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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller
Autoren: Denise Mina
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diese alten Patriarchen ihre Töchter fest im Griff hatten.
    »Was zum Teufel fällt Ihnen ein …«, rief der Mann. Er war klein, sechzig oder siebzig Jahre alt, hatte einen an die Amish People erinnernden kleinen Bart, der ihm wie ein Vorhang vom Kinn hing und er trug einen blassblauen, perfekt gebügelten Nylonschlafanzug, »… hier so spät …«, ihm versagte die Stimme, als ihm die Gefährlichkeit der Situation bewusstwurde, »… noch zu klingeln …«
    Gebügelte Schlafanzüge, Wärme und Toast. Pat lief das Wasser im Mund zusammen. Am liebsten wäre er hineingegangen, hätte seine Jacke abgelegt und wäre geblieben, doch er wurde unsanft von hinten, mit der Schulter, ins Haus gestoßen. Eddy polterte herein, war über die Fußmatte gestolpert und torkelte verdreht in den rosa Hausflur. Alle beobachteten seinen irren Krabbentanz bis er schließlich auf krummen Beinen sein Gleichgewicht wiederfand. Die Skimütze auf seinem Kopf war verrutscht und hatte ihm die Sicht genommen, er zog sie zurecht, erinnerte sich an seine Pistole, hob sie an und starrte darauf, scheinbar ebenso verdattert wie alle anderen.
    Pat spürte seine Verlegenheit. Eddy holte tief Luft, legte den Kopf in den Nacken und schrie durch die Mundöffnung der Skimütze: »Bob! Bob!«
    Sein Auftritt, seine Aufmachung und sein Verhalten waren
so verwirrend, dass niemand richtig gehört hatte, was er gesagt hatte. Der Mann im Schlafanzug sah ängstlich zur Tür, ob noch jemand hereinkommen würde. Seiner Tochter neben ihm sträubten sich die Haare. Angst breitete sich im Flur aus wie Smog.
    Pat betrachtete das Mädchen erneut. Die Farbe war aus ihren Wangen gewichen, sie hatte die Augen weit aufgerissen, argwöhnisch beäugte sie Eddy und suchte anschließend Blickkontakt zu ihrem Vater. Wieder verzauberte sie Pat, sein Herz schlug langsamer und die Härchen auf seiner Haut richteten sich auf, als wollten sie nach ihr greifen. Sie merkte, dass er sie ansah, seine hellblauen Augen staunten und flehten.
    Aleesha war ein Teenager und interessierte sich für die Welt nur, sofern sie sich um sie selbst drehte. Sie sah, dass sie Pat gefiel, er sich danach sehnte, von ihr gemocht zu werden und trotz Bestürzung und Entsetzen, wirkte seine unverhohlene Bewunderung beruhigend auf sie. Aber sie war jung und ihr Vater war anwesend und plötzlich war es ihr schrecklich peinlich. Sie ließ den Kopf nach vorne sinken, so dass ihr ein Vorhang aus schwarzem Haar über das Gesicht fiel und sie einen schüchternen Schritt Richtung Wohnzimmertür zurück machte.
    Die Bewegung ließ Eddy auffahren. Er sprang auf sie zu, packte ihren Arm und zerrte sie zu Pat zurück: »VERSUCH’S ERST GAR NICHT! KOMM HIERHER! BLEIB HIER!«
    Als sie das Gleichgewicht verlor, ließ er los und machte einen Satz zurück zu dem Mann im Schlafanzug, ließ Aleesha, die sich gerade noch hatte fangen können, halb gebückt stehen. Sie starrte empört auf den Arm, den Eddy zu berühren gewagt hatte. Verdammt viel Mumm. Pat lächelte unter
seiner Skimütze. Als sie sich wieder aufrichtete, befand sich ihr Gesicht nur zwei Zentimeter von Pats Brustkorb entfernt und sie sah zu ihm auf, ihre vollen Lippen öffneten sich, für den Moment verdrängte Wut ihre Angst.
    In jenem Moment, in dem sie sich nicht fürchtete, stellten ihr Pats von der Wollmaske eingerahmten Augen wortlos eine Frage. Aleesha machte einen Buckel, streckte sich wieder, betrachtete ihn herablassend und antwortete mit einem langsamen, stolzen Zwinkern.
    Beide lächelten und sahen anschließend weg.
    Der Anblick des ungewöhnlichen rosafarbenen Teppichs brachte Pat wieder zu Sinnen. Er hob die schwere Waffe zur Decke, halbherzig, als wollte er sie ihr nur zeigen und Aleesha unterdrückte ein panisches Kichern.
    Ein lautes Knacken lenkte die Blicke aller zur Tür auf der anderen Seite des Flurs. Sie öffnete sich langsam und ein großer stämmiger Mann spähte in den Flur. Billal kam nach seinen Onkeln, nicht nach seinem schmächtigen Vater und seine Größe wirkte überraschend und beunruhigend zugleich.
    Obwohl er nicht mehr als ein oder zwei Meter entfernt stand, schrie ihn Eddy an: »BOB? BIST DU BOB?«
    Billal trat aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich, die Augen weit aufgerissen, die Schulterpartie verkrampft. Mit den Händen hinter dem Rücken hielt er sich am Türgriff fest.
    »BOB?«
    »Nein«, sagte Billal leise. »Ich bin nicht … hier gibt es keinen Bob, Alter.«
    »AUFMACHEN!«, schrie Eddy und stocherte mit
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