Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
nichts.« Als er ihr konsterniertes Gesicht sah, griff er heimlich nach ihrer Hand und drückte sie. » Es geht mir gut. Außerdem verletzen wir Margarets Gefühle, wenn wir jetzt verschwinden.«
    Also blieben sie. Es gab keinen Gottesdienst am Grab, da Bruder Calvins Sarg nach Houston überführt wurde. Tische waren im Schatten der Bäume auf dem Kirchhof aufgestellt. Während Mr Rainwater auf Solly aufpasste, stellte Ella ihre Speisen zu den anderen mitgebrachten Köstlichkeiten.
    Die Menschen aus der Armensiedlung begannen, sich auf den Heimweg zu machen, aber Mr Simpson, der Diakon, dessen Werkstatt gestern Abend zerstört worden war, stellte sich auf einen Baumstumpf und verkündete laut, dass jeder eingeladen sei, zu bleiben und am Mahl teilzunehmen, auch wenn er nichts dazu beigetragen hatte. Diejenigen, die mit leeren Händen gekommen waren, zögerten zunächst, das freundliche Angebot anzunehmen, aber schließlich war der Hunger größer als die Scham, und sie stellten sich in einer Reihe auf.
    » Deine schmecken besser«, sagte Mr Rainwater, als er in eine kalte Hühnerkeule biss. » Aber das hat sich offenbar herumgesprochen. Die Platte, die du mitgebracht hast, ist schon leer.«
    Sie hatten sich in der Schlange angestellt, um sich von dem Essen zu bedienen. Dann hatte Ella eine Decke auf einem Stück Rasen in der Ecke des Kirchhofs ausgebreitet. Mr Rainwater schien sich etwas besser zu fühlen. Er schwitzte nicht mehr so stark, aber auf seinem Gesicht lag immer noch ein dünner Schweißfilm. Seine Haut sah wächsern aus, und seine Lippen waren an den Rändern weiß. Er sah aus wie an dem Tag, als sie ihn mit schlimmen Schmerzen im Bett vorgefunden hatte.
    » Hast du keinen Hunger?«, fragte er und deutete mit einem Nicken auf ihren Teller. Sie hatte ihn kaum angerührt.
    » Das liegt an der Hitze, glaube ich.« Aber es lag nicht an der Außentemperatur. Es lag an ihm. Sie war krank vor Sorge um ihn.
    Er durchschaute ihre Ausrede. » Mach dir keine Gedanken um mich, Ella.«
    » Ich kann nicht anders.«
    » Ich liebe dich dafür, aber ich möchte dir keinen Kummer bereiten. Niemals.«
    Sie sah ihm tief in die Augen und entgegnete mit heiserer Stimme: » Das wirst du aber.«
    Er legte die Hühnerkeule auf seinen Teller. Dann starrte er an ihr vorbei und sagte: » Ich hätte niemals zu dir kommen sollen.«
    Sie schüttelte wütend den Kopf. » Nein. Oh nein. Das wäre, als würde man ein Buch nicht lesen, nur weil es traurig endet. Ich hatte schließlich die Wahl.« Ohne darauf zu achten, dass alle zusehen konnten, streckte Ella die Hand aus und streichelte seine Wange, bis sich ihre Blicke wieder trafen. » Ich möchte es nicht versäumt haben, dich zu lieben. Für nichts auf der Welt.«
    Sie schauten sich an und kommunizierten ohne Worte, außerhalb ihrer Umgebung, gleichgültig gegenüber allem, was um sie herum geschah. Der Bann wurde erst gebrochen, als beide gleichzeitig wahrnahmen, dass Solly unruhig wurde. » Er muss auf die Toilette.« Ella stand auf und nahm ihren Sohn an die Hand.
    » Wo ist denn die nächste?«
    » Hinter der Kirche. Ich bin gleich wieder zurück.«
    » Ich packe hier alles zusammen. Wir treffen uns dann am Wagen.«
    Mittlerweile war es fast dunkel. Die Sterne funkelten am Himmel. Der Mond, der über den Dächern aufging, erinnerte an einen Porzellanteller. Die Trauergemeinde hatte sich fast aufgelöst. Das Geschirr und der Abfall waren weggeräumt, die Tische abgebaut. Ella war so auf Mr Rainwater fixiert gewesen, dass sie nichts davon bemerkt hatte.
    In diesem Moment fuhren Jimmy und Margaret in Jimmys alter Klapperkiste vorbei. Margaret winkte und rief ihr zu: » Wir sehen uns morgen, in aller Frühe.«
    Ella huschte mit Solly an der Hand an der Kirchenmauer entlang zur Rückseite. Die beiden Toilettenhäuschen standen ein Stück von der Kirche entfernt. Eines war für Männer, das andere für Frauen gekennzeichnet. Ella wusste, dass das eine so schlimm aussehen würde wie das andere, und sie fürchtete sich davor, Solly hineinzuführen.
    Es war dunkel hinter der Kirche, wo das Gelände von hohen Büschen umgeben war. Ella überlegte kurz, ob sie Solly in die Büsche machen lassen sollte, aber sie wusste, dass ihm das wegen seiner angeborenen Pingeligkeit widerstreben würde. Außerdem wollte sie nicht das Risiko eingehen, dass jemand ihn dabei beobachtete, dass er im Freien pinkelte. Wenn das ein normaler Junge machte, lächelten die Leute und es hieß, » Jungs sind eben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher