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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition)
Autoren: Erwin Rosen
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anderen nicht Deutsch sprechen konnte, so wurde mir für einige Stunden die Ehre seiner Gesellschaft zuteil.
    Die Deutschen seien ein sehr gutes Soldatenmaterial, jedoch viele Dickschädel darunter. Eigensinnig, ein bißchen schwerblütig. Ich sollte in der Legion nur mit Franzosen verkehren, auf daß sich mein Französisch bessere. Worauf der Herr Sergeant eine Flasche Wein bestellte und von der Legion sprach. Das meiste, was er sagte, war gelogen. Eine dieser Geschichten ist dennoch des Erzählens wert.
    »Im Jahre 1880 diente in der Legion ein junger Deutscher. Er war ein ausgezeichneter Soldat, sprach brillant Französisch und galt als guter Kamerad. Eine Abteilung der Legion, zu der dieser Deutsche gehörte, wurde bei Saïda von Beduinen überfallen. Der führende Offizier, ein Leutnant, wurde verwundet, die Unteroffiziere fielen. Da übernahm der junge Deutsche das Kommando und befahl einen tollkühnen Bajonettangriff, der dem Häuflein Luft schaffte, bis Hilfe kam. Mit einem Schuh in der Brust brachte man den jungen Helden ins Hauptquartier des Regiments, und der Oberst heftete dem tödlich Verwundeten sein eigenes Kreuz der Ehrenlegion an die Brust. Der fragte den Doktor, ob er eine Chance habe, durchzukommen. Der Arzt sagte natürlich ja. Der Verwundete wurde grob und verlangte die Wahrheit zu wissen. Er erfuhr sie. Als er wußte, daß sein Tod nur eine Frage von Stunden war, flüsterte er seinem Regimentskommandeur ein paar Worte ins Ohr.
    In der nächsten Stunde jagten sich die Telegramme zwischen der kleinen Wüstenstation und Deutschland. Am Abend starb der Legionär. Eine Woche darauf aber kam eine tiefverschleierte Dame nach Saïda, die die Leiche des tapferen Jünglings mit sich nach Deutschland nahm. Um den kostbaren Sarg wurde die französische Flagge gehüllt, und Ritter der Ehrenlegion trugen ihren Toten auf den Wagen, der ihn nach Oran bringen sollte. Der junge Deutsche war ein königlicher Prinz von Preußen gewesen ...«
    Also erzählte der Sergeant.
    »Glauben Sie diese Geschichte?« fragte ich.
    »Absolute Tatsache!« antwortete der Sergeant ernst ...
    Die gleiche Historie, besser oder schlechter erzählt, je nach dem Erzählenden, wurde mir später noch dutzendemal aufgetischt. Sie ist ein Bestandteil der von Legionär zu Legionär erzählten Chronik der Fremdenlegion, und ich habe mich oft darüber gewundert, wie dieses Märchen wohl entstanden sein mochte. Es stellt wahrscheinlich das Schicksal irgendeines Jungen aus gutem deutschem Hause dar, den die Legionsfama im Laufe der Jahre zum königlichen Prinzen avancieren ließ.
    *
    In der Mittagssonne tauchte Oran auf. Neun Legionsrekruten standen Schulter an Schulter an der Reling und betrachteten mit neugierig wundernden Augen das Land, in dem sie Kriegsdienste leisten sollten, die zickzackige Küstenlinie, die gewaltigen ockergelben Sandsteinfelsen. Da begannen Küstenbatterien zu feuern, Schuß auf Schuß. Als das Schiff näher kam, sahen wir die schwimmenden Scheiben im Meer. Aber die Schrapnells, die jedesmal eine kleine Wassersäule emporwarfen, platzten in ganz gehöriger Entfernung vor und hinter der Scheibe.
    Der alte Sergeant zuckte die Achseln.
    »Mich interessiert nur unser Schießen,« sagte er. »Wenn es darauf ankommt, mit dem guten alten Lebelgewehr zu schießen, dann schießt die Legion besser als alle französischen Regimenter zusammengenommen.«
    Auf seine Legion ließ er nichts kommen, der graubärtige Sergeant.
    Jedenfalls waren die Küstenbatterien ausgezeichnet maskiert. Selbst als mir der Sergeant die Positionen zeigte, konnte ich nichts entdecken. Hoch oben in die Sandsteinfelsen waren die Geschütze eingebaut, hinter kleinen Sandhügeln, deren Künstlichkeit kein Mensch hätte entdecken können. Absolut versteckt.
    Langsam liefen wir in den Hafen ein. Die Felsen auf beiden Seiten schienen sich zu spalten, und in dem klaffenden Riß erschien, wie herausgezaubert, die Festungsstadt Oran. Flache Dächer – ein hügelig aufsteigendes Häusergewimmel. Der eigentliche Hafen winzig klein. Ein mit starken Wellenbrechern umsäumtes Quadrat, in dem schnurgerade ausgerichtet, dicht nebeneinander zwölf Torpedoboote, zwei kleine Kreuzer und ein halbes Dutzend Kauffahrteischiffe lagen. Wir legten am Quaischuppen an, und sofort kam der unvermeidliche Korporal an Bord. Der berühmte Korporal der französischen Armee, der das Mädchen für alles ist und mehr wirkliche Arbeit leistet, als alle übrigen Chargen zusammengenommen. Der
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