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In der Gruft der Moenche

In der Gruft der Moenche

Titel: In der Gruft der Moenche
Autoren: THiLO
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abzureisen. Halb verborgen blieb er hinter einer Laterne stehen und lauschte.
    Â» Fred, du Idiot!«, machte Wolf Eismann den Busfahrer zur Schnecke. » Ich hatte ihn fast so weit. 20 Prozent weniger! Das ziehe ich dir von deinem Anteil ab!«
    Und dann sagte er noch etwas Merkwürdiges, auf das sich Adam keinen Reim machen konnte. Er sagte: » Der Motor interessiert mich nicht mehr. Bring das Werkzeug auf unser Zimmer. Nummer 303, kannst du dir das merken?«
    Grübelnd betrat Adam die Eingangshalle. Er hatte recht gehabt. Wolf Eismann hatte nur geblufft, um den Preis herunterzuhandeln. Das gesparte Geld hätte er sicher nicht an die Eltern zurückgezahlt, sondern in die eigene Tasche gesteckt. Für ein paar Scheine schien dieser Kerl alles zu tun. Es war immer gut, die Menschen in seiner Umgebung zu durchschauen, fand Adam. Leider traf das nicht auf die Bemerkung mit dem Werkzeug zu. Wofür brauchte der Leiter einer Jugendgruppe Hammer, Zange, Säge in seinem Hotelzimmer?
    Als Adam an der Rezeption angekommen war, wurde er jäh aus seinen Gedanken gerissen. An die Aufteilung der Zimmer hatte er gar nicht mehr gedacht. Jetzt trampelte die ganze Gruppe schon über die breite, mit dickem weinroten Teppich ausgelegte Treppe nach oben. Jeder Zweite hielt einen großen Schlüssel in der Hand. Der Hotelbesitzer gab ihnen und den Betreuerinnen letzte Anweisungen. Schließlich folgte er ihnen in die höheren Stockwerke.
    Rechts von der Halle lag der Speisesaal, wie ein Wegweiser in goldenen Buchstaben verkündete. Auch hier konnte man den alten Glanz des Hotels nur noch erahnen. Die Farbe blätterte von den Wänden, der weinrote Teppich wirkte verstaubt und ein bisschen ausgetreten. Zu diesem Eindruck passte auch die Bretterwand, die den Zugang zum Nordflügel versperrte. Doch der Hinweis Bauarbeiten, vielen Dank für Ihr Verständnis zeigte an, dass diese Störung nicht von langer Dauer sein würde.
    Adam trommelte mit den Fingern auf den Tresen der Rezeption. Er war nun ganz alleine in der großen Halle. Sein Blick überflog den Schlüsselkasten und die vielen Schubfächer hinter der Theke. Rotes Kirschholz, wie bei seinen Eltern im Wohnzimmer. Blank poliert und ohne jeden Kratzer. Sah sehr nobel aus. Adam konnte sich vorstellen, wie an dieser Stelle einmal reiche Leute in Frack und Zylinder vom eifrigen Personal begrüßt worden waren.
    Sie hatten sich sicher in das dicke, in Leder gebundene Gästebuch eingetragen, das hier wie ein Museumsstück auf dem Tresen lag. Adam suchte, bis er die erste freie Seite fand, nahm einen Kugelschreiber und trug sich ganz oben auf dem Blatt ein. Tag der Anreise und Name. Bei Beruf trug er Comiczeichner ein. Das war nicht gelogen, schon in wenigen Jahren würde alle Welt seine Comics kaufen, das war klar. Die Spalte mit der Zimmernummer ließ er frei.
    Adam begann zu blättern.
    Die ersten Eintragungen stammten vom 21.05.1921, das Buch lag also beinahe schon hundert Jahre hier. Ehrfürchtig strich Adam mit den Fingern über die Seite. Wenn dieses Buch erzählen könnte, durchzuckte es ihn. Und tief in seinem Bauch machte sich ein Kribbeln breit. Eine erste Vorahnung, dass die drei Wochen hier doch keine normale Ferienfreizeit werden würden.
    Â» Du hast doch wohl hoffentlich nicht in dem alten Gästebuch herumgeschmiert.« Erschrocken ließ Adam den Stift fallen. Wie aus dem Nichts stand Adrian Cuk neben ihm. Er hatte die Anzugsjacke abgelegt und trug nun nur noch eine schwarz-grau gestreifte Weste über seinem blütenweißen Hemd. Von Nahem sah er beinahe aus wie ein Butler in alten Filmen. Mager, mit scharfem Blick, dem keine Kleinigkeit entging, perfekt rasiert. Nur über die Oberlippe zog sich ein dünnes schwarzes Bärtchen, kaum dicker als ein Bindfaden.
    Grob riss er Adam das Gästebuch unter den Händen weg, legte es in eine Schublade und schloss sie ab. Den Schlüssel verbarg er in der Hand, als müsste er ihn vor seinem Gast beschützen.
    Adrian Cuk blickte Adam streng in die Augen. Nach einer Ewigkeit nahm er den Stift und knallte ihn auf ein gewöhnliches Vokabelheft mit der Aufschrift An- und Abreisen, das ebenfalls auf dem Tresen lag. Wahrscheinlich hatte Adam es übersehen, weil es ihn sonst an die Schule erinnert hätte.
    Â» Das hier ist für euch bestimmt. Aber es reicht, wenn sich die Leiter dort eintragen. Ihr Kinder kriegt ja sowieso alles
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