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In der Kälte der Nacht

In der Kälte der Nacht

Titel: In der Kälte der Nacht
Autoren: Dean R. Koontz
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das lange dunkle Haar. Sie warf die Tür des Wagens zu. Gemessenen Schrittes stieg sie die Stufen zur Veranda hinauf. Aber oben angekommen, begann sie zu rennen. In Edison's General Store gab es nichts, was es nicht gab. Es war das Shopping Center des kleinen Ortes. Ein einziger großer Raum, dreißig mal zehn Meter. Es gab eine Abteilung für Gemüse und Lebensmittel, eine andere für Textilien und Gemischtwaren. Eine Ecke des General Store war dem Drug-Store vorbehalten. Sam Edison war der einzige Apotheker des Ortes, er hatte das Geschäft von seinem Vater übernommen. In der Mitte des General Store gab es einen offenen Kamin. Hier standen auch drei Tische und zwölf Eichenstühle. Meist saßen hier ein paar ältere Männer und spielten Karten, aber als Paul eintrat, waren die Tische leer. Edison's General Store war nicht nur Supermarkt und Apotheke, er war auch Gemeindezentrum. Paul wuchtete den Deckel der Kühltruhe hoch und holte eine Flasche Pepsi-Cola aus dem eiskalten Wasser. Er ging zum nächsten Tisch und setzte sich. Rya und Mark standen an der altmodischen Theke und lachten über eine von Sams Geschichten. Paul sah, wie er ihnen die Hände mit Bonbons füllte. Sam deutete auf die Stände mit Taschenbüchern und Heftchen. Die Kinder sollten sich was aussuchen, sagte er. Dann kam er zu Paul und setzte sich. Er saß mit dem Rücken zum Kamin. Sie schüttelten sich über den Tisch hinweg die Hand. Wer Sam zum erstenmal sah, hielt ihn für einen hartgesottenen Burschen. Er war fast 1,80 Meter groß, breitschultrig, stark. Er trug ein kurzärmeliges Hemd, die Muskeln der Oberarme waren zu sehen. Das Gesicht war gebräunt und von einer Unmenge kleiner Falten durchzogen. Die Augen waren schiefergrau. Das Haar war weiß, aber wie ein Großvater sah Sam deswegen nicht aus. Er war 55 und konnte für 45 durchgehen. Sam war ein warmherziger, freundlicher Mensch, jemand, der Kinder gern hatte. Er verschenkte mehr Süßigkeiten, als er verkaufte. Paul hatte Sam noch nie zornig erlebt. »Seit wann bist du da?«
    »Gerade erst angekommen. Wir sind gleich zu dir gefahren.«
    »Du hast mir nicht geschrieben, wie lange du diesmal bleiben willst. Vier Wochen?«
    »Sechs, denke ich.«
    »Sehr schön.« Seine Augen wurden zu Strichen, und wer ihn nicht kannte, hätte den Ausdruck vielleicht als bösartig, als verschlagen empfunden. »Du übernachtest heute doch bei uns, hoffe ich. Ich meine, ihr geht doch nicht gleich in die Berge, oder?« Paul schüttelte den Kopf. »Dazu ist morgen Zeit genug. Wir sind seit neun Uhr früh unterwegs, mußt du wissen. Ich habe wirklich  keine Lust, heute noch ein Zelt aufzubauen. «
    »Siehst aber ganz erholt aus.«
    »Ich fühle mich auch erholt.« Er zögerte. »Seit ich in Black River bin.«
    »Du hast die Ferien dringend nötig, stimmt's?«
    »Das kannst du laut sagen.« Paul nahm einen Zug aus der Flasche. »Mir hängen die kranken Pudel und Katzen zum Halse heraus.« Sam grinste. »Ich hab's dir ja gleich gesagt, du kannst nicht ernsthaft Tiermedizin praktizieren, wenn du dich in einer Stadt wie Boston niederläßt. In Boston bist du das Kindermädchen für neurotische Haustiere und für die neurotischen Besitzer dieser Tiere. Warum ziehst du nicht aufs Land, Paul?«
    »Ich helfe den Kühen beim Kalben, so etwa?«
    »Genau das.«
    »Vielleicht mach' ich das eines Tages«, sagte Paul und seufzte. »Du solltest vor allem deine Kinder da rausholen. Laß die Kinder an einem Ort aufwachsen, wo die Luft sauber ist, wo man das Wasser noch trinken kann.«
    »Vielleicht mach' ich das.« Er warf einen Blick auf den Vorhang, der einen Raum von der Ladenfläche abteilte. »Ist Jenny da?«
    »Sie liefert Rezepte aus. Es ist merkwürdig, ich hab' in den letzten vier Tagen mehr Medikamente verkauft als sonst in einem Monat.«
    »Eine Grippewelle?«
    »Grippe? Ich weiß nicht.«
    »Was sagt Doc Troutman denn dazu?«
    »Er ist sich nicht ganz sicher, um was es sich handelt. Ein neuer Grippevirus, vermutet er.«
    »Und was verschreibt er dagegen?«
    »Tetracyclin.«
    »Das ist eigentlich kein sehr wirksames Mittel.«
    »Der Virus ist wohl auch nicht so gefährlich.«
    »Und wie reagieren die Patienten auf die Behandlung?«
    »Das kann man noch nicht genau sagen, dazu ist es noch zu früh.«
    Pauls Blick wanderte zu Rya und Mark. »Was die beiden angeht«, sagte Sam, »die sind in unserem Haus sicher aufgehoben.« Er schmunzelte. »Jenny und ich sind in etwa die einzigen in Black River, die von dem Virus
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