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In den Klauen des Tigers

In den Klauen des Tigers

Titel: In den Klauen des Tigers
Autoren: Stefan Wolf
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Zirkustiere. Doch plötzlich hellte
sich ihre Miene auf.
    „Ja, Jungs, da wüßte ich was. Für
Pfingsten hatte ich eigentlich — für uns alle — jedenfalls habe ich ein ganzes
Spanferkel eingekauft. Es liegt in der Tiefkühltruhe. Wenn wir auf den Braten
verzichten, wäre das doch eine herrliche Spende. Der Löwe, der das erhält, wird
sich hinterher die Tatzen lecken.“
    „Eine tolle Idee!“ Tarzan schlug die
Hände zusammen. „Ich verzichte auf Spanferkel und möchte nur Gemüse.“
    „Ich auch“, gab Karl seine Stimme ab.
    Klößchen schien nicht so glücklich zu
sein. Er schluckte zweimal. Die Vision (Erscheinung) eines bruzzelnden
Spanferkels sammelte ihm die Spucke im Mund. Wenigstens eine dicke
Scheibe hätte er den Raubtieren gern vorenthalten.
    „Also gut“, nickte er. „Dann wird das
eben ein etwas mageres Pfingsten — diesmal. Gott sei Dank, habe ich immer noch
meine Schokolade.“
     
    *
     
    Sie radelten seit einer halben Stunde.
Die Großstadt lag hinter ihnen. Eine schmale Straße, auf der Schlamm in der
Sonne trocknete, führte an Feldern vorbei in Richtung Heinrichstal.
    Tarzan sah zu dem blaugrünen Strich am
Horizont. Das war der Waldrand. Mehrere Straßen führten hinein — in den
sogenannten Großen Wald. Über sechzig Kilometer dehnte er sich nach Westen aus
und fast mit gleicher Länge von Nord nach Süd. Teil des Großen Waldes war der
Naturschutzpark, wo es so ursprünglich zuging wie vor Jahrhunderten.
    ...und bei den Singenden Felsen, dachte
Tarzan, ist das Zeltlager der Mädchen — mit Gaby. Wir müssen unbedingt hin.
Egal, ob wir willkommen sind. Können uns ja nützlich machen, wenn wir Ihnen
Holz spalten oder zeigen, wie man ein Zelt richtig aufbaut. Jedenfalls wäre es
doof, wenn wir Gaby eine Woche nicht sehen. Aber auf die Nase binden werde ich
das keinem.
    Karl fuhr hinter ihm. Als hätte er
seine Gedanken gelesen, fragte er: „Wieviele Mädchen sind eigentlich im
Zeltlager?“
    „Zwölf. Und die beiden Trainerinnen vom
Schwimmclub.“
    „Macht 14 linke Hände“, lachte Karl. „Ob
die wohl ein Zelt richtig aufstellen können?“
    Himmel! dachte Tarzan. Habe ich etwa
laut gedacht und vor mich hingemurmelt?
    „Die Pauker sind auch im Wald“, rief
Klößchen aus dritter Position.
    „Nicht alle“, sagte Tarzan. „Soviel ich
weiß, nur die jüngeren. Man könnte sagen, die netten.“
    „Ist wohl der Versuch“, meinte Karl, „unter
Kollegen sowas wie eine Gemeinschaft herzustellen.“
    Hoffentlich klappt es, dachte Tarzan.
    Was zu den jüngeren Schülern der großen
Internatsschule durchgedrungen war, betraf die sogenannte Wald-Party der
Pauker. Über Pfingsten fand die statt. Assessor Keup, auch Wolfi genannt,
gehörte — wie man wußte — eine angeblich schöne Blockhütte. Irgendwo im Großen
Wald. Geerbt hatte er die, und bei schönem Wetter verbrachte er dort manches
Wochenende. Jetzt, über Pfingsten, hatte er ein Dutzend Kollegen und
Kolleginnen dorthin eingeladen. Sie wollten grillen, die Natur fernab von Großstadt
und Internat genießen, sich von Mücken piesacken und von der Sonne ansengen
lassen. Natürlich hatten sie auch ein großes Faß Bier mitgenommen.
    „Wenn wir Gaby besuchen“, sagte Tarzan,
„könnten wir auch nach den Steißtrommlern sehen.“
    „Ich glaube“, meinte Karl ironisch, „die
werden ganz verrückt vor Freude.“
    „Die sind genau so froh, daß sie uns
nicht sehen“, merkte Klößchen an, „wie wir froh sind, daß wir sie nicht sehen,
Tarzan! Das Ferkel rutscht!“
    Tarzan hielt an und schob es zurecht.
Umhüllt von einer Frischhaltetüte wurde es auf seinem Gepäckträger
transportiert. Das tiefgefrorene Fleisch war schon etwas angetaut.
    Klößchen hatte eine Tüte mit fünf Kilo
Mohrrüben auf dem Gepäckträger. Die waren allerdings nicht für die Löwen
bestimmt.
    Die Jungen fuhren weiter.
    Ein gerölliger Weg zweigte von der
Straße ab. Ftinter einem flachen Hügelkamm erhoben sich die Dächer des
ehemaligen Heinrichstal-Gehöfts.
    Die Gebäude verwahrlosten, wie die drei
Freunde beim Näherkommen sahen. Der letzte Frühjahrssturm hatte einen Teil der
Dächer abgedeckt. Viele Fensterscheiben waren zerbrochen.
    Die Ställe standen etwas abseits.
Zwischen Wohnhaus und Scheune parkten zwei Autos.
    Stille herrschte. Es war früher
Nachmittag. Die Sonne stand hoch. Es war heiß.
    Tarzan fiel auf, daß weit und breit
kein Vogel sang. Nicht mal Feldlerchen waren zu sehen. Ein scharfer,
durchdringender Geruch lag in
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