Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller
Autoren: Denise Mina
Vom Netzwerk:
knapp fünf Jahre jünger als die Möchtegernsoldaten im Transporter um die Ecke und wirkten gesünder, gepflegter und insgesamt zuversichtlicher.
    Omar war spindeldürr und etwas ungelenk, eine echte Bohnenstange. Er war von der ätherischen Schlankheit junger Männer, bevor sie Fett ansetzen, und alles an ihm wirkte wie in die Länge gezogen: Seine Nase war schmal, sein Kinn spitz, seine Finger so lang und dünn, dass sie aussahen, als bestünden sie aus zusätzlichen Gliedmaßen. Mo, auf dem Fahrersitz, hatte ein rundes Gesicht und eine dicke Knubbelnase, die mit zunehmendem Alter immer dicker werden würde.
    Sie hatten zwanzig Minuten gewartet, sich ein bisschen unterhalten,
um sich die Zeit zu vertreiben, meist aber einfach nur still dort gesessen. Das Radio rumorte im Hintergrund, und das sanfte gelbliche Licht des Displays beleuchtete ihre Kinnpartien. Ramadan AM ging nur anderthalb Monate jährlich regional auf Sendung. Das Programm wurde von jungen Menschen aus Glasgow bestritten, die ungeschickt wiedergaben, was sie in der Moschee oder auf Bändern gehört hatten. Aber Mo und Omar hörten den Sender nicht wegen der moralischen Unterweisungen: Es war eine kleine Gemeinde, und manchmal kannten sie die Sprecher und mussten lachen, wenn diese nervös klangen oder etwas Dummes sagten. Die Debatten am frühen Abend waren das Beste, weil alle Hunger hatten. Mo und Omar stimmten dann den Sprechgesang an: »Wir haben Hunger, Hunger, Hunger.«
    Jetzt sagten sie nicht viel. Mo saß auf dem Fahrersitz und sein Blick ruhte auf der Doppelseite einer aufgeschlagenen Zeitschrift, in der Lamborghinis abgebildet waren.
    »Scheiße, Mann«, sagte er mehr oder weniger zu sich selbst. »Das Auto würde ich nicht mal fahren, wenn mich einer dafür bezahlen würde.«
    Omar antwortete nicht.
    »Ich meine, egal, wo du den Schlitten parkst, den kriegst du verkratzt.«
    »Damit fährst du doch nicht los und machst Besorgungen für deine Mutter«, Omars Stimme klang erstaunlich hoch. »Damit fährst du im Viertel spazieren, lässt dich blicken.«
    Mo sah ihn an. »Eindruck bei den Frauen schinden und so?«
    »Genau.«
    Mo betrachtete die Bilder erneut. »Aha, na ja, du musst es ja wissen, als stadtbekannter Herzensbrecher.«

    Omar rieb sich mit seinen Spinnenfingern das rechte Auge. »Hör zu, Mann; die Frauen reißen sich um mich. Die beherrschen sich nur, wenn du dabei bist, weil, na ja, weißt du, die wollen nicht, dass du dich übergangen fühlst oder so.«
    »Na klar«, Mo nickte Richtung Zeitschrift. »Gibst ja immer ein gutes Trinkgeld.«
    Omar gähnte und streckte sich, sprach die Worte gedehnt aus: »Ich bin sogar ein international bekannter Herzensbrecher.«
    Mo stocherte mit dem Finger auf dem Foto eines gelben Lamborghini herum, der an einem sonnigen Berghang um eine Kurve bog: »Sieht aus wie eine verdammte fahrende Temposchwelle. Die Leute wissen nicht, ob sie das Ding bewundern oder vom Gas gehen sollen, Mann.«
    Der Gelehrte auf Radio Ramadan gab die Zeit durch, zweiundzwanzig Uhr dreiundzwanzig, und beide stellten Berechnungen im Kopf an.
    Mo sagte als Erster etwas: »Gib ihnen noch fünf Minuten.«
    »Okay«, Omar gähnte noch einmal herzhaft und schüttelte sich ein wenig. »Fix und fertig bin ich … kann ich hier eine rauchen?«
    »Nee, Mann, dann stinkt die ganze Karre.«
    »Ich kurbel die Scheibe runter.«
    Mo schnaubte verächtlich und drückte einen der Knöpfe, um Omars Fenster herunterzulassen. Dann lächelte er kurz nervös und ließ auch seine Scheibe herunter. Begleitet von einem missbilligenden »Tststs« zückte Omar ein Päckchen, gab Mo eine Zigarette, nahm sich selbst eine und zündete beide an.
    Mit flachen Atemzügen bliesen sie weiße Rauchschwaden
aus, die sich in einer dünnen Schicht an die Windschutzscheibe schmiegten. Der Oktoberwind draußen zog dünne Rauchfäden über das Dach des Wagens in die ruhige Straße hinein.
    Um die Ecke, auf dem Vordersitz des gestohlenen Transporters zogen sich Eddy und Pat die Skimützen über die Gesichter und rückten die Schlitze über den Augen zurecht. Eddy nahm seine Pistole, Pats und Eddys Blicke fielen gleichzeitig darauf. Der Lauf vibrierte, ließ das Zittern seiner Hand sichtbar werden. Plötzlich nickte Eddy wütend sein »Los«.
    Pat zögerte nur einen Moment, bevor ihn die Loyalität zu seinem Freund aus dem Wagen trieb. Kaum hatten seine Füße den Straßenbelag berührt, bereute er bereits, überhaupt ausgestiegen zu sein.
    Eddy hastete ihm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher