Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Gewalt der Banditen

In der Gewalt der Banditen

Titel: In der Gewalt der Banditen
Autoren: Cassandra Norton
Vom Netzwerk:
vollkommen ruhig daneben.
    „Der Herr erwartet sie, Miss“, brummte er und als in jenem Moment seine l e dernde Bedeckung ein wenig nach hinten rutschte, entblößte sie ein pocke n narbiges Gesicht und einen Mund voller verfaulter Zähne, die ihrem Besitzer weiß Gott Schmerzen bereiten mussten.
    Dennoch erschrak ich nicht vor diesem abstoßenden Anblick, wie es sicherlich so manch anderer jungen Frau an meiner Stelle wiederfahren wäre.
    Dazu hatte ich viel zu viel Grauen gesehen. Das hier schreckte mich nicht mehr.
    Auch wenn der Regen sich inzwischen verstärkt hatte, so schien dies keinen der umstehenden Diener zu mehr Schnelligkeit anzutreiben.
    Und ich war nicht in der Position, viel anderes zu tun, als zu stehen und ausz u harren. Wusste ich für meinen Teil ja noch nicht einmal, durch welche Tür ich ins Schloss eintreten konnte, denn es gab mehrere und keine zeichnete sich durch besondere Pracht aus, oder auch nur durch ein Wappen, welches den Zutrittsbereich der Herrschaft gekennzeichnet hätte.
    Also spürte ich den Regen, der inzwischen nicht nur meinen Umhang, sondern auch mein Kleid durchdrungen hatte und den Wind, der mein nasses Haar g e gen meine Wangen presste.
    Endlich entbot sich ein Diener, mich zu führen. Er deutete zu der mittleren Türe hin und während meine eine, kleine Box, begleitet von den abschätzenden Bl i cken einiger Mägde , fortgetragen wurde, ging ich dem Pockennarbigen hinte r her ins Schloss.

    Dies war also meine neue Heimat.

    Ich legte meinen Kopf ein wenig in den Nacken, weniger, um besser bis zur Decke sehen zu können, als vielmehr in der irrigen Hoffnung, Hilfe von meinem Schöpfer zu erhalten.
    Es gab an den Wänden ein paar Gemälde, doch die waren von Firniss überz o gen und umgaben dadurch die ihnen anvertrauten Figuren und Landschaften mit einem Art Tarnmantel.
    Der Eingangstür gegenüber befand sich eine wuchtige Anrichte aus dunklem Holz, auf der ein paar Kerzenleuchte Platz gefunden hatten.
    Dieses Möbelstück musste der gleiche Mann gearbeitet haben, der auch für das Geländer der breiten Treppe verantwortlich gezeichnet hatte und die sich in den oberen Stock fortsetzte.
    Wie ich nur schwach erkennen konnte, gab es noch mehrere Stockwerke, die allerdings einigermaßen im Dunkel lagen, und zu denen die Treppe immer schmaler zu werden schien.
    Alles in allem wirkte dieser Eingangsbereich auf mich mehr wie eine mittelalte r liche Burg, auf der Gäste eher unerbeten waren, als wie ein Schloss, das Hei m statt für Kunst und Menschen sein will.
    Dennoch, so rief ich mich selbst zur Ordnung, war dies allemal mehr und be s ser, als alles, was ich zuvor in meinem Leben gekannt hatte.
    „Miss Monmouth?“
    Die tiefe Stimme hatte mich ein wenig erschreckt, als sie so aus den dunklen Höhen über mir auf mich herabzukommen s chien, wie die Worte eines G ottes vom Olymp .
    Ich hob meine Augen zu ihm empor und konnte doch nichts erkennen, als eine hochgewachsene, schmale Gestalt.
    „Sir?“, erwiderte ich.
    Wo jeder andere Hausherr nunmehr das eine oder andere Begrüßungswort g e sprochen hätte, stand ich lediglich abschätzendem Schweigen gegenüber.
    Doch ich wandte meine Blicke nicht ab, sondern folgte ihm, den ich für den Hausherrn hielt, wie er langsam die Treppe herab kam und dann drei Stufen über mir stehen blieb.
    „Ich speise um sechs und erwarte, dass Sie bis dahin fertig sind.“
    Eine glühende Woge schwappte über meinen Kopf hinweg.
    Das war also mein künftiger Gemahl.
    Groß, schlank. Kurzes blondes Haar, das er entgegen der Mode ohne Perücke trug. Seine Züge erschienen mir wie aus Stein gemeißelt, wenn auch nicht una t traktiv. Seine Augen waren schmal, doch von einem tiefen, intensiven Braun. Insg esamt wirkte er eher nachlässig denn gepflegt und damit seinem Stande nicht entsprechend.
    Doch ein Ehemann sollte nicht dem ästhetischen Geschmack seiner Frau en t sprechen, sondern ihren Erwartungen an eine standesgemäße Haltung.
    Und die zeigte mein künftiger Gemahl ohne jeden Zweifel.
    Wenn er auch nachlässig rasiert war, so sprach das nicht gegen ihn. Und ich muss gerecht sein, indem ich gestehe, dass mir dies sowieso e rst im Nachhinein auf gefallen ist. In jenem Moment aber, beeindruckte mich sein beinahe starrer Blick.
    Gerade so, als unterdrücke er mit größter Anstrengung eine tiefe innere Wut, die nicht einmal so sehr mit mir als Person zu tun hatte, als vielmehr mit der Tatsache, dass ein fremdes Individuum hier eingedrungen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher