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In den finsteren Wäldern (German Edition)

In den finsteren Wäldern (German Edition)

Titel: In den finsteren Wäldern (German Edition)
Autoren: Richard Laymon
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Sie ... Ben! Ich glaube, er ist tot!«
    »Wo bist du?«
    »Nein. Komm nicht her. Sie werden dich umbringen.«
    »Bist du im Büro?«
    »Lass dich nicht von ihnen erwischen!«
    Er gab Ruth ein Zeichen. »Warte, deine Mutter will mit dir reden.«
    Ruth eilte durch das Zimmer. Lander reichte ihr den Hörer. »Hallo, Cordie?«
    »Sorg dafür, dass sie weiterredet«, flüsterte Lander.
    Ruth nickte.
    Er rannte zur Tür, riss sie auf und hastete hinaus. Irgendetwas – ein Draht? – verfing sich an seinem Fuß. Als er kopfüber stürzte, erhaschte er einen kurzen Blick auf eine grinsende alte Frau, die mit untergeschlagenen Beinen auf der Motorhaube seines Autos saß und einen Hammer in der Hand hielt. Dann landete Lander im Schotter neben dem Vorderrad.
    Mit einem freudigen Aufschrei stürzte sich die Frau auf ihn.

Kapitel 5
    Der Pritschenwagen holperte über eine unebene Schotterstraße. Seit dem Aufhebens um Timmy herrschte unter den Männern frostiges Schweigen.
    Neala wünschte, sie würden reden oder auch streiten. Die Diskussion wegen dieses notgeilen Bengels hatte ihre Gedanken von ihrer eigenen Situation abgelenkt. Nun kehrte ihre Angst schwarz und lähmend mit Bildern von Vergewaltigung und Folter zurück.
    Sie begann zu weinen. Neala wollte es nicht – sie wollte weder, dass die Männer ihre Schwäche mitbekamen, noch, dass Sherri durch ihre Verzweiflung noch mehr verängstigt wurde. Aber sie konnte nicht anders. Neala fühlte sich allein und völlig hilflos. Wie damals, als sie sich im Wald verirrt hatte.
    Sie war erst sechs gewesen, trotzdem erinnerte sie sich noch genau daran, wie es sich angefühlt hatte. Ihre Familie war zum Zelten in der Nähe des Spider Lake in Wisconsin gewesen. Dad erzählte am Lagerfeuer unheimliche Geschichten, während sie alle heiße Schokolade tranken. Die heiße Schokolade war letztlich schuld – Neala erwachte mitten in der Nacht mit einem entsetzlichen Druck auf der Blase. Sie schüttelte Betty wach, aber ihre ältere Schwester weigerte sich, den Schlafsack zu verlassen.
    Neala musste so dringend, dass sie sich nicht einmal anzog. Nur in ihrer Unterhose schlich sie aus dem kleinen Zelt. Die frostige Brise ließ sie schaudern. Barfuß durchquerte sie das Lager. Der Boden fühlte sich feucht und kalt unter ihren Füßen an.
    Ein Stück entfernt hinter dem Lager hatte ihr Vater ein Loch gegraben. Eine »Latrine«, wie er es nannte. Neala war schon mehrmals dort gewesen, aber noch nie nachts.
    Auf der Suche nach der Latrine wanderte sie weit in den dunklen Wald. Sie konnte sie nicht finden. Schließlich gab sie auf und hockte sich neben eine Birke. Erleichtert trat sie den Rückweg zum Lager an. Sie glaubte zu wissen, wo es sich befand, aber sie lief und lief, ohne ihr Ziel zu erreichen. Als sie zu einer seltsamen, vom Mondlicht erhellten Wiese gelangte, wurde ihr klar, dass sie sich verirrt hatte. Sie rief nach Mom und Dad. Sie rief nach Betty. Niemand kam.
    Da wurde sie davon erfasst – von der entsetzlichen Angst, die damit einherging, mitten in der Nacht hilflos und allein zu sein. Blind vor Tränen stolperte sie über die Wiese, heulte vor Furcht und hoffte, ihre Familie würde sie hören und kommen.
    Aber was, wenn jemand anderer statt ihrer Eltern sie hörte? Einer dieser schwarzen Männer, von denen Dad am Lagerfeuer erzählt hatte? Oder der grauenhafte Wendigo? Oder eine Hexe wie jene, die versucht hatte, Hänsel und Gretel zu fressen?
    Neala hielt sich den Mund zu, um ihr Wimmern zu unterdrücken, und flüchtete von der Wiese. Im Wald rannte sie, so schnell sie konnte, wagte nicht, zurückzuschauen, schließlich konnte etwas Fürchterliches hinter ihr herjagen. Sie stolperte über Wurzeln. Spinnweben blieben an ihrer nackten Haut kleben. Zweige peitschten sie. Trotzdem rannte sie weiter, bis sie zu einer weiteren Lichtung gelangte und im Mondschein das Auto erblickte.
    Ihr Auto.
    Sie hatten es zurückgelassen und waren lange gewandert, bevor sie das Lager aufschlugen. Neala war nicht sicher, weshalb.
    Die Türen waren verriegelt, deshalb kroch sie unter den Wagen. Das Gras darunter erwies sich als trocken. Versteckt und in Sicherheit lag sie da und zitterte die ganze Nacht hindurch.
    Als ihr Vater sie am nächsten Morgen fand, weinte er. Sie weinten beide, weil letztlich doch noch alles gut geworden war.
    Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende, dachte Neala , bis vier Männer und ein Junge das Mädchen in einen Pritschenwagen verfrachteten und sie an einen geheimen
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