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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase
Autoren: Pauline Gedge
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Eingezogenen hat es einige Unruhe gegeben«, fuhr er freimütig fort. »Es war sehr schwierig, ihnen klarzumachen, warum sie ihr Heim verlassen und gegen Männer marschieren sollen, die sie lange Zeit als ägyptische Landsleute angesehen haben. Viele haben sich gewehrt, und meine Hauptleute mussten sie fast zum Fluss schleifen. Wir hatten auch nur wenig Zeit, sie auszubilden. Du wirst feststellen, dass sie undisziplinierter Pöbel sind.«
    »Ich verteile sie unter den Männern aus Waset«, antwortete Hor-Aha, während Intef Kamose abbittend ansah. »Da lernen sie schnell Disziplin und die Gründe für den Krieg.« Ein kleines, betretenes Schweigen. Intefs Blick wanderte zu dem Medjai und wurde ausdruckslos.
    »Kann sein, sie haben etwas gegen Befehle von Hauptleuten, die nicht aus der Nomarche Herui stammen«, äußerte er vorsichtig, und Kamose bemühte sich rasch, die verschleierte Feindseligkeit zu unterbinden.
    »Intef, ich fordere viel von deinen Bauern und auch von deinen treuen Hauptleuten«, beschwichtigte er. »Niemand will dir den Oberbefehl nehmen. Deine Befehlshaber unterstehen dir und niemand sonst, und du darfst deine Truppen in der Schlacht einsetzen, wie du willst, jedoch unter meinem Oberbefehl. Zuweilen werden dir diese Befehle durch den Fürsten und General Hor-Aha übermittelt. Bitte verzeih mir, dass du mich daran gemahnen musstest, dass weder du noch deine Hauptleute, ganz zu schweigen von deinen Bauern, im Gegensatz zu meinem General seit vielen Jahren nicht im Feld gestanden haben.«
    »Das Verjagen von kuschitischen Wilden in die verfluchte Wüste dürfte etwas ganz anderes gewesen sein als ein Feldzug gegen zivilisierte Städte«, gab Intef kühl zurück und Kamose seufzte innerlich. Müssen wir bei Iasen und Anchmahor und den anderen mit der gleichen Kleinlichkeit rechnen, ehe wir die Ägypter zu einem einheitlichen Heer zusammenschweißen können?, dachte er. Hor-Aha hatte die Arme verschränkt, lehnte sich zurück und legte den Kopf schräg.
    »Wir wollen doch ehrlich miteinander sein, Fürst«, sagte er gelassen. »Du magst mich nicht und traust mir nur widerwillig. Ich bin ein schwarzer Mann und ein Fremdländer. Mit welchem Recht befehlige ich die Ägypter meines Gebieters? Mit welchem Recht trage ich den Titel, der mir kürzlich verliehen wurde? Aber was du von mir hältst, ist nicht wichtig. Vergiss nicht, wenn du mich schlecht machst, zweifelst du am Urteil deines Königs, denn der hat es für richtig gehalten, mich zum General zu machen und mich in den Adelsstand zu erheben. Das hat er getan, weil ich mich in jenen Wüstenscharmützeln bewährt habe, von denen du nichts weißt, und weil ich die Gabe habe, einfache Menschen befehligen zu können. Ich unterstelle mich gern deinem Befehl, falls du im Feld größere Begabungen zeigst, und ich übergebe die Befehlsgewalt, wenn es mein Gebieter so will. Bis dahin reicht es doch, dass wir für eine Sache kämpfen, an der unser beider Herz hängt, oder? Können wir nicht wie Brüder zusammenarbeiten?« Und das ist genau das Wort, an dem Intef schwer zu schlucken hat, wenn er Hor-Aha mit seiner glänzenden schwarzen Haut und seinen rauchfarbenen Augen ansieht, dachte Kamose erneut. Aber wie schlau von Hor-Aha, dass er seine Bemerkungen als Frage formuliert hat. Da muss Intef antworten.
    Ehe es jedoch dazu kam, unterbrach sie Ahmose. Er hatte unruhig gelauscht, war auf seinem Stuhl hin und her gerutscht und hatte mit den Fingern geräuschlos auf den Tisch getrommelt. Jetzt stellte er beide Füße fest auf den Boden und beugte sich vor. »Sieh es einmal so, Intef«, sagte er im Plauderton. »Falls wir bis Auaris gewinnen, hat dieser Medjai jedem edlen Ägypter einen großen Dienst erwiesen. Falls wir, Gott bewahre, verlieren, kannst du ihm die ganze Schuld geben, denn er hat die Strategie für Kamose und mich ausgearbeitet. Wie auch immer, die Last der Verantwortung liegt auf seinen Schultern. Möchtest du sie wirklich übernehmen?« Dieses Mal schwieg Intef fassungslos und ungläubig. Er musterte Ahmose mit steinerner Miene, und Kamose hielt den Atem an. Jetzt bist du zu weit gegangen, sagte er im Geist eindringlich zu seinem Bruder. Bist du wirklich so einfältig, lieber Ahmose, oder verstehst du dich nur besser als ich darauf, scheinbar arglos zu tun? Hor-Aha entspannte sich, seine Miene war nicht zu deuten.
    Auf einmal lachte Intef schallend. »Prinz, du hast Recht«, sagte er stillvergnügt, »ich bin halsstarrig und töricht und du bist
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