. Ich fand es ja schon allein deswegen gerechtfertigt, Bets Strohsterne zu vernichten, weil sie allesamt potthässlich waren. Sie bestanden aus lauter breitgebügelten Strohhalmen, die so aufgerollt waren, dass sie aussahen, als hätten die Strohhalme eine Dauerwelle verpasst bekommen. Bei manchen sah es sogar aus, als hätten sie einen elektrischen Schlag abgekriegt. Das konnte doch niemand schön finden.
    »Mach du des halt!«, zischte die Kathl zurück. »Des is a Sauarbeit, die Strohsterne.« Die greißlichen Strohsterne, die greißlichen. Wieso kaufte eigentlich keiner welche im Geschäft? Ob es ähnlich hässliche gab, wagte ich zu bezweifeln. Andererseits stammten sie dann vermutlich aus Kinderarbeit. Das war auch ein hässlicher Gedanke, dann doch lieber Sterne einer Mörderin.
    Dann diskutierten sie eine Weile darüber, was Großmutter mit den Knöpfen von der Bet machen sollte. Die hatte sie ihr nämlich vorbeigebracht, weil sie gesehen hatte, dass an Großmutters Jacke ein Knopf fehlte. Echt. Mörderknöpfe bei uns lagern . . . Ich sagte lieber nicht, dass ich sie alle in unseren Krimskramsschub gekippt hatte, sondern nahm mir vor, sie gleich am ersten Weihnachtsfeiertag in den Müll zu werfen. Großmutter hatte nämlich beschlossen, dass sie die Knöpfe aufheben würde, bis die Bet wieder aus dem Karzer heraußen wäre. Die Rosl meinte zwar, dass die niemals mehr aus dem Gefängnis käme und wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens in Sicherheitsverwahrung müsste.
    Weil das Organistenumbringen doch bestimmt eine unheilbare Psychose sei. Und man wär sich ja seines Lebens nicht mehr sicher, wenn die Bet wieder hier wäre.
    Großmutter nahm die Bet noch ein bisschen in Schutz und sagte, dass das mit dem Pudschek bestimmt ein Versehen gewesen sein musste. Immerhin hatte sie ihn geliebt. »Liebe und Hass liegen nah beieinander«, sagte die Kathl daraufhin. Und ich dachte mir, dass ich auch beinahe versehentlich erstochen worden wäre und dass das wieder keinen interessierte. Nicht einmal nach meinem Fuß erkundigte sich irgendjemand.
    Die Lehmerin meinte noch, dass sie es nicht verstehen konnte, dass der Pudschek die Bet abgewiesen hatte. »Dann hätten wir nämlich das Problem nicht. Die wär doch so eine fleißige Hausfrau gewesen.« Die Kathl konnte das dagegen sehr gut verstehen, weil ihrer Meinung nach der Pudschek doch stockschwul gewesen sei. Und dass man von so einem nicht erwarten konnte, dass er sich eine fleißige Hausfrau als Ehegespons nahm.
    Ich sank so tief in das Kirchengestühl, dass ich mit den Knien schon fast auf dem Bankl angekommen war. Der Schmerz im Knöchel pochte wieder besonders wild.
    »Ein schwuler Organist!«, zischte Großmutter viel zu laut. »Kein Wunder, dass sich seine Finger zamg’wutzelt ham.«
    Kathl, Rosl und die Langsdorferin drehten sich um, sahen Großmutter empört an und schüttelten den Kopf. Sie sahen alle drei so aus, als hätte Großmutter die SPD gewählt und zudem Sex mit einem Tier gehabt.
    Ist das ein Thema für die Kirche?, wollte ich schon fragen, ließ es aber bleiben. Wie ich Großmutter kannte, brachte sie das nur noch mehr in Rage und vor allen Dingen dazu, dass sie alles noch ein bisschen lauter erzählte. Dann konnten das auch alle Männer auf der rechten Seite hören. Und es reichte schon, wenn die ganzen Frauen uns nicht mehr ansahen.
    Immerhin waren sich die Frauen alle einig, dass die Bet nicht ganz normal sein konnte. Den Janker vom Pudschek aufheben, das konnte keiner verstehen. Und wenn, so fand jedenfalls die Rosl, dann hätt s’ die Jacke wenigstens gescheit flicken können. Großmutter hatte darauf nichts erwidert. Aber mir hatte sie schon vorher gesagt, dass sie bis in die Steinzeit beleidigt zu sein gedachte, weil die Bet den Janker bei uns im Gartenhäusl versteckt hatte. Und dann auch noch bei der Polizei anrufen, dass sie bis ans Ende ihrer Tage so dasteht, als wäre sie total g’spinnert. »Macht ma des?«, hatte sie mich gefragt, als wäre ich auf die Idee gekommen, Janker-Reliquien aufzuheben.
    Aber da konnten noch mehr Leute bis in die Steinzeit beleidigt sein. Schließlich hatte sie auch das Gebiss der Kreiter Mare entwendet, um den armen Hans verdächtig zu machen. Als würde der auf die Idee kommen und tote Organisten mit großmütterlichen Gebissen zu beißen. Wenn das mal nicht link war. Und wen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher