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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht
Autoren: Sandra Brown
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haben Sie mir bereits gesagt. Schon oft.«
    » Dann hören Sie bitte auf, mich vom Gegenteil überzeugen zu wollen.«
    » Der Zwischenfall vorhin…«
    » Hätte jedem Kind passieren können«, fiel sie ihm ins Wort. » Erinnern Sie sich, dass der Hinnegar-Junge letzten Winter eine Petroleumlampe über sich gekippt hat?«
    » Der Junge ist zwei Jahre alt, Mrs Barron. Solly ist zehn.«
    » Sein Geburtstag ist erst in ein paar Monaten.«
    » Die vergehen rasch.« Mit weicherer Stimme fuhr der Doktor fort: » Mir sind die Gefahren durchaus bewusst, die in der Kindheit lauern. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen als Arzt erstaunt es mich immer wieder, dass überhaupt jemand das Erwachsenenalter erreicht.«
    Er unterbrach sich, holte Luft und blickte sie freundlich an. » Aber Ihr Junge ist besonders anfällig für Missgeschicke, Mrs Barron. Trotz seines Alters ist Solly nicht in der Lage, die Gefahr zu erkennen, die zum Beispiel von einem Topf heißer Stärke auf dem Herd ausgeht. Und wenn es zu einem Unglück kommt, reagiert er mit einem gewalttätigen Ausbruch. So wie eben.«
    » Er hat sich verbrüht und vor Schmerzen geschrien. Das hätte jeder andere an seiner Stelle auch getan.«
    » Wenn ich jetzt offen mit Ihnen rede, betrachten Sie das bitte nicht als Rücksichtslosigkeit oder unnötige Grausamkeit. Ihre Situation ist prekär. Tatsache ist, ohne Medikamente, die die… Impulse Ihres Sohnes unterdrücken, könnte er sich selbst oder andere verletzen, besonders wenn er bei seinen Anfällen derart wild um sich schlägt.«
    » Ich passe gut auf, damit nichts passiert.«
    » Ich bezweifle nicht, dass Sie pflichtbewusst…«
    » Das ist keine Pflicht, Doktor Kincaid, sondern ein Privileg. Würde ich dieses Haus nicht bewirtschaften, würde ich jeden wachen Moment mit Solly verbringen. Der Zwischenfall vorhin war eine Ausnahme, nicht die Regel. Ich bin unerwartet aufgehalten worden.«
    Das war eine subtile Anspielung darauf, dass sein Besuch der Grund für ihre Ablenkung war, aber der Arzt ging über den Seitenhieb hinweg.
    » Das bringt mich auf den nächsten Punkt, Mrs Barron. Diese ständige Wachsamkeit schadet auch Ihrer Gesundheit. Wie lange können Sie das noch durchstehen?«
    » So lange, wie Solly meine Aufsicht braucht.«
    » Was aller Wahrscheinlichkeit nach für den Rest seines Lebens sein wird. Was geschieht, wenn er Sie eines Tages überragt und Sie körperlich nicht mehr in der Lage sein werden, ihn zu bändigen?«
    Ella zwang sich, ihre Fäuste zu öffnen. In bedächtigem, überlegtem Ton erwiderte sie: » Die Medikation, die Sie vorschlagen, unterdrückt nicht nur seine Anfälle, sondern beeinträchtigt auch seine Lernfähigkeit.«
    Bei ihren Worten wurde der Blick des Doktors noch freundlicher, trauriger und mitfühlender.
    Sie nahm Anstoß daran. » Ich weiß, Doktor Kincaid, dass Sie an Sollys Lernfähigkeit grundsätzlich zweifeln. Ich tue das nicht. Ich werde ihm die Chancen nicht vorenthalten, nur um mir das Leben zu erleichtern. Ich möchte nicht, dass er von Beruhigungsmitteln so apathisch wird, dass er im Grunde nicht mehr macht, als zu atmen. Was hätte er denn dann für ein Leben?«
    » Was haben Sie denn für ein Leben?«, entgegnete der Arzt sanft.
    Ella richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Ihr Gesicht rötete sich vor Empörung. » Ich schätze Ihre fachliche Meinung sehr, Doktor Kincaid. Aber genau das ist es– eine Meinung. Niemand kann mit Sicherheit sagen, inwieweit Solly fähig ist, zu verstehen und zu erinnern. Aber als seine Mutter kann ich seine Fähigkeiten besser beurteilen als jeder andere. Folglich muss ich tun, was ich für ihn für das Beste halte.«
    Der Doktor, der den Kampf aufgab, wandte den Blick von ihr ab zu dem Rittersporn, der am Rand ihres Gartens wuchs. Die blauen Blütenstauden hingen in der Mittagshitze welk herunter. » Schicken Sie Margaret wegen der Salbe vorbei«, sagte er schließlich.
    » Danke.«
    » Ich werde Ihnen nichts dafür berechnen.«
    » Vielen Dank.«
    Die Straße war verwaist, nur ein weiß-braun gescheckter Hund trottete neben einem Leiterwagen her, den ein älterer schwarzer Mann lenkte und der von zwei schwerfälligen Maultieren gezogen wurde. Der Kutscher tippte kurz an seinen Hut, als er am Haus vorbeirollte. Sie winkten zurück. Ella kannte den Mann nicht, aber der Doktor rief ihn bei seinem Namen und grüßte ihn.
    » Wenn das alles ist, Doktor Kincaid, ich muss mich um das Mittagessen kümmern.«
    Er drehte sich wieder zu
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